Noch steht auf dem Parkplatz am Hüfinger Riedsee nur ein einsames Auto. Sobald es aber warm wird, sieht das anders aus. Doch wie soll die Stadt Hüfingen auf den zu erwartenden Besucheransturm im Sommer reagieren? Foto: Sigwart Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat: Gremiumsmitglieder geben 60 000 Euro nicht frei / Technischer Ausschuss soll sich damit befassen

Die Situation am Riedsee soll verbessert werden, doch Gemeinderäte wollen keine Flickschusterei. 60 000 Euro sind ihnen für ein Provisorium zu viel.

Hüfingen (jak). Zu viele Besucher, zu viele Autos, zu viel Müll, zu viele Hinterlassenschaften, die eigentlich in Toiletten gehören würden. Viel zu viel von allem. Und dann nutzten die Besucher 2020 nicht nur den Bereich, in dem Baden erlaubt ist. Weil es dort zu voll war, wichen sie auch aus – in Naturschutzgebiete, auf Böschungen, deren Betreten verboten ist oder in Bereiche, wo noch Kies abgebaut wird. Noch so einen Sommer möchte Bürgermeister Michael Kollmeier nicht erleben. Schließlich sind Bilder von überfüllten Mülleimern, über die in sozialen Medien diskutiert wird, auch kein Aushängeschild für die Stadt.

An einer großen Lösung arbeitet der Gemeinderat schon seit 30 Jahren. Viele Visionen gab es, alles verschwand irgendwann wieder in der Schublade. Also warum nicht einfach ein bisschen was machen, anstatt viel Kraft und Mühe in die Realisierung einer der Visionen stecken? 60 000 Euro wollte der Hüfinger Bürgermeister von seinen Stadträten haben. Dafür sollten ein Toilettenwagen und mehr Mülleimer aufgestellt werden. Damit nicht so viele Besucher kommen, sollte gleich der hintere Parkplatz mit einer Schranke abgetrennt werden. Wenn nur noch 60 bis 70 Parkplätze da sind, dann kommen nicht so viele Auswärtige und es bleibt mehr Platz für die Hüfinger, die ja alle sowieso mit dem Fahrrad oder zu Fuß an den Riedsee kommen.

Es hätte ein so schöner Plan sein können, wenn da nicht der Gemeinderat wäre. Denn in größter Harmonie sind sich alle einig. Bloß weil es der Bürgermeister für eine gute Idee hält, muss der Gemeinderat ihm noch lange nicht 60 000 Euro zur Verfügung stellen. Doch was stört denn die Gemeinderäte?

"Wenn eine Familie aus Balingen nach Hüfingen fährt und der Parkplatz ist voll. Glaub ihr wirklich, dass die dann wieder umdrehen und nach Hause fahren?", sagt FDP/FW-Fraktionssprecher Adolf Baumann. Sicher nicht, finden auch andere Stadträte. "Die parken dann sämtliche Feldwege zu. Dann haben wir da unten wildes Parken ohne Ende", sagt CDU-Stadtrat Christof Faller und bekommt auch Zustimmung von Kerstin Skodell.

Die Trinkwasserleitung: "Wasser braucht man zum Spülen, ohne wird’s schwierig", rechtfertigt Kollmeier eine 19 000 Euro teure Trinkwasserleitung, die von einem Hydranten zum Toiletten-Container geführt werden soll. Wer nun denkt, wieso man könnte, der irrt – zumindest laut Kollmeier. "Diese Möglichkeit steht uns nicht zur Verfügung." Jetzt kennt Christof Faller, der bei der Feuerwehr ist, so ziemlich jeden Hydranten und weiß genau, wo sie stehen. "Der nächste Hydrant ist mindestens einen Kilometer entfernt, da bauen Sie nie eine Trinkwasserleitung für 19 000 Euro", ist sich der CDU-Fraktionssprecher sicher. Da könne er nicht zustimmen. Es war schon das zweite Mal an diesem Abend, dass Faller prognostizierte, dass es mit dem Vorhaben nichts werden wird. Schließlich hatte er schon bei der Parkplatz-Reduzierung prognostiziert: "Dafür bekommen Sie heute Abend keine Mehrheit." Und Kerstin Skodell will für eine Übergangslösung nicht einfach eine Wasserleitung legen. Man könnte entsprechende Toiletten aufstellen, die die Firma dann leert – ohne Wasser. Dann habe man auch Zeit, über ein Konzept zu diskutieren.

Mit Visionen ist das in Hüfingen ja so eine Sache. Adolf Baumann will allerdings anstatt einem Schnellschuss, dass doch etwas mehr "Hirnschmalz" investiert wird und ein schlüssiges Konzept erarbeitet wird. Und auch Kerstin Skodell geht es ähnlich: "Wir machen schon viele Jahrzehnte an dem Thema herum und jetzt plötzlich so etwas." Und dann spricht der Bürgermeister von seiner Vision: "Wenn ich nach der großen Vision gefragt werde: Entweder wir finden eine Balance zwischen den Nutzern oder der Riedsee wird irgendwann zu einem naturnahen See für die Naherholung, das hat aber viel damit zu tun, dass man dann mit dem Fahrrad oder zu Fuß hinkommt." Übersetzt: Der Riedsee könnte auf Hüfinger Gemarkung zur autofreien Zone werden.

Eine richtige Vision: Dafür zaubert CDU-Stadtrat Marco Trenkle einen Vorschlag aus dem Hut, der sich wirklich nach einer Vision anhört: "Ich finde es spannend, dass das schon seit 30 Jahren diskutiert wird. Da fehlt wohl der Mut für den großen Wurf. Wir könnten doch so etwas wie den Seepark in Pfullendorf machen. Das gibt es in der Region noch nicht." Für Sigmund Vögtle allerdings eine fürchterliche Vision. Seine Abneigung gegen Autos ist bekannt. "Der Ansatz kann nur sein, dass wir das Parken und den Autoverkehr reduzieren", sagt der SPD-Stadtrat und fügt hinzu: "Es kann nicht sein, dass die Leute sich das Recht herausnehmen, ihre Monsterautos überall hinzustellen." Strafzettel. Und wer nicht zahlt, der erhält nach Vögtles Vorstellung dann eben eine Zwangsvollstreckung.

Kollmeier auf jeden Fall möchte das Riedsee-Problem lösen. Schnellstmöglich. "Uns geht es um Sofortmaßnahmen, die wir in einigen Wochen angehen können", so Kollmeier. Und auch Hauptamtsleiter Horst Vetter ist zur Stelle, wenn ihn der Chef braucht: "Wenn wir Veränderungen machen und Parkplätze reduzieren, dann müssen wir das sofort machen. Wir können uns das nicht im Mai überlegen und dann im Juni umsetzen. Am ersten Schönwettertag muss klar sein, was auf dem Parkplatz gilt." Nur so habe der Gemeindevollzugsdienst auch die Chance, die Situation am Riedsee überhaupt in den Griff zu bekommen.

War eine Mehrheit am Anfang noch gewillt, den Mülleimern und den Toilettenanlagen zuzustimmen, ist plötzlich gar nichts mehr möglich. "So wie die Situation ist, wäre es gut, wenn man mal wieder runterkommt", schlägt Baumann vor und will das Thema im Technischen Ausschuss noch mal vertiefen, bevor nun "Geld aus dem Fenster geworfen" wird. Und Kollmeier? "Ich erneuere meinen Vorschlag. Wir machen eine Verweisung an den Technischen Ausschuss."