Der vom Islamischen Staat enthauptete US-Amerikaner James Foley ist nur einer von vielen Fällen: Die Zahl der Entführungen, bei denen Journalisten das Opfer sind, ist das zweite Jahr in Folge deutlich gestiegen. Foto: dpa

Eingeschüchtert, entführt, getötet: Angriffe auf Journalisten waren in Kriegsgebieten einst tabu. Heute sind Morde an ihnen sogar Teil der Propaganda. Die Zahl von Entführungen wächst besorgniserregend.

Berlin - Der von der Terrormiliz IS enthauptete Amerikaner James Foley ist nur einer von vielen schrecklichen Fällen: Die Zahl der Entführungen, bei denen Journalisten das Opfer sind, ist das zweite Jahr in Folge deutlich gestiegen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat bisher weltweit 119 solcher Fälle für 2014 gezählt - das sind 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Bereits 2013 hatte die Zahl deutlich zugenommen. Das geht aus der am Dienstag in Berlin veröffentlichten „Jahresbilanz der Pressefreiheit“ hervor. Die meisten Entführungsfälle gab es in der Ukraine, in Libyen und Syrien.

„In einigen Regionen erleben wir eine neue Qualität der Gewalt im Umgang mit Journalisten, die erschreckt“, sagte ROG-Vorstandssprecherin Astrid Frohloff. Den Angaben zufolge wurden 66 Journalisten wegen ihrer Arbeit getötet, ebenso traf dies 19 Bürgerjournalisten und 11 Medienmitarbeiter. Die meisten Todesfälle gab es demnach in den Palästinensergebieten, der Ukraine, dem Irak und Libyen. „Die Morde werden immer grausamer, und die Zahl der Entführungen wächst rasant. Den Tätern geht es darum, unabhängige Berichterstattung zu verhindern und kritische Beobachter von außen abzuschrecken“, geht aus einer Analyse der Organisation hervor.

Mehr als verdoppelt hat sich die Gesamtzahl der Journalisten (139) und Bürgerjournalisten (20), die vor Drohungen, Gewalt oder staatlichen Repressalien ins Ausland fliehen mussten. „Die hohen Zahlen von Entführungen und Journalisten auf der Flucht zeigen, dass die Gefahren für Medienschaffende weltweit keineswegs geringer geworden sind“, sagte Frohloff. Journalisten dürften nicht zur Verfügungsmasse für die Propaganda von Terrorgruppen, Kriminellen oder autoritären Staaten werden. ROG dokumentierte ausgewählte Fälle:

James Foley

James Foley (40) wurde von der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) enthauptet. Die Terroristen veröffentlichten am 19. August ein Video von der Bluttat. Der US-Journalist, der frei im Auftrag der Nachrichtenagentur AFP arbeitete, war schon 2012 entführt worden.

Raad Al-Asawi

Raad Al-Asawi (36) wurde am 10. Oktober öffentlich hingerichtet, weil er es abgelehnt hatte, mit dem IS zusammenzuarbeiten. Die Terrorgruppe toleriert Journalisten „nur tot oder willfährig“, wie Reporter ohne Grenzen es formuliert. Der irakische Kameramann arbeitete für den Fernsehsender Sama Salaheddin TV. Der IS hatte seit Beginn der Entführung einen Monat zuvor angekündigt, ihn zu töten.

Gao Yu

Gao Yu (70), bekannte chinesische Journalistin, steht unter dem Vorwurf des Verrats von Staatsgeheimnissen an ausländische Medien wie die Deutsche Welle vor Gericht. Bei Prozessbeginn am 21. November in Peking bestritt die Siebzigjährige jede Schuld und widerrief damit ein während ihrer Untersuchungshaft erzwungenes Geständnis, das der staatliche Fernsehsender CCTV News im Mai ausgestrahlt hatte. Im Falle einer Verurteilung drohen Gao Yu bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Khadija Ismayilova

Khadija Ismayilova sitzt seit 5. Dezember in Aserbaidschan in U-Haft. Die investigative Journalistin hat wiederholt über Korruption in höchsten Kreisen berichtet. Schon 2012 und 2013 wurde sie laut ROG zum Opfer von Schmutzkampagnen und Erpressungsversuchen mit heimlich aufgenommenen intimen Videos. Zurzeit werde wird sie unter der abwegigen Anschuldigung festgehalten, sie haben einen früheren Kollegen in einen Selbstmordversuch getrieben - ein Vorwurf, auf den im Falle einer Verurteilung drei bis sieben Jahre Haft stehen.