Hier wird geschraubt: Wer ein defektes Gerät ins Stammheimer Repair-Café bringt, der darf nicht nur zugucken, sondern selbst reparieren. Foto: Thomas Fischer

Seit März gibt es in Stammheim ein Repair-Café. Begeisterte Bastler treffen dort auf Geräte, die nicht mehr funktionieren. Das ist gut für die Umwelt und den Geldbeutel der Besitzer.

Ein echter Schrauber, der schreckt vor nichts zurück: egal ob kaputte Kaffeemaschine, nicht mehr funktionsfähiges Tonbandgerät oder eine zerrissene Jeanshose. Etwas Kaputtes zu reparieren, das macht den einen Spaß. Den anderen hilft es, Geld zu sparen und Müll zu vermeiden. Die Idee der Repair-Cafés ist so simpel wie gut. Dass das Konzept aufgeht, das zeigt sich am neuen Repair-Café in Stammheim.

 

Ehrenamt für den Ruhestand Dieter Schmidhuber und Thomas Fischer sind beide Schrauber. Außerdem sind sie jahrzehntelang zusammen zur Arbeit nach Böblingen geradelt. Unterwegs blieb Zeit, um sich zu überlegen, welche Aufgaben im Ruhestand einmal auf sie warten könnten.

Im Ruhestand setzen sie ihre Idee um

Schon damals sprachen sie über Repair-Cafés. Hinter der Idee steckt der Gedanke, kaputte Geräte ehrenamtlich und auf Spendenbasis zu reparieren. Jahre später, wieder bei einer Radtour, kam das Thema erneut auf: „Weil wir beide gerne basteln – ich mechanisch, du elektronisch“, erzählt der 67-jährige Fischer.

Inzwischen ist der Maschinenbauingenieur Rentner, auch Schmidhuber – ebenfalls Ingenieur, aber Fachrichtung Elektrotechnik – ist beruflich nicht mehr aktiv. Und dieses Mal packen die beiden die Sache an.

Viel Unterstützung Im Frühjahr 2024 fangen sie an, solche Reparatur-Cafés in der Umgebung zu besuchen und sich mit den Organisatoren zu unterhalten. Vor allem zur Althengstetter Gruppe entsteht eine gute Verbindung.

Die Idee geht nach Angaben der Stiftung „Stichting Repair Café“ auf eine Niederländerin zurück. In Amsterdam soll 2009 auch das erste Repair-Café stattgefunden haben. Seit 2011 unterstützt die Stiftung andere bei der Gründung von Ablegern – auch Schmidhuber und Fischer.

Das Vorhaben wir konkret: Im Herbst 2024 sucht das Duo Helfer, und findet diese viel leichter als gedacht. Unter anderem Ingenieure, Handwerker, Hobbyschrauber und talentierte Näherinnen, die allermeisten ebenfalls in Rente, tun sich zusammen. Inzwischen besteht die Truppe aus 26 Ehrenamtlichen.

Einen Veranstaltungsort für die monatlichen Treffen finden die beiden im evangelischen Gemeindehaus in Stammheim. Auch einen großen Schrank mit Zubehör und Werkzeugen darf das Team dort aufstellen.

In der Regel am dritten Samstag eines Monats, von 10 bis 13 Uhr, öffnet das Stammheimer Repair-Café seine Türen. Nach einem Probedurchlauf im Februar, fand am 15. März der erste richtige Termin statt. „Ab 10 Uhr sind die Leute Schlange gestanden mit ihren Geräten unter dem Arm“, erinnert sich Thomas Fischer. Er und Schmidhuber nennen sie Gäste, nicht Kunden.

Gäste reparieren unter Anleitung mit

Hilfe zur Selbsthilfe Die können gleich noch was lernen: Denn der Grundgedanke sei, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Deshalb werden Gäste ermuntert, ihr Gerät unter Anleitung selbst zu reparieren. Wer das gar nicht möchte, kann aber auch bei Kaffee und Kuchen entspannen.

Wird ein größeres Ersatzteil benötigt, dann bestellen dies die Gäste dies in der Regel selbst, und kommen beim nächsten Café-Termin mit dem Gerät und Teil wieder.

Der Zulauf ist weiterhin so groß wie zum Auftakt. Und das Team wird mit jedem Mal routinierter. Wer ankommt, füllt einen Laufzettel aus und wird dann an den fürs jeweilige Gerät kompetentesten Reparateur vermittelt. Diese Verteilungsaufgabe ist inzwischen Thomas Fischers Posten. Und „Du reparierst gern“, sagt er an seinen 64-jährigen Mitstreiter gerichtet.

Nicht einmal in den Sommerferien haben die Schrauber eine Pause gemacht. Zum Glück: „Da war die Hölle los“, erinnert sich Fischer. 39 Reparaturen standen auf dem Programm, sonst sind es durchschnittlich 25 pro Termin.

Die beiden führen Statistik. Deshalb wissen sie auch, dass sie 70 bis 80 Prozent der Geräte wieder zum Laufen bringen. Dass sie viele der Besitzer damit glücklich machen, ist mit der schönste Aspekt an ihrem Ehrenamt.

Freude der Besitzer überträgt sich

Glückliche Gäste Der 67-Jährige erzählt etwa von einem Paar aus Schmieh. Die beiden hätten zwei alte Tonbandgeräte mitgebracht, auf denen sie historische Familienaufnahmen anhörten. Bis die Geräte den Geist aufgaben. Eines haben die Schrauber bereits repariert, das andere richten sie gerade.

Die Freude der Besitzer macht auch die Helfer glücklich. Dazu kommt: Bei den „Querbeet-Reparaturen“, wie Dieter Schmidhuber sie nennt, lernen die Ehrenamtliche ständig dazu und voneinander. So gebe es beispielsweise einen Kaffeemaschinenspezialisten, aber auch einen Helfer, der sich besonders gut mit Nähmaschinen auskennt. Dazu kommen Näherinnen im Team, die wissen, wie man Hosen flickt – und ihr Wissen an die Gäste weitergeben. Auch das ist ein Angebot des Stammheimer Reparatur-Cafés.

Wer beim Repair-Café mitmachen möchte, kann sich per E-Mail an RepairCafe-Calw-Stammheim@t-online.de melden. Dringend gebraucht werden Elektrotechnikspezialisten. Die nächsten Termine sind am 18. Oktober, 15. November und 13. Dezember (alles Samstage), jeweils ab 10 Uhr. Repariert werden Haushaltskleingeräte, elektrische Geräte, Textilien, Kinderspielzeug, Fahrräder oder Computer.