Am vergangenen Wochenende feierte der örtliche Chef der Gruppe mit mehreren hundert Bekannten aus der Szene seine Hochzeit. Foto: dpa

Rockergruppe tritt per Zeitungsanzeige für verhaftetes Mitglied ein. Mann sei chronisch krank.

Tübingen/Reutlingen - Die Rockergruppe Hells Angels wehrt sich in großen Zeitungsanzeigen gegen die Verhaftung eines ihrer Reutlinger Mitglieder.

Am Freitag erschienen Anzeigen mit dem Titel „Info an die Bevölkerung“. Es geht um einen 45-Jährigen, der sich seit Montag wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Tübingen verantworten muss. Weil der Angeklagte erst nicht zu dem Prozess erschienen und später während der Verhandlung einfach wieder gegangen war, hatte der Staatsanwalt Haftbefehl gegen ihn beantragt. Als der 45-Jährige dann von der Polizei vorgeführt wurde, ging er in Handschellen auf den Staatsanwalt los und schlug ihn zu Boden.

Der Mann sei chronisch krank und habe Atteste vorgelegt, denen zufolge er verhandlungsunfähig war, schrieben die Hells Angels in der Zeitungsanzeige. Er sei nicht aus dem Gericht geflüchtet, sondern wegen gesundheitlicher Probleme zum Arzt gegangen. Auch der Anwalt des 45-Jährigen hatte das Landgericht bereits dafür kritisiert, dass es die ärztlichen Atteste nicht berücksichtigt habe. Der Angriff auf den Staatsanwalt sei nur damit zu erklären, dass sein Mandant wegen starker Medikamente in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt sei.

Ein Gutachter hatte die Atteste am ersten Verhandlungstag geprüft und den Angeklagten im Auftrag der Richter auch selbst untersucht. Er hielt den 45-Jährigen allerdings für verhandlungsfähig. Die Hells Angels werden von den Strafverfolgungsbehörden bundesweit mit schweren Gewaltstraftaten und der organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht.

In Reutlingen war die Rockergruppe zuletzt jedoch friedlich in Erscheinung getreten: Am vergangenen Wochenende feierte der örtliche Chef der Gruppe mit mehreren hundert Bekannten aus der Szene seine Hochzeit.