Eigentlich müssten die Rentenbeiträge sinken - schließlich gibt es einen Überschuss in den Kassen. Doch die Große Koalition will damit neue Leistungen finanzieren - zum Beispiel die Rente mit 63.
Eigentlich müssten die Rentenbeiträge sinken - schließlich gibt es einen Überschuss in den Kassen. Doch die Große Koalition will damit neue Leistungen finanzieren - zum Beispiel die Rente mit 63.
Berlin - Union und SPD haben das Vorhaben verteidigt, den Rentenversicherungsbeitrag bei 18,9 Prozent einzufrieren. Mit den daraus resultierenden Mehreinnahmen von knapp sechs Milliarden Euro sollen neue Leistungen - wie die verbesserte Mütterrente, die abschlagfreie Rente für langjährig Versicherte und höhere Erwerbsminderungsrenten - bezahlt werden.
Die Opposition kritisierte in der ersten Lesung am Donnerstag im Bundestag das Vorgehen der Regierungskoalition: Das Gesetz wird voraussichtlich erst im Februar beschlossen, soll aber nach dem Willen von Schwarz-Rot bereits zum 1. Januar gelten. Dies wollen Union und SPD dadurch erreichen, dass die Neuregelung an diesem Freitag - also lange vor der Verabschiedung des Gesetzes - im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. „Wir halten ein ordnungsgemäßes Verfahren ein“, beteuerte der CDU-Abgeordnete Karl Schiewerling (CDU) in der Debatte.
Rente mit 63: Wer profitiert - und wer muss blechen?
Dies bezweifelten nicht nur Linke und Grüne, sondern auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): „Die große Koalition läuft Gefahr, (.) mit einem verfassungswidrigen Gesetzesvorhaben in die 18. Legislaturperiode zu starten“, heißt es in einer BDA-Stellungnahme. Zuerst daraus zitiert hatte die „Frankfurter Rundschau“.
"Ja, wir wollen den Beitrag für 2014 einfrieren"
Wegen der Rücklagen von rund 31 Milliarden Euro in der Rentenkasse müsste der Rentenbeitragssatz zum Jahreswechsel eigentlich von 18,9 auf 18,3 Prozent sinken. Dies wollen Union und SPD aber verhindern: „Ja, wir wollen den Beitrag für 2014 einfrieren“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Gabriele Lösekrug-Möller (SPD). Die neue Arbeitsministerin Andrea Nahles (ebenfalls SPD) verfolgte die Debatte von der Regierungsbank, griff aber nicht ein.
Für die Linksfraktion warf Sabine Zimmermann der großen Koalition vor, sie halte weiter am „fatalen Kurs der Rentenkürzung“ fest: „Die Renten werden in Deutschland weiter sinken“, die Angleichung der Ostrenten an das Westniveau sei weiter aufgeschoben. Die Regierung unternehme nichts, um den Zug in Richtung Altersarmut zu stoppen. Auch Kerstin Andreae von den Grünen kritisierte Union und SPD: „Sie vergessen die Generationsgerechtigkeit.“ Sie rügte die Finanzierung der verbesserten Mütterrente aus den Rücklagen und nicht aus Beitragsmitteln: „Sie plündern die Rentenkasse.“
Redner von Union und SPD verteidigten das Nichtabsenken des Beitragssatzes: „Wir wollen die Gerechtigkeitslücken auch in der Rentenversicherung schließen“, sagte die SPD-Abgeordnete Katja Mast. CSU-Kollege Paul Lehrieder (CSU) pflichtete bei: Die Beitragszahler seien bereits massiv entlastet worden. „Jetzt sind die Mütter an der Reihe.“ der CDU-Rentenexperte Peter Weiß sagte, mit dem Einfrieren des Beitragssatzes werde dieser „für voraussichtlich lange Zeit stabil bleiben“. „Es wird niemandem etwas weggenommen.“
BDA-Präsident Ingo Kramer kritisierte den geplanten Verzicht auf die eigentlich gesetzlich vorgesehene Senkung des Beitragssatzes als einen „Verlust an Rechtssicherheit“. In der „Passauer Neuen Presse“ appellierte Kramer an die große Koalition, „nicht völlig auf eine Beitragssatzsenkung zu verzichten“. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von Schwarz-Rot gewählten Verfahrens hatten unlängst schon die Juristen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages geäußert.