Feinwerkmechaniker sind gefragt: Zahlreiche Lehrstellen im Handwerk, auch in den gefragten Metallberufen, sind bislang unbesetzt geblieben. Foto: Handwerkskammer Reutlingen

Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer Reutlingen haben die aktuellen Zahlen veröffentlicht.

Reutlingen - Weniger Ausbildungsverträge im Handwerk, dafür mehr in Industrie und Handel: Zum Ausbildungsbeginn am 1. September haben die Handwerkskammer (HK) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen die aktuellen Zahlen ermittelt und vorgelegt.

Die HK verzeichnet 1885 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge. Vor zwölf Monaten waren es 1932 Neuverträge, was einen Rückgang von 2,4 Prozent bedeutet. "Nachdem wir drei Jahre nacheinander als einzige Kammer in Baden-Württemberg kräftige Zuwächse verzeichnen konnten, kommt diese Entwicklung nicht überraschend", sagt Karl-Heinz Goller, Leiter der Ausbildungsabteilung der Handwerkskammer. Er rechnet damit, dass in den nächsten Wochen noch zahlreiche Nachzügler ihre Ausbildung beginnen werden. Eine ausgeglichene Bilanz zum Jahresende sei durchaus noch möglich, schätzt er.

Die Handwerksbetriebe im Zollernalbkreis haben im laufenden Jahr allerdings mehr Auszubildende gewonnen. Die Kammer verzeichnet 376 Neuverträge (2015 waren es 371). Deutlich schlechter fällt die Bilanz in den Nachbarkreisen Sigmaringen und Freudenstadt aus. Negativer Spitzenreiter ist der Landkreis Freudenstadt mit einem Rückgang um 13,5 Prozent.

"Wer noch in diesem Jahr eine Ausbildung beginnen will, hat gute Aussichten", betont Goller. In der Internet-Börse der Handwerkskammer (www.hwk-reutlingen.de/aus bildung) sind für dieses Jahr noch 453 freie Lehrstellen zu finden. Das Angebot reicht vom Augenoptiker bis zum Zimmerer, vom Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik bis hin zum Hörgeräteakustiker oder Modellbauer. Für das Jahr 2017 sind es sogar 861 freie Ausbildungsplätze, und zwar quer durch die mehr als 100 Ausbildungsberufe des Handwerks – vom Augenoptiker bis hin zum Zweiradmechaniker.

2329 neue Ausbildungsverträge in Industrie, Handel und Dienstleistungsgewerbe wurden zum 31. August bei der IHK für das beginnende Ausbildungsjahr registriert. Zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres waren es 2267. Das entspricht einer Steigerung um 2,7 Prozent.

Unter dem Aspekt der demografischen Entwicklung und des Fachkräftebedarfs in vielen Branchen sind die Bedingungen für den Einstieg ins Berufsleben zurzeit besonders gut. Zahlreiche Unternehmen suchen noch geeignete Bewerber. "Es konnten nicht alle angebotenen Plätze vergeben werden", kommentiert IHK-Präsident Christian O. Erbe die Entwicklung. "In unserer Lehrstellbörse sind immer noch freie Plätze für das aktuell beginnende Ausbildungsjahr 2016/2017 gemeldet."

Der Ausbildungsmarkt zeige sich erfreulich robust: "Gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel setzen viele Betriebe auf die eigene Ausbildung."

Von den 2329 neuen Ausbildungsverträgen sind 869 in technischen und 1460 in kaufmännischen Berufen abgeschlossen worden. Der Zollernalbkreis erzielte mit 714 neuen Ausbildungsverträgen einen ordentlichen Gewinn von 4,2 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr.

Nach wie vor gefragt sind Berufe in der Metalltechnik, wo die IHK allein 469 neue Lehrverträge registrierte, sowie in der Elektrotechnik (184). Bei den kaufmännischen Berufen liegen die Kaufleute im Handel (581), in Industrie (219) und Banken (124) vorn. Entgegen der vergangenen Jahre legten die Berufe aus Hotel und Gastronomie zu. In diesem Jahr wurden 112 Ausbildungsverträge geschlossen. Das ist ein Zuwachs von plus 36,6 Prozent.

Auch in den Bereichen Verkehr- und Transportwesen, Bekleidung und Textil und der Elektrotechnik wurden mehr Ausbildungsplätze besetzt. Gleiches gilt für den Beruf der Industriekaufleute. Dagegen haben sich die Ausbildungszahlen bei Banken, Versicherungen und im Druckgewerbe negativ entwickelt. Auch der Handel ist leicht rückläufig.

Zahlenmäßig keine große Rolle spielen derzeit Flüchtlinge in der Ausbildung. Aktuell wurden 20 Ausbildungsverträge mit Staatsangehörigen aus Afghanistan, Irak, Syrien und Gambia geschlossen. Grundsätzlich sei die Bereitschaft der Wirtschaft, Flüchtlinge auszubilden, vorhanden, teilt die IHK mit. Jedoch werde ein Mindestmaß an Ausbildungsfähigkeit erwartet: "Dazu gehören Sprachkenntnisse, außerdem sollte die Bleibeperspektive klar sein", erläutert Petra Brenner, Bereichsleiterin Ausbildung bei der Kammer. Vielen sei die duale Ausbildung noch unbekannt: "Wir haben hier noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten."

Und für alle, die noch auf der Suche sind: Am Freitag, 16. September, gibt es von 13.30 bis 17.30 Uhr bei der Arbeitsagentur in Balingen eine Nachvermittlungsaktion, an der sich die IHK beteiligt.