Bergstation: In zehn Seilbahn-Minuten auf den 2366 Meter Tahceli-Gipfel. Foto: imago images//oshket

Die türkische Ferienregion Antalya blickt auf eine unerwartet gute Touristik-Saison zurück. In den nächsten Jahren rechnet die Reisebranche hier mit neuen Besucherrekorden.

Der Aufstieg hat’s in sich. Viele Felsblöcke, als Stufen in den Hang zu den Feuern vom Olympos (auch Lycian Olympus, türkisch: Tahtalı Dağı) gelegt, sind ziemlich hoch. Knapp einen Euro kostet es, den halbstündigen Aufstieg zu wagen, der mit ein paar kurzen Pausen aber auch für Unsportliche zu schaffen ist.

 

Dreiköpfige Chimäre vom Helden Bellerophontes besiegt

Der türkische Name für das Feuerfeld Yanartas heißt übersetzt „brennender Stein“. Unter Reisenden ist der Name Chimaira bekannter. Er führe auf eine mythologische Sage zurück, nach der die Flammen die letzten Überreste eines großen Kampfes sind, erklärt Wanderführerin Sunay Ethemoglu.

Hier soll die dreiköpfige Chimäre, die die Region terrorisiert, vom Helden Bellerophontes auf seinem geflügelten Pferd Pegasus besiegt worden sein. Eine Gegend wie gemacht für Geheimnisse: Noch immer schlagen aus den Felsen des Berghangs an mehreren Stellen je nach Windrichtung kleine Flammen – die ewigen Feuer der Feuer speienden Chimaira.

2022 ist ein gutes Jahr für den Tourismus

Der steile Aufstieg steht sinnbildlich für die diesjährige Tourismussaison. „2022 übertrifft alle unsere Erwartungen“, sagt Erkan Yagci, Vorstand der halbstaatlichen Tourismusagentur für Förderung und Entwicklung. Der Coronarückschlag ist überwunden. Dieses Jahr kommen fast wieder so viele Besucher wie 2019 in die Urlaubsregion Antalya.

Damals waren es rund 15,5 Millionen, die für einen Umsatz von 52 Milliarden Euro sorgten. Zwar werde die Zielvorgabe von 20 Millionen im Jahr 2023 allein für den rund 600 Kilometer langen Küstenbereich zwischen Kas und Alanya, die vor Corona festgelegt wurde, wohl um zwei, drei Jahre verschoben werden müssen; aber das Ziel selbst (75 Millionen Touristen für die Gesamttürkei) ist nicht aus den Augen verloren. Hotelbau an der Riviera brauche man dafür nicht: „Es sind keine Neubauten geplant“, sagt Yagci.

„Diesen Winter erwarten wir mehr Touristen als in den Vorjahren“, sagt Cem Polatoglu, der Sprecher des Reiseunternehmerverbandes Tur Operatörleri Platformu. Während der Pandemie konnten die Menschen lange keinen Urlaub machen, nun sei es ohne Reisebeschränkungen so, „als hätten sie sich von Ketten gelöst“.

Mehr Reservierungen im Winter aufgrund hoher Energiekosten

Auch die hohen Energiekosten in Europa könnten zu einer Zunahme von Reservierungen in der Winterzeit führen – speziell von günstigen Unterkünften. „Es ist positiv für den Tourismussektor, dass europäische Touristen – insbesondere Rentner aus Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien – wegen der gestiegenen Gaspreise lange Winterurlaube in der Türkei bevorzugen“, sagt Ali Onaran, Chef des Reiseveranstalters Prontotour.

