Das war für die Gäste ein sehr informativer Besuch: Derya Türk-Nachbaur (von links), Dieter Brandes, Vital Banywesize Mukuza, Klaus Ender, Steve Richter, Nadine Mangabu, Tulinabo Ganywamulume sowie Tabu Makusi Angele. Foto: Richard Schuster

Hoher Besuch vom afrikanischen Kontinent: Eine Delegation aus der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) war bei der Robert-Gerwig-Schule zu Gast. Die vier Parlamentarier wollten sich über die berufliche Ausbildung informieren. Ihr Wunsch: eine Bildungspartnerschaft.

Furtwangen - Die Furtwanger Einrichtung genießt als Gewerbliche- Kaufmännische- und Staatliche Berufsfachschule hierzulande einen ausgezeichneten Ruf und war der ideale Ansprechpartner für die Kongolesen. Begleitet wurden sie vom Organisator Dieter Brandes, Vorsitzender des Lions-Club Schwenningen, und von der Bundestagsabgeordneten Derya Türk-Nachbaur.

Da die Amtssprache im Kongo Französisch ist und die Gäste meist kein Englisch konnten, wurden die Gespräche und Diskussionsbeiträge von Mitarbeitern der Schule übersetzt. Auch Türk-Nachbaur brachte sich hier ein.

Der Leiter der Gruppe, Vital Banywesize Mukuza, Vizepräsident der Nationalversammlung und zusätzlich Chef einer beruflichen Ausbildungseinrichtung, erklärte, dass es schon in den 1990er-Jahren erste Kooperationen im Bildungsbereich mit deutschen Freiwilligen gegeben habe.

Ziel: Zusammenarbeit ausbauen

Diese Zusammenarbeit würde man gern ausbauen und auf die Berufsschulen ausdehnen. Das kongolesische Bildungssystem sei zwar breit gefächert – es fehle aber an Tiefe, so wie in Deutschland üblich. Die Regelschulzeit ende nach sechs Jahren. Das riesige Land mit über 90 Millionen Einwohnern habe eine Arbeitslosigkeit von rund 25 Prozent. Nicht selten gelänge es daher diversen Rebellengruppen, sogar Kinder nach ihrer Schulzeit für den bewaffneten Kampf zu rekrutieren. Hier gelte es gegenzusteuern und den Menschen Alternativen anzubieten.

Lange Kolonialzeit

Nadine Mangabu, Mitglied der Wirtschafts- und Finanzkommission, erläuterte, dass sich das Schulsystem der Demokratischen Republik Kongo – bedingt durch die lange Kolonialzeit – am französischen Vorbild orientiere. Tulinabo Ganywamulume sagte, dass es infolge eines jahrzehntelangen Bürgerkriegs sehr viele Waisenkinder überall im Land gebe. Es habe sich aber gezeigt, dass gerade diese Kinder beim Lernen und in der Ausbildung sehr oft erfolgreich seien – vorausgesetzt, sie erhielten überhaupt die Möglichkeit dazu.

Bessere Chancen für Frauen

Tabu Makusi Angele, Quästorin der Nationalversammlung, informierte, dass Frauen infolge des Bürgerkriegs verbesserte Berufschancen hätten, und das, obwohl die kongolesische Gesellschaft patriarchalisch organisiert sei. Laut Derya Türk-Nachbaur gebe es, organisiert von der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, bereits Schul-Kooperationen, so etwa mit Einrichtungen in Nigeria, die hier als Vorbild dienen könnten.

Ohne Frieden geht es nicht

Vital Mukuza betonte, dass man sehr am deutschen dualen Ausbildungssystem interessiert sei. "Es ist unser Ziel, dieses Wissen zu übernehmen, aber die DR Kongo kann sich nicht selbst helfen." Das Land sei eigentlich sehr reich an Rohstoffen und habe große Kapazitäten an erneuerbaren Energien – etwa bei Solarenergie und bei Wasserkraft. Es müsse aber endlich gelingen, eine dauerhafte Befriedung zu erreichen. Ein weiteres großes Problem sei die mangelhafte Zusammenarbeit der Behörden auf den unterschiedlichen staatlichen politischen Ebenen. Diese gelte es, drastisch zu verbessern.

Schulleiter Klaus Ender stellt Schulsystem vor

Schulleiter Klaus Ender stellte die Grundzüge der deutschen Schulsystems vor. Nach vier Jahren Grundstufe folge die Sekundarstufe. Danach gebe es für die Schüler die Möglichkeit einer Berufsausbildung im "dualen System" – also mit begleitender Berufsschule oder einem Studium. Man habe in Deutschland insgesamt rund 450 Ausbildungsberufe in unterschiedlichen Berufsgruppen. Es gebe landesweite und regionale Betreuung der Ausbildung, die gerade auch wegen der Kooperation von Betrieb und Berufsschule so erfolgreich dastehe.

Tiefe Kooperation der große Wunsch

Das Ausbildungsangebot der Robert-Gewig-Schule beinhalte eine vielfältige schulische Weiterbildung für jedes Niveau und für sämtliche beruflichen und schulischen Ziele. Die sichtlich beeindruckten kongolesischen Parlamentarier versicherten, die gewonnenen Erkenntnisse den entsprechenden Stellen in ihrem Heimatland vorzulegen. Man wünsche sich eine tiefe Kooperation mit Deutschland im beruflichen Ausbildungsbereich. Anschließend gab es unter Leitung von Klaus Ender und seinem Stellvertreter Steve Richter eine Führung durch die Werkstätten, ehe man dann in die Diskussion über eine mögliche Zusammenarbeit einstieg.