Luise Lohrmann und andere Landwirte im Zollernalbkreis haben an und in Feldern sowie auf Brachflächen Blumen und andere Blühpflanzen gesät, die Nahrung für Insekten bieten sollen. Fotos: Schnurr Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Bunte Pracht ist Nahrung für Insekten / Mais ist besser als sein Ruf / Blumen sollen Aus- und Ansehen aufwerten

Wer diesen Sommer in den landwirtschaftlich geprägten Gegenden des Zollernalbkreises unterwegs gewesen ist, dem könnte es aufgefallen sein: Auf Feldern und besonders an deren Rändern blühen bunte Blumen in allen Farben.

Rosenfeld-Heiligenzimmern. In diesem Jahr haben die Landwirte auch im Kreis an Wegesrändern, aber auch auf ganzen Äckern, verstärkt Blühpflanzen ausgesät. Dies nennt sich in der Amtssprache "Brachenbegrünung" und hat einen mehrfachen Nutzen.

Luise Lohrmann, Gemeinde- und Ortschaftsrätin sowie Mitarbeiterin im Kreislandwirtschaftsamt, weiß darüber genau Bescheid – auch aus persönlichem Interesse: Mit ihrer Familie bewirtschaftet sie den Heiligenzimmerner Jakobshof und damit 110 Hektar Grün- und Ackerland. "Landwirtin, das finde ich den schönsten Beruf", sagt die 58-Jährige.

Auf gut 14 Hektar ihrer Fläche haben die Lohrmanns Silomais für ihre 75 Milchkühe angebaut. Mais sei ein gutes Viehfutter: Er erbringe rund 11 000 Kilojoule Energieertrag je Hektar.

Zudem ist das gelbkörnige Gewächs eine "C4-Pflanze" und bindet effektiver Kohlendioxid. Mais kommt mit Trockenheit besser zurecht als andere Getreidearten und nutzt Sonnenschein sehr gut. Auch ist der Anbau relativ einfach. Die Aussaat ist ab Ende April bei mehr als 8 Grad Bodentemperatur möglich.

Leider habe Mais dennoch ein schlechtes Image, weiß die Heiligenzimmernerin: Er fällt durch seine Höhe auf und wird von den Menschen oft mit negativen Begriffen wie Glyphosat, Monokulturen, Monsanto und gentechnisch verändertem Saatgut in Verbindung gebracht. Aber, so Lohrmann: "In Deutschland ist das Aussäen von Genmais schlichtweg verboten!" Die hiesigen Landwirte erhalten ihr Saatgut von deutschen Händlern, die Lohrmanns etwa von der Klostermühle, die ihren eigenen Verwandten gehört.

Ein weiterer, ökologischer Nutzen: Die selbst angebauten Maispflanzen legen keine weiten Transportwege zurück, egal ob sie als Tierfutter oder als Substrat in Biogasanlagen in der näheren Umgebung Verwendung finden.

Viele Landwirte im Kreis haben nun an die Ränder von Maisfeldern Blumen gepflanzt – und häufig auch Sonnenblumen mitten hinein: Mit den Blumen wollen sie den Feldern ein schöneres Aussehen geben – und damit vielleicht auch ein besseres Ansehen. Denn das sehe nicht nur hübsch aus, sondern sei auch wichtig für Bienen und andere bestäubende Insekten, sagt Lohrmann.

Einen wirtschaftlichen Nutzen haben diese "Randsaaten", beispielsweise entlang der Straße "Bei den Höfen" zwischen Binsdorf und Isingen, allerdings nicht: "Das ist eine freiwillige Leistung an die Bevölkerung und die Insekten."

Ihre Zahl und Fläche wird auch nicht genau erfasst. Anders ist das hingegen beim "Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl" (FAKT) des Landwirtschaftsministeriums: Wer Felder ein Jahr lang oder länger ungenutzt lässt und stattdessen eine spezielle Blühmischung des Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg aussät, kann eine Förderung erhalten. Auf rund 430 Hektar im Kreis, beispielsweise auf dem Hof von Familie Roth in Pfeffingen, erstreckt sich 2019 diese genau kontrollierte "Brachenbegrünung".

Die Zusammenstellung des Saatguts für die "Blühtracht" ist bei den durch FAKT geförderten Flächen genau vorgegeben (siehe Info). Getreideanbau oder eine sonstige Nutzung ist darauf nicht erlaubt.

Denn der Nutzen für die Natur steht im Vordergrund: Unterschiedliche Pflanzen mit früherer und späterer Blütezeit sollen sicherstellen, dass Insekten möglichst lange Nektar finden.

Größere Wildtiere, aber auch seltene Pfanzen, finden auf Feldern, die nicht bewirtschaftet werden, Brut-, Lebens- und Rückzugsräume. Außerdem proftiert der Boden: Nährstoffe werden gespeichert, das Wurzelwerk wirkt der Erosion entgegen.

Für Tiere und Pflanzen ist die "Brachenbegrünung" also durchweg ein Vorteil. Und für die Menschen sieht die bunte Pracht einfach schöner aus als durchgängiges Grün und Braun.

Wer im kommenden Jahr in seinem eigenen "Gärtle" etwas Gutes für Insekten tun möchte, könnte blühende Pflanzen aussäen, deren Zusammenstellung sich an den Mischungen des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg für das FAKT-Programm orientiert. Diese beinhalten in unterschiedlichen Mengen folgende Pflanzen: Borretsch, Buchweizen, Dill, Esparsette, Fenchel, Klee, Koriander, Kornblume, Leinen, Mohn, Ölrettich, Phacelia, Ramtilienkraut, Ringelblume, Senf, Sonnenblume und Wicke – allesamt zu verschiedenen Jahreszeiten Nahrung für sechsbeinige Nützlinge. Das Saatgut sollte bis Mitte Mai ausgebracht, die Beete erst ab Ende November gemäht und umgegraben werden.