Mehrere Hundert Menschen haben sich am Samstagabend auf dem Kappelberg bei Heiligenzell zum Scheibenschlagen getroffen. Thomas Manach, Abteilungskommandant der Heiligenzeller Feuerwehr, spricht von einem neuen Rekord für diese Tradition.
Die Funken stieben in den Himmel, glühende Holzscheiben sausen in einer weiten Flugbahn hinab ins Tal. Vereinzelt bleiben sie an den Bäumen hängen oder verschwinden im Dickicht des angrenzenden Wäldleins. Wie viele Hundert Menschen genau zum Scheibenschlagen auf den Kappelberg bei Heiligenzell gekommen sind, bleibt ein Rätsel. Dass es so viele Menschen waren wie noch nie in der Geschichte des Scheibenschlagens, stellte Abteilungskommandant Thomas Manach fest.
Symbolisch „Licht ins Dunkle bringen“
In Worte fasste Diakon und Feuerwehrseelsorger Thomas Schneeberger die Sehnsucht der Menschen, die sie mit dem Besuch des Scheibenschlagens verbinden: „Endlich wieder der Dunkelheit etwas entgegensetzen. Endlich wieder Licht ins Dunkel bringen und endlich wieder ein Zeichen der Solidarität setzen.“ Glühende Holzscheiben erhellten kurz die Dunkelheit der Nacht. Verbunden wurde deren Flug mit guten Wünschen für all jene, die sich um das Wohl von Einzelnen oder der Gemeinschaft bemühen. Die Scheibe dürfe im übertragenen Sinne für den Funkenflug des Menschen stehen, den dieser entfache, wenn er mit seinem Handeln Licht ins Leben anderer bringe, betonte Schneeberger. Funken sprühten, wenn Männer und Frauen Schwung holten, alle ihre Kräfte bündelten und Licht werfen. Vereine stifteten Gemeinschaft im Dorf, Nachbarn unterstützten sich gegenseitig und die Rettungsdienste stünden an der Seite der Menschen. Ihnen allen gebührten glühende Scheiben.
Am Samstagabend gehen 1000 ehemalige Tannenbäume im Licht des Feuers auf. Neun mal vier Meter misst das riesige von Stroh umwickelte Holzkreuz . Mystisch wirkt der lange Fackelzug, der sich den Kappelberg hinauf zieht. Der Musikverein Heiligenzell führt den Tross an und spielt unterwegs Choräle. Oben angekommen, spricht Diakon Schneeberger zur Menschenmasse. Sinnbildlich stehe das Scheibenschlagen für das Licht und Feuer, das Härte und Kälte in den Menschen und der Gesellschaft zum Schmelzen bringe. Letztlich gehe es um ein Feuerfangen für ein friedliches Zusammenleben vor Ort und weit darüber hinaus.
Sprühende Funken tanzen in den Nachthimmel hinein und das leise Prasseln des Feuers legt sich beruhigend auf die Seele der Menschen. Den Scheiben, die den Berg hinab fliegen, folgen Wünsche auf eine gute Zukunft.
Auch Bürgermeister und Ortsvorsteherin dabei
Paul Manach verlas die Gedanken der Vereine und Einrichtungen. Die erste Scheibe gebührte Diakon Thomas Schneeberger auf die Dreifaltigkeit. Auf ihn folgten Bürgermeister Erik Weide sowie Ortsvorsteherin Brigitta Schrempp. Nachdem die offiziellen Scheiben verglüht im Tal lagen, waren auch die Gäste zum Schießen von eigenen Scheiben eingeladen. Im Anschluss ging es hinunter ins Tal zum Feuerwehrgerätehaus. Tradition hat bei der Feuerwehr nicht nur das Scheibenschlagen, sondern auch die zünftige Gulaschsuppe.
Ein erstes Scheibenschlagen organisierten im Jahr 1954 junge Heiligenzeller Burschen am Waldrand im Gewann Gänsburg. Seit 1974 organisiert die Feuerwehr Abteilung Heiligenzell das Scheibenschlagen auf dem Kappelberg.