Die Spurensicherung im November 2018 nach dem Mord. Sie haben drei Zigarettenstummel mit DNA von Omran A. gefunden. Beweis, das er die ganze Zeit vor dem Haus gewartet hat? Foto: Lück

Lässt eine neue Ermittlungspanne die Angeklagten Omran A. und Iyad B. im Riecher-Mordprozess auf freien Fuß kommen? Verteidiger Alexander Kubick ist klar: "Es gibt keinen Beweis, dass mein Mandant in der Wohnung während des Mordes war." Grund: Die Wlan-Messungen der Ermittler.

Rottweil/Horb-Nordstetten - Der 44. Verhandlungstag. Omrans Verteidiger Kubick deckt eine neue Ermittlungspanne auf: "Im Außenbereich gibt es präzise Messungen der Ermittler, von welchen Punkten aus das iPhone7 meines Mandanten Wlan Verbindung zum Router im Büro des Geschädigten hat. Erstaulicherweise wurde eine präzise Analyse des Wlan-Empfangs innen in der Wohnung so nicht vorgenommen. Hier hieß es von den Sachverständigen nur: "Der Wlan-Empfang in der Wohnung war nur sporadisch. Man hat mal Empfang, mal keinen." Klartext: Es gebe keinen objektiven Beweis, dass der syrische Flüchtling in der Wohnung war.

Sein Kollege Alexander Hamburg: "Nachdem Omran den offenbar erfolglosen Anruf von Iyad gesehen hat, ist er zum Haus von Riecher gefahren. Dort hat er draußen gewartet. Von 19.03 Uhr bis 19.21 Uhr, so die Wlan-Daten. Dann ist er ums Haus gelaufen und wartet dort, bis sein Komplize aus der Wohnung wieder rauskommt." Die Daten auf dem iPhone des syrischen Flüchtlings gelten als wichtiges Beweismittel in der Riecher-Revision.

Omrans Verteidiger: Darum ist Iyad der Mörder

Komplize Iyad müsse der Mörder sein, der syrische Flüchtling habe die ganze Zeit vor dem Haus gewartet, so Rechtsanwalt Hamburg. "Dafür sprechen auch die drei Zigarettenstummel vor dem Haus mit DNA von Omran. Am Hemd des Opfers wurde ausschließlich eine DNA-Mischspur von Iyad und dem Geschädigten gefunden wurden. Spricht dafür, dass das Hemd von Iyad ausgezogen wurde."

Iyad gab das blutige Hemd von Riecher seinem Komplizen

Iyad habe den größten Belastungseifer. Hamburg: "Als Riecher ihn während des Überfalls gefragt hat, ob er Omran kenne, muss für ihn klargewesen sein, dass er entdeckt werden könnte. Das ist das Motiv für Iyad!"

Und nach der Tat – so Hamburg – sei Iyad mit dem blutigen Hemd des Opfers aus der Wohnung gekommen: "Omran erfährt auf der Fahrt zum Bahnhof, dass Riecher erwürgt wurde. Iyad bittet ihn, das Hemd zu entsorgen, damit er am Bahnhof nicht damit gesehen wird." Das blutige Hemd des Opfers wurde von Ermittlern in einem hohlen Baum in der Scheune neben der damaligen Wohnung des syrischen Flüchtlings gefunden.

Iyads Verteidiger: "Geständnis hat Tat aufgeklärt"

Iyads Verteidiger Kristian Frank und Wido Fischer sehen das natürlich ganz anders. Schon das Polizeigeständnis des staatenlosen Palästinensers sei ein großes Pfund. Verteidiger Fischer: "Vorher war Omran zwar Tatverdächtiger. Aber zum Tatgeschehen bestätigen Ermittler und der Staatsanwalt, dass sie nur auf den Angaben von Iyad beruhen. Folglich muss ihm das als Begünstigung zu Teil werden." Der staatenlose Palästinenser habe sich nach dem kurzen Niederringen von Michael Riecher um das Opfer gekümmert. Das beweisen auch die DNA-Spuren am Wasserglas, das Iyad Riecher gebracht habe. Fischer: "Mein Mandant hat nichts beschönigt. Durch das nicht abgesprochene Verhalten von Omran liegt ein Mittäterexzess vor!"

Verteidiger fordern: Lasst die Fesseln der Angeklagten nach Urteil fallen

Hat Iyad ein Mordmotiv? Sein Verteidiger Frank: "Für Iyad war schon alles gegessen. Riecher hat ihm 3000 Euro im Büro gegeben, wollte ihm in der Wohnung mehr geben. Das hinzutreten von Omran in der Wohnung war nicht vorhersagbar und nicht erwünscht. Unser Mandant hatte sein Ziel schon erreicht!"

Alle Verteidiger forderten für ihre beiden Mandanten zwei Jahre wegen räuberischer Erpressung. Weil beide schon viel länger im Gefängnis sind, beantragten sie auch noch Haftentschädigung.

Das Urteil in der Riecher-Revision wird am Dienstag, 11. Oktober, um 10 Uhr verkündet.