Viele Studenten suchen noch eine bezahlbare Unterkunft – manche bringen nicht nur eine Kaffeemaschine mit, sondern bieten auch Hilfe im Haushalt oder Garten an. Foto: Leif Piechowski

Die Zahl der Studienbewerber erreicht vor dem Wintersemester in Stuttgart Rekordniveau. Viele suchen noch eine Wohnung. Allein beim Studentenwerk Stuttgart stehen 1231 angehende Akademiker auf der Warteliste.

Stuttgart - Martin Zell ist verzweifelt. Ende September beginnt sein Studiengang Audiovisuelle Medien an der Hochschule der Medien in Vaihingen. Doch der Studienanfänger findet keine Wohnung. „Die Studentenwohnheime sind voll und die Wartelisten lang“, sagt der 23-Jährige. An 50 private Vermieter habe er außerdem geschrieben, nur fünf hätten sich zurückgemeldet. Vorübergehend ist er von Biberach nach Neckartenzlingen zu einer befreundeten Familie gezogen – keine Lösung auf Dauer. Dabei hat er die Hoffnung längst aufgegeben, eine Wohnung in der Nähe seiner Uni zu finden. „Aber sogar in Schorndorf finde ich nichts. Mir gehen die Ideen aus“, sagt er.

Martin Zell ist kein Einzelfall. Denn entgegen der Erwartung, dass der Ansturm der Studenten im vergangenen Jahr wegen des doppelten Abiturjahrgangs eine Ausnahme war, ist der Andrang in diesem Jahr so hoch wie nie zuvor. An der Universität Stuttgart gingen 18 800 schriftliche Bewerbungen ein, im Vorjahr waren es 16 900. Damit ist die Zahl der Bewerbungen nochmals um elf Prozent gestiegen. Für die nicht zulassungsbeschränkten Studienfächer können sich bis zum Oktober noch weitere Abiturienten bewerben. An der Universität Hohenheim kommen in diesem Jahr 14 000 Bewerber auf 2300 Studienplätze. Das sind rund 1500 Bewerbungen mehr als im Wintersemester 2012. Nur wenig günstiger ist das Verhältnis bei den 800 Master-Studienplätzen, an denen 4000 zukünftige Studenten Interesse zeigten. Auch an der Hochschule der Medien ist der Ansturm groß: 7246 junge Menschen wollen zum Wintersemester einen der 759 Studienplätze ergattern. Bei der Hochschule für Technik haben sich auf 726 Plätze 7536 angehende Studenten beworben.

Den großen Ansturm auf die Universitäten bekommen vor allem die Studentenwerke in Stuttgart und Hohenheim zu spüren. Denn hat man einen der begehrten Studienplätze ergattert, folgt schon das nächste Problem: Wie will man in Stuttgart eine bezahlbare Unterkunft finden?

Studentenwerk zeigt sich zuversichtlich

31 Wohnheime zählt Alexandra Bittmann vom Studentenwerk Stuttgart auf. Nummer 32 wird in den kommenden Wochen in der Heilmannstraße beim Neckartor eröffnet und 200 Bewohnern Platz bieten. Von ursprünglich 4468 Bewerbern stehen jedoch noch 1231 auf der Warteliste. „Wir sind zuversichtlich und die Erfahrung zeigt, dass bis zum Ende des Wintersemesters alle untergebracht sein werden“, sagt Bittmann. Zum Beispiel durch die neue Kooperation mit dem Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein. „Wir bitten unsere Mitglieder zu prüfen, ob sie nicht Wohnräume zur Vermietung an Studenten haben“, sagt Haus-und-Grund-Geschäftsführer Ulrich Wecker. Vermieter können sich vom Verein beraten lassen. „Wir haben bereits einige Anfragen für Beratungen erhalten“, sagt Wecker. Schließlich sei es meist lukrativer, eine Wohnung an eine Wohngemeinschaft als an einen Einzelmieter abzugeben. Eine Kooperation ging das Studentenwerk Tübingen-Hohenheim bei dem Projekt „Wohnen mit Hilfe“ ein. Die Idee dahinter ist, dass ältere Menschen an Studenten vermieten und von ihnen Hilfe im Haushalt oder Garten bekommen. „Wir haben viele Anfragen von Studenten, aber leider nur wenig von älteren Menschen“, sagt Harald Habich von der Fachstelle Kurzzeitpflege.

Das Studentenwerk Tübingen-Hohenheim schaltete bereits Annoncen in Zeitungen, um die 800 Studenten zu vermitteln, die bisher noch keine Wohnung haben. 444 freie Zimmer gab es im Wintersemester für 1427 Bewerber. „Bis zum Studienbeginn wird sich das noch ändern, schließlich bewerben sich viele an mehreren Unis“, sagt Nicole Hoppe, Sprecherin des Studentenwerks. Darauf hofft auch Martin Zell. „Ich werde wohl bei meinen Bekannten bleiben, bis ich in einem Wohnheim angenommen werde.“