Mit den am Bau des Nahwärmenetzes in Glatten Beteiligten wurde am Harteck Richtfest gefeiert. Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer sprach von einem „Leuchtturmprojekt“.
„Die Feierstunde hat geschlagen, es ruhet die geübte Hand. Nach harten, arbeitsreichen Tagen grüßt stolz der Richtbaum nun ins Land“: Das verkündete Zimmermann Gerd Kirgis von hoch oben beim Richtfest zur Fertigstellung des Rohbaus der Heizzentrale für das Nahwärmenetz am Platz des früheren Weigold-Schuppens am Harteck in Glatten.
„Vielen Leuten ist längst klar, Erdöl ist nicht ewig da, es ist also höchste Zeit eine andere Möglichkeit zum Gewinn von Energie zu nutzen – bald wird dies hier mit Holz gemacht, dass das Herz im Leibe lacht“, rief Kirgis für seinen Chef Karlheinz Frey und warf zum Schluss nach alter Tradition das Glas mit den Worten: „Nun Glas, zerschmettere hier im Grund, geweiht sei dieser Bau zur Stund.“
Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer hieß zum Richtfest neben Planern und Ingenieuren weitere am Bau Beteiligte und Gemeinderäte willkommen und lud die Versammelten ins extra aufgebaute Zelt neben der Heizzentrale zu einem Imbiss ein. Dort blickte er auf die Entstehung seines „Herzensprojekts“ zurück.
Start mit Quartierskonzept
Pfeifer erinnerte daran, dass das Quartierskonzept 2018/2019, unterstützt vom Beratungsbüro Endura kommunal, der erste Baustein war. Das Ergebnis zeigte, dass mehr als die Hälfte aller Gebäude noch mit Öl beheizt werden und mehr als 60 Prozent der Heizungen in Glatten älter als 15 Jahre, viele sogar älter als 30 Jahre sind.
Zweiter Baustein war das Sanierungsmanagement von 2020 bis 2025. Dabei wurden viele Glattener von den Vorteilen der Nahwärme überzeugt und die technischen Varianten geprüft – bis zur jetzigen Lösung mit einer Kombination aus einer Wärmepumpe für Abwärme des Unternehmens Woodward L’Orange und einer Holzhackschnitzel-Heizung.
Die zunächst angedachte Bürgerenergiegenossenschaft ließ sich nicht realisieren, so wurde der Eigenbetrieb Nahwärme Glatten gegründet, mit den Stadtwerken Altensteig als Partner. Am Ende dieser Phase stand als klares Ergebnis: rund 8,2 Kilometer Wärmetrasse, eine moderne Heizzentrale, und mehr als 100 Kunden, die in Zukunft versorgt werden.
Als dritten Baustein nannte Pfeifer die Finanzierung und die Umsetzung ab 2022. Die Zusage eines Zuschusses über mehrere Millionen Euro über die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) sei der Durchbruch zur Realisierung des Projekts gewesen, so der Bürgermeister. 2024 begannen die Bauarbeiten – und an diesem Tag feiere man nun als das Richtfest für die Heizzentrale.
Gesamtkosten: 8,1 Millionen
Die Gesamtprojektkosten belaufen sich laut Pfeifer auf rund 8,1 Millionen Euro und lägen „deutlich unter den ersten Kostenberechnungen“. Möglich werde diese hohe Investition nur durch die Zuschüsse von Bund und Land sowie die Bereitschaft vieler Bürger, ihre Häuser anzuschließen.
„Unsere kleine Gemeinde hat es geschafft, ein Projekt auf die Beine zu stellen, das weit über unsere Grenzen hinaus Beachtung findet“, betonte Pfeifer. „Wir dürfen mit Stolz sagen: Wir sind ein Leuchtturmprojekt.“
Nachtragwirtschaftsplan erforderlich
Der Bürgermeister dankte den vielen Beteiligten: „Ein solches Projekt gelingt nur, wenn viele Hände ineinandergreifen.“ Besonders hob Pfeifer die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Woodward L’Orange als Großkunden und als Lieferanten von Abwärme für die Wärmepumpe der Anlage hervor. „In wenigen Monaten werden die ersten Häuser und Betriebe in Glatten mit Wärme aus dieser Zentrale versorgt“, kündigte Pfeifer an.
Wenige Tage vor dem Richtfest an der Heizzentrale hatte der Glattener Gemeinderat für den Eigenbetrieb Nahwärmeversorgung Glatten einen Nachtragwirtschaftsplan genehmigt. Die Gründe: Im vergangenen Wirtschaftsjahr hatten sich Verzögerungen bei der Auszahlung der bewilligten BEW-Fördermittel gezeigt, zudem war die Erhebung der ursprünglich eingeplanten Anschlussbeiträge bisher nicht realisiert worden. Um die Liquidität des Eigenbetriebs sicherzustellen und den planmäßigen Baufortschritt nicht zu gefährden, war also die Anpassung des Wirtschaftsplans für 2025 erforderlich.
Zuschüsse fließen „sehr zäh“
Von den Stadtwerken Altensteig, die die technische und kaufmännische Betriebsführung übernommen haben, waren Udo Hirrle und Günther Garbe in die Sitzung gekommen. Hirrle wies darauf hin, dass die BEW-Zuschüsse leider nicht ganz so gut – er würde sagen „sehr zäh“ – liefen. Zwar sei man noch nicht in Verzug, aber es müsse etwas geschehen, damit es weitergehe. Deshalb wolle man jetzt die BEW-Förderung mit dem Trägerdarlehen tauschen.
Wesentliche Änderungen durch den Nachtragshaushalt sind die Reduzierung der geplanten Investitionszuschüsse Dritter von 1,56 um 1,4 Millionen auf 156 000 Euro sowie die Streichung der geplanten Anschlussbeiträge von 200 000 Euro. Außerdem wird zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Eigenbetriebs das Trägerdarlehen um 1,6 auf insgesamt 2,74 Millionen Euro erhöht. Der Zinsaufwand erhöht sich um 15 350 auf 29 350 Euro.
Staffelung der Gebühren
Ziel ist es, geplante Investitionen ohne Unterbrechung fortzuführen. Eine Rückführung des Trägerdarlehens ist im Folgejahr vorgesehen, sobald die Fördermittel eingegangen sind. Derzeit sei es so, dass für die BEW-Zuschüsse mehr Anträge vorlägen als Geld vorhanden sei, so Garbe. Man wisse deshalb nicht genau, wann die Zuschüsse ankommen.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt fasste der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss für die spätere Staffelung der Gebühren für die Nahwärme. Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer sagte, dass diese Staffelung anzustreben sei, um Großkunden für die Nahwärme zu bekommen. Man sei mit einigen Firmen im Gespräch. Um Großabnehmern entgegenzukommen, soll es Staffelpreise geben: bei einer Abnahme von mehr als 100 000 Kilowattstunden zehn Prozent Rabatt.
Größere Abnahmemengen von Vorteil
Da die Kalkulation erst erfolgen kann, wenn die Nahwärme in Betrieb ist und erste Verbrauchszahlen vorliegen, wurde der Grundsatzbeschluss für eine spätere Staffelgebühr gefasst. Die Preise für das erste Jahr sind vertraglich festgelegt. Es sei auf längere Sicht vorteilhaft, dass größeren Abnahmemengen die Gebühren stabilisieren, unterstrich Pfeifer.