Der Renchtäler Erdbeerbauer Thomas Streif und der Spargel-Landwirt Hannes Fleig aus Kippenheimweiler arbeiten zusammen: Die beiden beliefern sich täglich gegenseitig. Unsere Redaktion hat den beiden bei der Erdbeerernte über die Schultern geblickt.
Strömender Regen und für den Rest des Tages keine Besserung in Aussicht. Für das Erdbeerpflücken mit zwei Landwirten hatte ich mir nicht gerade den besten Tag ausgesucht. Zumal ich weder Regenhose noch Gummistiefel besitze. Vor Ort im Willstätter Teilort Sand auf den Erdbeerfeldern von Thomas Streif sieht die Welt schon ganz anders aus. Denn der Landwirt setzt seit 2017, zumindest auf einem Teil seiner Anbaufläche, auf den geschützten Anbau. Das heißt auf seinen Feldern stehen Pflanztunnel – circa 140 Meter lange, acht Meter breite und vier Meter hohe Metallgestänge, die mit Plastikplanen bedeckt sind. In diesen entwickeln sich die Erdbeer-Pflanzen weitgehend vor den Elementen geschützt. Denn „Erdbeeren sind Sensibelchen“, erzählt Streif.
Frost ist die größte Gefahr für die filigranen Blüten
Kurz darauf beginne ich die ersten Pflanzen von ihren knallroten Früchten zu befreien. Ich zupfe am Stängel und reiße ab, aber irgendwie sieht das bei Streif anders aus. „Wenn die Erdbeere reif ist“, erklärt er mir, „dann muss man sie nur in die Hand nehmen und um 90 Grad knicken, dann löst sie sich mit einem leisen Knackgeräusch“. Und tatsächlich erhöht dieser Kniff meine Pflück-Frequenz um ein Vielfaches.
Die größte Gefahr für die Erdbeeren – speziell deren Blüten – sei Frost, erklärt er weiter. Das sei besonders bei den frühen Sorten, wie der weit verbreiteten Clery, die auch den größten Anteil in seinem Tunnel stellt, ein Problem. Später demonstriert er das auch an einer seiner Freiland-Pflanzen. Dort sind sofort erfrorene Blüten zu erkennen. Das liegt laut Streif am Stroh zwischen den Reihen. Denn dieses isoliert den Boden zwar, aber verhindert auch, dass die Pflanzen von unten gewärmt werden. Solche Sorgen habe er in den Tunneln nicht. Und wenn es während der Blütezeit doch einmal zu Temperaturen um den Gefrierpunkt kommt, dann werden die empfindlichen Pflanzen kurzerhand mit einem Vlies abgedeckt. Zwar bräuchten die Erdbeeren ein paar Tage länger von der Blüte bis zur Reife, aber dafür brauche man auf der anderen Seite auch deutlich weniger Pflanzenschutzmittel.
Er habe sich lange dagegen gewehrt, aber dann sei ihm klar geworden, dass ein paar Tage schlechten Wetters seinen gesamten Betrieb gefährden können. Seit der Umstellung ist er aber begeistert und freut sich über die zahlreichen Möglichkeiten, die der geschützte Anbau mit sich bringt. Denn Erdbeeren seien seine Leidenschaft und von der Sortenauswahl bis zur Anbaumethode gebe es „viele kleine Schrauben an denen man drehen kann, um die Erdbeere zur Perfektion zu bringen“, erzählt Streif, während ich in eine tiefrote Erdbeere der Sorte Joly beiße und mir der Saft die Hand herunterrinnt.
„Viele Menschen kaufen einfach nur Erdbeeren und wissen gar nicht, wie vielfältig die verschiedenen Sorten sind, das hat doch keiner auf dem Schirm.“ Dem stimmt auch Spargelbauer und Vertriebspartner Hannes Fleig zu: „Wir haben uns mit unserer Qualität und unserer Liebe zum Detail einen guten Ruf erarbeitet.“ Er selber betreibt Spargelanbau auf seinem Brunnenhof im Lahrer Teilort Kippenheimweiler. Die beiden Landwirte haben sich vor mehr als zehn Jahren kennengelernt, als sie ihren Winzermeister gemacht haben.
Fleig und Streif verlieren sich zunächst aus dem Blick
Danach habe man sich etwas aus den Augen verloren. Doch als sie sich vor einigen Jahren zufällig wieder getroffen haben, ist in ihnen die Idee aufgekommen, Synergie-Effekte aus ihren beiden Betrieben zu ziehen und neue Wege in der Direktvermarktung zu gehen. Und so kann man an den Erdbeerständen von Streif auch Spargel von Fleig kaufen und umgekehrt.
„Die Ware wird mit dem optimalen Reifegrad geerntet und noch am selben Tag verkauft“, erzählt Streif. Fleig ergänzt: „Wir betreiben damit zwar mehr Aufwand bei der Logistik, aber das ist es auf jeden Fall wert.“ Ziel der beiden ist es, sich jedes Jahr aufs neue zu übertreffen.