Weite Teile Süd- und Südostasiens erleben Extremtemperaturen ungekannten Ausmaßes. Schulen werden geschlossen, Homeoffice wird wiedereingeführt. Viele Menschen fürchten um ihre Gesundheit.
Kate Mallo geht nur noch raus, wenn es unbedingt sein muss. „Ich hab‘ immer Kopfschmerztabletten und eine kleine Flasche Wasser dabei“, sagt die 29-jährige Büroangestellte. Auf dem Weg zur Arbeit, für den sie die Bahn von Manila nehmen muss, ist ihr bange. „Die Klimaanlage in den Zügen spürt man gar nicht mehr, weil die Abteile vor Pendlern vollgequetscht sind.“ Denn diese Tage meiden alle, die irgendwie können, die Sonne. „Sie macht schwindelig“, sagt Mallo. „So eine Hitze habe ich noch nie erlebt.“
In Manila sind Ende April mehr als 38 Grad Celsius gemessen worden, angesichts der vorherrschenden Schwüle ergibt dies eine gefühlte Temperatur von um die 55 Grad. Die philippinische Hauptstadt ist damit einer von mehreren Orten in Süd- und Südostasien, die historische Temperaturen erleben: In Teilen von Bangladesch wurden mehr als 43 Grad Celsius gemessen, ebenso in China und Laos. In Vietnam ist es einen Tick heißer, in Thailand, Indien und Myanmar gar 46 Grad. Gefühlte Temperaturen sind noch höher.
Schulen auf den Philippinen schließen
Inmitten der aktuellen Notlage hat die Regierung der Philippinen mit der Schließung von Schulen reagiert, um Schülerinnen und Schülern den Weg durch die Hitze zu ersparen, den viele Büroangestellte wie Kate Mallo weiterhin ertragen müssen. „Wir haben schon Berichte von Bluthochdruck, Schwindel und Zusammenbrüchen von Schülern und Lehrkräften“, erklärte Benjo Basas, Vorsitzender der Lehrervereinigung Teachers‘ Dignity Coalition, diese Tage über den Radiosender DWPM.
Auch in anderen Ländern ist die Schule ausgefallen. Gegenüber Reuters erklärte eine Schülerin aus Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, dass sich im Unterricht sowieso niemand konzentrieren könne – man sorge sich um sein Leben. Auch im Nachbarland Indien bleiben Schülerinnen und Schüler diese Tage zuhause. Dass die Hitze Lernfortschritte nahezu unmöglich macht, ist im Moment nicht die größte Sorge.
Menschen sorgen sich um die Folgen des Klimawandels
Vielmehr sorgen sich die Menschen um die Folgen des Klimawandels. Während es in westlichen Ländern, wo die Temperaturen meist noch gemäßigter sind, bis heute nicht wenige Menschen gibt, die den menschengemachten Klimawandel anzweifeln, ist von solchen Stimmen etwa auf den Philippinen kaum etwas zu hören. Das Land hat zwar ein niedrigeres Bildungsniveau als Länder der EU oder Nordamerikas, gehört aber zu den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Ländern weltweit.
Im Februar zeigte eine Umfrage des Instituts Social Weather Stations, dass 88 Prozent der Bewohner auf den Philippinen angeben, der Klimawandel habe gefährliche Auswirkungen auf ihre physische Gesundheit. 81 Prozent empfinden demnach auch Risiken für ihre mentale Gesundheit. Und der Optimismus, dass sich Gesellschaften und deren Regierungen künftig so organisieren, dass die Auswirkungen abgeschwächt werden, nimmt ab. Bei internationalen Klimaverhandlungen zählen die Philippinen seit Jahren zu jenen Staaten, die sich für mehr Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels sowie zur Anpassung an diesen einsetzen. Insbesondere wird gefordert, dass die Industrieländer mehr Kosten hierfür übernehmen. Dabei zeigen zahlreiche Analysen, dass die bisher eingesetzten Mittel nicht annähernd ausreichen.
Büroangestellte dürfen im Homeoffice arbeiten
Vera Rodrigues, eine Anwältin aus der nordphilippinischen Stadt Dagupan, macht das alles große Sorgen. „Der Klimawandel macht das Leben unberechenbar“, sagt die 33-jährige, die ihren richtigen Nachnamen wegen ihres Berufs nicht in der Zeitung lesen will. „Wenn ich an diesen Tagen vor die Tür gehe, brennt die Sonne auf der Haut, es tut richtig weh.“ Die Kanzlei, in der sie arbeitet, hat eine Homeofficeregelung wiedereingeführt, die es schon zu Pandemiezeiten gab. „Dadurch muss ich jetzt nur für Einkäufe vor die Tür“, sagt Rodrigues.
Aber das könne nur eine vorübergehende Notlösung sein. „Viele Aufgaben in meinem Job kann ich jetzt gar nicht erledigen.“ Produktivitätseinbußen erleiden diese Tage viele Sektoren, nicht nur auf den Philippinen. Dort wollen viele Menschen die Fenster gar nicht mehr öffnen. „Es wird sofort unglaublich heiß in meiner Wohnung“, sagt sinngemäß nicht nur Vera Rodrigues aus Dagupan, sondern auch Kate Mallo aus Manila.
Bis Mitte Mai soll es so heiß bleiben
„Wer eine Klimaanlage hat, kann sich das erlauben, sodass die Wohnung nicht gleich zu einer Sauna wird“, räumt Vera Rodrigues ein. „Aber das treibt die dann Stromrechnung in die Höhe, denn die Klimaanlage muss die Temperatur dann ja noch stärker herunterkühlen.“ Die Regierung hat hiervor schon gewarnt – nicht nur, weil die Kosten für Haushalte ansteigen, sondern auch, weil es zu einer Überlastung des Stromnetzes und letztlich Stromausfällen führen könnte.
Wer in den Philippinen keine Klimaanlage benutzt, hat dieses Problem nicht – dafür aber jenes der quälenden Hitze. Und das könnte nach einigen Vorhersagen noch bis Mitte Mai anhalten.