Omran A. (mitte). Seine Verteidiger Alexander Kubick und Alexander Hamburg warten gespannt auf das Urteil Foto: Lück

Omran A. stützt seinen Kopf mit der Hand ab, Iyad B. ist zusammengesunken. Soeben hat die Revisionskammer das Urteil in der Riecher-Revision verkündet: Lebenslänglich wegen Mordes für den syrischen Flüchtling.

Rottweil/Horb-Nordstetten - Ein Angehöriger der Hinterbliebenen des ermordeten Michael Riecher (57,†) war fast bei jedem Verhandlungstermin in der Revision dabei. Nach dem Urteil lächelt er breit und sagt: "Ich bin zufrieden!"

Um 10.09 Uhr verkündet der Vorsitzende Richter Thomas Geiger das Urteil: Lebenslänglich wegen Mordes und räuberischer Erpressung für Omran A. Acht Jahre und neun Monate für seinen Komplizen Iyad B. – wegen erpresserischen Menschenraubs und unterlassener Hilfeleistung.

Im ersten Urteil lediglich räuberische Erpressung

Deutlich. Konsequent im Vergleich zum ersten Urteil. Dort gab es im Januar vor zwei Jahren vom Landgericht Rottweil 6 Jahre für Omran und viereinhalb Jahre für Iyad B. wegen räuberischer Erpressung. Weil – so die damalige Kammer – keinem der beiden der Mord nachgewiesen werden konnte.

Die Revisionskammer sieht es jetzt anders.

Richter Geiger erklärt: Das Verhalten von Omran vor und nach der Tat, die Indizien und das Verhalten des syrischen Flüchtlings nach der Tat beweisen die Schuld von Omran! Der Vorsitzende Richter: "Es war Mord aus Verdeckungsabsicht! Die Strafe lautet lebenslänglich. Wir sehen keine strafmildernden Umstände laut der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs, dass man ausnahmsweise davon abrücken könnte!"

Omrans Komplize Iyad bekommt acht Jahre und neun Monate – wegen erpresserischen Menschenraubs und unterlassener Hilfeleistung. Der Horber Friseur Haitham (Name von der Redaktion geändert) hatte seinen damaligen Fluchtgefährten an Omran vermittelt.

Warum ist Omran ein Mörder?

Die Kammer argumentiert: Vor der Tat hat Omran versucht, mehrere Komplizen für den Überfall auf Riecher anzuwerben. Am Tattag habe er Iyad B. zu Riechers Wohnung gefahren, sei dann nach Hause. Richter Geiger: "Iyad hat Omran kurz vor 19 Uhr angerufen. Richter Geiger: "Was wir sagen können: Als Reaktion auf diesen Anruf oder Anrufversuch setzte sich Omran ins Auto und fuhr zurück zu Riechers Wohnung." Dann – so gestand Iyad im Polizeiverhör – habe sich Omran in der Küche versteckt. Das Gericht betont, dass auch die Handy-Daten von Omran nichts anderes sagen. Richter Geiger: "Omran war am Tatort. Die Router und Handydaten sind nicht genau. Aber sie belegen: Er war vor Ort. In Verbindung mit Iyads Angaben wird das gestützt." Omrans Verteidiger hatten in ihren Plädoyers gesagt, dass eben nicht bewiesen sei, dass ihr Mandant während der Tat im Haus sei.

Gericht: Omran wollte, dass Riecher stirbt

Omran habe sich dann auf Riecher gestürzt, so hatte sein Komplize gestanden. Der Vorsitzende Richter: "Plötzlich und auch für Riecher als auch Iyad unerwartet stürzte Omran aus der Küche. Griff das Opfer von hinten an. Er ging beim Angriff davon aus, dass Michael Riecher ihn vorher in der Küche erkannt hatte, als er mit Iyad aus dem Schlafzimmer Richtung Büro ging. Der Angeklagte wollte, dass das Opfer stirbt, damit er nicht mit der Raubtat in Verbindung gebracht wird."

Der syrische Flüchtlinge wollte Tat verschleiern

Schlüssig sei deshalb auch, dass beim Leichenfund am Tag später Omran versucht habe, seine Tatbeteiligung zu verschleiern. "Er hat gegenüber der Nachbarin und anderen Zeugen betont, dass er den Leichnam am Hals angefasst hat. Eine Art Würgegriff. Omran legte Wert darauf, dass das den Sanitätern und der Polizei deutlich gemacht wird. Das macht nur Sinn, wenn der Angeklagte derselbe war, der den Angriff gegen den Hals des Opfers geführt hat und dadurch Spuren beseitigen will."

Warum wird Iyad doppelt so hart bestraft wie im ersten Urteil?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seiner Revisisonsentscheidung die Prüfung des erpresserischen Menschenraubs angemahnt. Richter Geiger: "Der ursprüngliche Tatplan war, dass Iyad in die Wohnung von Riecher geht, ihn überfällt, die Geldverstecke herausfindet. Ihm war durch die Gespräche mit dem Friseur und Omran bewusst, dass es ein Risiko gab, dass das Opfer versterben konnte."

Während der Tat – so das Polizeigeständnis von Iyad und auch die Indizien wie die Riecher-DNA am Wasserglas auf dem Nachtschrank – habe der staatenlose Palästinenser zunächst Riecher überfallen, zu Boden gebracht. Als er sich nicht mehr wehrte und nicht mehr konnte, hat er Michael Riecher ins Schlafzimmer gebracht. Richter Geiger betont, das Iyad das getan habe, damit sich das Opfer erholen kann, damit er ihn weiter erpressen kann und ihm die Geldverstecke zeigt. Das erfüllt die sogenannte "statibilisierte Zwischenlage" des erpesserischen Menschenraubs. Richter Geiger: "Selbst wenn das nur zehn oder 15 Minuten lang gedauert hat."

Gericht: Iyad war nicht so bekifft bei der Tat

Omrans Komplize habe sich auch der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht. Iyad hatte immer erklärt, dass er während der Mord-Attacke von Iyad wie gelähmt gewesen sei. Sagte: "Omran war wie ein Monster." Der Vorsitzende Richter: "Zwar hatte der Angeklagte erklärt, dass er vor der Tat gekifft hatte. Laut dem psychiatrischen Sachverständige Salabasidis hat sich das aber nicht schuldmindernd ausgewirkt. Auch wir haben – auch durch die Zeugenaussagen – keine Anhaltspunkte, dass der Betäubungsmittelkonsum bei der Tat so hoch war. Dagegen sprechen auch die finanziellen Verhältnisse von Iyad." Er lebte zum Tatzeitpunkt in einer Obdachlosenunterkunft.