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Mit Deckelung der Kosten fürs mobile Surfen im Ausland will EU Abzock-Modell zerstören.

Brüssel - Seit in Deutschland der Wettbewerb beim Telefonieren eingeführt wurde, sind die Preise gepurzelt. Dies soll in den kommenden Jahren auch beim Handy-Surfen im Ausland geschehen.

 "Herzlich willkommen in Österreich", heißt es in der SMS, die dem Urlauber aus Deutschland kurz nach Passieren der Grenze aufs Handy gesendet wird. Man möge doch von den günstigen Tarifen profitieren: Nur 0,39 Euro pro 50 Kilobyte, heißt es dort kryptisch, plus Tagespauschale von 0,49 Cent. Das Surfen im Ausland, so scheint es, ist eine Billigware. Tatsächlich aber ist das Surfen horrend teuer. Wer etwa einen Song mit einem Datenvolumen von drei Megabyte herunterlädt, zahlt 60-mal diese 0,39 Euro - zusammen mit der Tagespauschale kommt man so auf fast 24 Euro. Für dieses Geld hätte der Urlauber locker die gesamte CD und eine weiter dazu haben können.

Nun aber will die EU dem Treiben ein Ende setzen. EU-Internetkommissarin Neelie Kroes kündigte an, die bisher unbegrenzten Preise, die Anbieter ihren im Ausland surfenden Kunden in Rechnung stellen können, zu deckeln - Schritt für Schritt bis 2014. Und gleichzeitig den Wettbewerb in der Branche massiv zu verschärfen. Der bisherige Kostendeckel ist alles andere als verbraucherfreundlich: Wenn im Ausland 59,50 Euro versurft sind, müssen Anbieter ihre Kunden informieren - diese dürfen dann nur noch weitersurfen, wenn sie dies ausdrücklich wollen. Damit haben die Nutzer zwar eine gewisse Kostenkontrolle - doch an den horrenden Preisen ändert dies nichts. Je höher die Preise, desto schneller ist dieses Limit erreicht.

Auch das Limit vom 50 Cent pro Megabyte bringt dem Verbraucher wenig - es gilt nämlich nur für die Preise, die Mobilfunknetzbetreiber einander gegenseitig in Rechnung stellen dürfen. Diese Begrenzung kann die Gewinne des Mobilfunkanbieters aus dem Heimatland sogar noch steigern - wenn seine Kosten gedeckelt sind, dem Preis, den er selbst verlangen kann, aber keine Grenzen gesetzt sind, ist das beinahe eine Lizenz zum Gelddrucken. Die EU-Internetkommissarin sprach deshalb auch von "phänomenalen und skandalösen Gewinnspannen".

Nun hat sie diesem Treiben dem Kampf angesagt. Vom 1. Juli 2012 an sollen die Preise pro Megabyte auf maximal 90 Cent gedeckelt werden - plus die jeweilige nationale Mehrwertsteuer. In Deutschland liegt der Höchstpreis somit bei 1,07 Euro. Ein Jahr später soll das Maximum dann auf 83 Cent und ab Mitte 2014 auf 60 Cent fallen. Und selbst das ist erst der Anfang, denn Kroes will noch mehr: Die Betreiber müssen diese Zeit nämlich nutzen, um sich technisch auf ein neues Zeitalter im Wettbewerb einzustellen. Die EU-Kommissarin verlangt, dass in drei Jahren jeder Kunde die Möglichkeit hat, für die Dauer seines Auslandsaufenthalts Kunde des dortigen Anbieters zu werden - zu den dortigen Konditionen. Ist der heimische Anbieter zu teuer, muss er seinen Kunden gewissermaßen an die Konkurrenz ausleihen.

Und damit all dies nicht zu kompliziert wird, muss der Anbieter dies dem Kunden möglich machen, ohne dass er seine Rufnummer ändern oder auch nur eine neue Sim-Karte in sein Handy friemeln muss. Er muss die Verbindung sogar so einstellen, dass der Kunde im Ausland automatisch an diesen günstigen Anbieter weitergeleitet wird.

Der deutsche IT-Branchenverband Bitkom kritisierte das Vorgehen als "scharfe Markteingriffe". Die Preise beim grenzüberschreitenden Datenverkehr seien auch ohne Preisregulierung Jahr für Jahr gefallen, argumentierte der Verband. Die Netzbetreiber müssten zugleich in den kommenden Jahren zweistellige Milliardenbeträge in den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze investieren. "Jetzt dem Markt hohe Summen zu entziehen gefährdet die Ziele beim Breitbandausbau", kritisierte Bitkom. "Was nutzen günstige Mobilfunkpreise, wenn der Netzausbau auf der Strecke bleibt und man keine Verbindung hat?"

Der Roaming-Markt bringt Betreibern viel Geld ein: 2009 machten sie nach EU-Angaben nur mit diesem Dienst europaweit nahezu fünf Milliarden Euro Umsatz. Das sind etwa vier Prozent des gesamten EU-Mobilfunkmarktes.