Da halten die Zuschauer den Atem an: Nach dem Sturz liegt Andreas Ostholt unter seinem Pferd Pennsylvania. Foto: Lück

Michael Jung wegen 34 Hundertstel auf Platz zwei bei German Masters in Stuttgart.

Was für ein dramatischer Indoor-Wettbewerb bei den German Masters in Stuttgart: Nach zwei Schock-Stürzen ging Michael Jung nicht ins extreme Risiko und musste sich mit nur 34 Hundertstelsekunden geschlagen geben.

In der Eingangshalle der Schleyer-Halle hängen die Sieger der einzelnen Disziplinen. Unter Indoor ist siebenmal Michael Jung aufgelistet. Zwischen 2007 und 2010 sogar viermal hintereinander. Im letzten Jahr verhinderte Sidney Dufresne mit genau drei Hundertstelsekunden, dass unser "Gold-Michi" nach 2013 und 2014 den Hattrick schafft.

Am Mittwochabend auf fischerRocana dann wieder so knapp. Olympia-Gold und Silber in Rio – draußen. Den Grand-Slam in Vielseitigkeit – alles Open-Air geritten. Gibt es einen "Hallen-Fluch"?

24 Reiter waren am Mittwochabend am Start auf dem 680 Meter langen Parcours mit 22 Hindernissen. Olympiasieger wie Karim Florent-Laghouag oder sein Mannschaftskollege Peter Thomsen. Und Michael Jung mit fischerRocana. Doch der – im Vergleich zu diesem Feld – Nobody Nicolas Wettstein legte als dritter Starter mit einem furiosen Ritt auf Onzieme Framoni eine Fabel-Zeit hin: 87,79 Sekunden. Ein Mann ohne Nerven. Denn vor ihm gab es den ersten Schock-Sturz: der Italiener Pietro Grandis geht mit "Down to the wire" ordentlich in den Parcours. Doch vor dem zweiten Hindernis – eine feststehende "Mauer" aus Holz – verweigert das Pferd. Der Reiter stürzt und bleibt regungslos hinter dem Hindernis liegen. Die Schleyer-Halle – atemlos. Dann steht Grandis verdattert auf und wird gleich in den Rettungswagen geführt. Aus dem Krankenhaus heißt es später: "Alles so weit in Ordnung – er ist unter Beobachtung."

14 Reiter später, direkt vor Michael Jung, stockt den Zuschauern zum zweiten Mal der Atem. Andreas Ostholt bleibt mit Pennsylvania vor dem blau-weißen Hindernis stecken und wird unter dem Pferd begraben! Doch er hat mehr Glück: Unverletzt steht Ostholt wieder auf.

15 Reiter später ist Jung am Start. Er geht sicher und schnell durch den Parcours auf fischerRocana. Doch als er durch das Ziel geht, stoppt die Uhr bei 88,13 Sekunden. Nur 34 Hundertstelsekunden – Platz zwei.

Die Schock-Stürze. Haben sie Michi Jung doch ein bisschen innehalten lassen? "Ja", sagt sein Vater Joachim Jung: "Es hat zwei böse Stürze gegeben. Das heißt für Michael, dass er immer darum bemüht ist, unseren Sport positiv darzustellen. Dazu gehört es auch, nicht um jeden Preis zu siegen. Er hat den Parcours so geritten, dass es für ihn und das Pferd ein wirklich kalkulierbares Risiko bleibt, denn die Sicherheit steht an erster Stelle. Es war natürlich der Anspruch von Michi, in Stuttgart zu gewinnen – aber nicht um jeden Preis." Schon vor dem ersten Hindernis hatte Michael Jung die sichere Variante genommen, und auch vor dem letzten Oxer. Sein Vater Joachim: "Das ist der letzte abwerfbare Sprung gewesen. Da wollte Michi auf Nummer sicher gehen."