Kulturlandschaftspreis 2019: Drei Projekte in der Region ausgezeichnet / Landwirtschaftsminister Hauk rief zum Fleischverzehr auf

Es ging um die Verleihung der Kulturlandschaftspreise 2019. Doch bei dem Festakt in Rottenburg wurden bemerkenswerte Reden gehalten.

Ro ttenburg . Die alljährliche Verleihung der Kulturlandschaftspreise ist eine feierliche Angelegenheit. Die Festhalle in Rottenburg ist bis auf den letzten Platz besetzt, viel Prominenz ist gekommen.

Insgesamt neun Preise werden vergeben, geehrt wird unter anderem die Initiative "Lebensraum Weggental" aus Rottenburg und die "Streuobstfreunde Bergfelden" aus Sulz am Neckar. Einen "Sonderpreis Kleindenkmale" erhielt der Förderverein Narrenzunft Eutingen. Neun Mal mussten die geehrten Gruppen und Vereine auf die Bühne kommen, neun Mal Applaus und Blitzlicht, die Urkunden überreicht der Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Wie gesagt; Richtig feierlich geht es zu. Bemerkenswert sind auch die Reden, die an diesem Abend gehalten werden.

Als erster tritt Josef Kreuzberger, der Vorsitzende des Schwäbischen Heimatbundes, ans Podium – und greift das derzeitige Reizthema "Heimat" auf. Energisch wendet er sich gegen alle, die den Begriff missbrauchen, um Fremde auszugrenzen. Er wettert gegen all diejenigen, die derzeit von "Überfremdung" reden – und die damit "Heimat zum Rückzugsort für nationalistische Gedanken" machen wollten. Mehr muss Kreuzberger nicht sagen, er braucht keine Namen zu nennen, kein Parteienkürzel – jeder im Saal weiß, was gemeint ist.

Dabei sei es "gerade unsere Vielfalt in der Mitte Europas" sowie die "Kultur des Miteinanders, um die uns so viele beneiden". Ausdrücklich lobt Kreuzberger die "vorbildliche Willkommenskultur" in Rottenburg. Das sind deutliche Worte. Heimat muss sozusagen vor falschen Freunden geschützt werden, Josef Kreuzberger plädiert denn auch für einen "offenen Heimatbegriff". "Kulturlandschaft ist unsere Heimat", bekennt er zum Abschluss. Für seine Rede erhält er starken Beifall.

Auch Minister Hauk hält sich nicht mit Schmeicheleien auf, angesichts des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" erhalte die diesjährige Verleihung der Kulturlandschaftspreise besondere Bedeutung, meint er. Die Pflege von Kulturlandschaften wie etwa Streuobstwiesen, Wacholderheiden und Weinanbau an Steillagen leiste einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt. Doch dann stellt sich der Minister entschlossen und ohne Wenn und Aber vor "seine" Landwirte, die derzeit stark unter Beschuss geraten sind. "Niemand kann den Landwirten einen Vorwurf machen", meint Hauk mit Blick auf die Entwicklung der fragwürdigen Intensiv-Landwirtschaft inklusive massiven Pestizid-Einsatzes. Es seien schließlich die Verbraucher, die von den Produktionssteigerungen und dem jahrzehntelangen Preisrückgang für Lebensmittel profitiert hätten. "Wir sind die Profiteure", ruft er ins Publikum. "Klima rettet man, wenn man Grünland erhält", legt Hauk nach. Wer Grünland erhalten will, der müsse "auch Fleisch verzehren" – lautet seine etwas steile These.

"Wenn jegliches Pflanzenschutzmaterial verboten wird, dann gibt es keine regionale Produktion mehr", kein Obst vom Bodensee, kein Wein vom Neckar, so Hauk. "Ein übertriebener Schutz ist gut gemeint, aber in der Auswirkung schlecht."

Doch dann geht es zur Preisverleihung. Seit 29 Jahren wird der Kulturlandschaftspreis vom Schwäbischen Heimatbund und dem Sparkassenverband Baden-Württemberg vergeben. Eine ganze Truppe erklimmt die Bühne, als das Bürgerprojekt "Lebensraum Weggental" an die Reihe kommt. Sie haben sich die Instandsetzung des sogenannten "Trichter Ehehalde" bei Rottenburg zum Ziel gesetzt – eines der ältesten Naturschutzgebiete der Region, das allerdings im Laufe der Jahrzehnte schwer vernachlässigt wurde und zugewachsen war. "Man muss lange suchen, um ein Stück Kulturlandschaft mit dieser Vielfalt" zu finden, so der Jury-Vorsitzender Volker Kracht. Thomas Lange und Rainer Schnell, zwei Pensionäre aus Rottenburg, hätten sich der Herkulesaufgabe angenommen. "Sie haben eine Lawine losgetreten", schwärmt Kracht. Gemeinsam mit Experten wie Biologen und Naturschützern mit Hochschulerfahrung hätten sie ein Konzept zur Sanierung aufgestellt. "Der angedachte Zeitraum für das Projekt beträgt derzeit etwa zehn Jahre."

Einen der drei "Sonderpreise Kleindenkmale" erhielt der Förderverein Narrenzunft Eutingen im Gäu (Kreis Freudenstadt), der sich besonders um die Erhaltung von Flurdenkmalen kümmert – also etwa um christliche Flurkreuze am Wegesrand bis zu Flurkapellen auf Berghöhen. Anstoß zur Gründung des Vereins sei der Sturm "Lothar" gewesen, der im Dezember 1999 zwei Flurkreuze zerstört habe. Mittlerweile könne der Verein auf eine stolze Bilanz verweisen: Von den 25 Flurkreuzen in und um Eutingen seien bereits 13 restauriert worden.

Ein ganzes Team von mehr als 35 Mitgliedern sind auch die "Streuobstfreunde Bergfelden" aus Sulz am Neckar. Streuobstwiesen gehören bekanntlich zu den am stärksten ins Auge stechenden Kulturlandschaften im Lande. "Aber welche Gemeinde hat heute noch das Personal und das Fachwissen, diesen Schatz zu pflegen und zu erhalten?", fragt Kracht. Der Schatz bei Bergfelden, einem Stadtteil von Sulz, umfasse derzeit noch etwa 550 Streuobstbäume. "Zwei Drittel werden wohl altersbedingt in 20 Jahren nicht mehr vorhanden sei." Bereits seit fünf Jahren seien die "Streuobstfreunde" aktiv und erfolgreich dabei, zu retten, was zu retten ist und die Obstbestände zu verjüngen.