Dazu komme die schwache türkische Lira. Alles in allem sei ein All-inclusive-Urlaub im Fünf-Sterne-Hotel günstiger, als die Zeit zu Hause zu verbringen, glaubt der Verbandssprecher. „Und das mit viel mehr Komfort.“ Wer hätte das gedacht, als der Tourismus an der türkischen Riviera Mitte der 1970er Jahre mithilfe der Weltbank vorsichtig aus der Taufe gehoben und in Camyuva das erste Hotel gebaut wurde? Als ab 1984 mit staatlichen Fördermitteln unterstützte ausländische Investoren rund 20 Ferienanlagen bauten und damit fast 250 000 Urlauber anlockten?

Yeliz Gül Ege wurde in dieser Zeit geboren. Die 44-jährige Präsidentin der Antalya-Stiftung für Tourismusförderung erinnert sich, als Kemer 6000 Einwohner zählte: „Damals gab es nur eine Schotterstraße. Oft mussten Passagiere aussteigen, weil der Bus ein paarmal zurücksetzen musste, um eine Kurve zu kriegen.“

Kemer wächst unaufhaltsam

Ein halbes Jahrhundert später leben in Kemer 50 000 Menschen. Am Ende dieses Jahres werden vier Millionen Deutsche in die Region um Antalya gereist sein – mehr als doppelt so viel wie im Coronajahr 2021 und weiter vor den Russen die stärkste ausländische Gruppe. Gül Ege kennt das Antalya von 1980 noch als Küstenstädtchen mit 35 000 Einwohnern. Heute ist die Zweieinhalb-Millionen-Stadt die am stärksten wachsende Stadt in der Türkei.

Ein billiges Urlaubsziel also? „Nein, nein, nein“, sagt Yagci. Der Erfolg liege in der weiterwachsenden Qualität des Angebots. Und die habe ihren Preis. Nicht nur, dass Turkish Airlines im Rahmen der World Airline Awards zur besten Fluggesellschaft in Europa gewählt wurde: Mittlerweile gebe es unter den etwa 1000 Hotels 425 Fünf-Sterne-Häuser.

Olimpos-Beydağları-Milli-Nationalpark

„Wir sind guten Mutes, dass es jetzt wieder richtig losgeht“, sagt Ahmet Sahin, der Chef der Agentur Project. Hinzu kämen zahlreiche internationale Kongresse im Herbst und Winter, die die luxuriösen Hotels in Antalya auch in der Nebensaison auslasten würden.

In Tekirowa, etwa 20 Kilometer westlich von Kemer, braucht die Olympos-Seilbahn knapp zehn Minuten, um ihre Fahrgäste von 726 auf 2365 Höhenmeter auf den Tahceli, den höchsten Berg im Olimpos-Beydağları-Milli-Nationalpark, zu bringen. Hier geht der Blick weit über die Küste. Hoch hinaus und weit nach vorn – wie es sich die Touristiker in der Türkei erhoffen.

Info: Türkei

Anreise
Ab Stuttgart u. a. mit Anadolujet, das unter dem Markenauftritt von Turkish Airlines Billigflüge nach Antalya anbietet, www.anadolujet.com

Unterkunft
Kemer: Hotel maxxroyal, luxuriöse Anlage in einem früheren Naturpark mit All-inclusive-Angebot à la carte, DZ ab 1000 Euro, www.maxxroyal.com. Antalya: Vier-Serne-Hotel Ruin Adalia mitten in der Altstadt mit großen unterirdischen Ausgrabungen, DZ ab 100 Euro, www.ruinadalia.com.tr. Belek: Hotel The Dome, Ferienresort in seldschukischem Stil neben dem Antalya Golf Club, DZ ab 230 Euro, www.kempinski.com.

Aktivitäten
Olympos Teleferik, Luftseilbahn seit 2006 auf den 2365 Meter hohen Olympos-Gipfel (Tahtalı Dağı oder Lycian Olympus), Preis für Erwachsene: 15 Euro, www.olymposteleferik.com/de/seilbahn.

Buchtipp
Marie Luise Kaschnitz: Griechische Mythen (dichterische Nacherzählung), Insel-Verlag, 19,95 Euro.