Susanne Riesch (links): Auch für sie ist die WM der Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere Foto: dpa

Susanne Riesch, die Schwester der Olympiasiegerin, freut sich auf ihr Heimrennen in Garmisch.

Stuttgart - Bei der Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen steht das finale Wochenende an. Im Slalom der Damen an diesem Samstag will Maria Riesch ihren Titel verteidigen - aber auch ihre Schwester hat viel vor. "Meine Formkurve zeigt nach oben", sagt Susanne Riesch.

Susanne Riesch, alle reden von der Heim-WM für Maria Riesch und Felix Neureuther, dabei gilt das natürlich auch für Sie.

Ja, das stimmt. Diese Weltmeisterschaft ist auch für mich der absolute Höhepunkt meiner bisherigen Karriere. Und mit diesem großen Ziel habe ich schon im vergangenen Jahr die Enttäuschung bei den Olympischen Spielen aufgefangen.

Sie lagen aussichtsreich im Rennen, sind dann ausgeschieden, während Ihre Schwester Maria Gold geholt hat. Wie lange hatten Sie daran zu knabbern?

Es war wirklich nicht leicht damals. Wir sind alle zusammen zurückgeflogen, dann war da in München ein riesengroßer Empfang am Flughafen, alle haben gefeiert - in diesem Moment war es schon extrem hart. Aber wir sind dann gleich wieder zum Trainieren gefahren. Und dann war da eben dieses Ziel, der Slalom bei der WM in Garmisch-Partenkirchen. Für mich ist das ein Rennen wie bei Olympischen Spielen. Emotional wird das sogar noch eine Nummer größer, weil ich hier so viele kenne.

In diesem Rennen ist Ihre Schwester mal wieder auch eine Konkurrentin. Wie viel würde es Ihnen denn bedeuten, wenn Sie sie endlich einmal schlagen könnten?

Ach, darum geht es doch eigentlich gar nicht. Ich will auf das Podest fahren und nicht nur schneller sein als Maria. Denn wenn sie Achte wird und ich Siebte, dann war ich zwar schneller, es bringt mir aber gar nichts.

Mehr ist da nicht?

Sicher, es wäre schon schön, wenn ich die Maria mal schlagen könnte, so wie mir das im Training immer wieder gelingt. Es war schließlich auch immer wieder deprimierend für mich, vor allem in dieser Saison. Ich bin oft ausgeschieden, dann steh' ich da am Pistenrand, muss zusehen, wie die Maria an mir vorbei auf's Podest fährt - und weiß genau: Eigentlich kann ich das auch. Aber zum Verständnis: Das ist bei jeder anderen Konkurrentin nicht anders. Als Sportler will man einfach immer gewinnen, dafür steht man ja am Start. Das ist aber auch schon alles. Ich will nicht immer diesen Vergleich, weiß aber auch, dass es ganz viele Menschen gibt, die mir wünschen, dass es bei mir mal mit einer Medaille klappt.

Maria stand hier bislang im Mittelpunkt, nicht zuletzt aufgrund der täglichen Berichte über ihren Gesundheitszustand. Verfolgen Sie so etwas, oder schauen Sie da nur auf sich?

Ich bin eine, die sich eigentlich immer über alles Aktuelle informiert. Und mit Maria habe ich auch täglich telefoniert. Persönlich miteinander sprechen oder länger zusammensitzen wäre - wegen der Ansteckungsgefahr - aber nicht wirklich clever gewesen.

Maria hatte zu WM-Beginn fünf Medaillenchancen, Sie haben nur eine.

Was auch bedeutet, dass der Druck ein bisschen größer ist. Aber wir Slalomspezialistinnen wissen das ja schon lange und sind auf diese Situation vorbereitet.

Auch die Heim-WM ist eine einmalige Chance. Wie sehr sind Sie in Hektik geraten, als es im Weltcup nicht mehr lief?

Das war wirklich nicht einfach. Ich habe gut angefangen mit Platz vier in Levi, doch dann bin ich sehr oft ausgeschieden, und irgendwann denkst du dir: Mensch, jetzt sind es nur noch drei Wochen bis zum WM-Slalom - können es denn nicht noch vier Wochen länger sein?

"Ich habe zu sehr versucht, auf Sicherheit zu fahren."

Was passierte dann?

Ich habe zu sehr versucht, auf Sicherheit zu fahren. Das war aber nicht mehr ich, das war zu passiv, ohne Angriff, und dann passieren erst recht Einfädler, weil man die Tore zu früh anfährt. Aber nach dem Rennen in Zwiesel vor zwei Wochen hatte ich meinen persönlichen Wendepunkt.

Wie das?

Ich habe mich mit dem Felix (Neureuther, Anm. d. Red.) zusammengesetzt. Er kam auf mich zu und sagte, er hätte gesehen, wie ich gerade fahre - und dass er vor zwei Jahren in einer ähnlichen Situation war. Er sagte mir auch, dass es nichts bringt, wenn man nur irgendwie ins Ziel kommen will, das verunsichert einen nur noch mehr.

Und das hat geholfen?

Ja, damit hat mir der Felix schon sehr geholfen. Ich hatte in dieser Saison aber auch immer wieder Probleme mit der Materialabstimmung, und auf Angriff kannst du eben nur fahren, wenn wirklich alles passt.

Aber jetzt wissen Sie, was Sie anders machen müssen?

Ich weiß jetzt ganz genau, wie ich das Rennen am Samstag angehen muss. Ich muss voll auf Angriff fahren, vom ersten Tor weg die Schultern nach vorne und attackieren.

Und dann eintauchen in den Hexenkessel am Gudiberg, den Sie sich beim Kombinationsslalom der Herren am Montag schon angeschaut haben. War das eine bewusste Vorbereitung, um zu wissen, was Sie am Samstag dort erwartet?

Na ja. Einerseits hatte ich einfach Lust, mir mal ein Rennen anzuschauen. Aber ich hab' mir dann auch einen guten Platz in der ersten Reihe gesichert, um genau zu sehen, wie die Bedingungen sind. Ich habe versucht, mich in die Fahrer reinzuversetzen und mir vorzustellen, wie das jetzt für mich wäre.

Und was erwarten Sie am Samstag?

Ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer. Und natürlich hoffe ich auf eine Medaille. Meine Ausgangsposition ist nicht die schlechteste. Der Fokus liegt auf anderen Läuferinnen, aber ich habe zuletzt ein Fis-Rennen gewonnen, meine Formkurve zeigt deutlich nach oben - das wissen die anderen vielleicht nicht.