Die Freien Wähler wachen kritisch über die Tätigkeit der Regionalversammlung: Ex-Fraktionschef Heinz Kälberer (li.) scheidet nun aus, Verkehrsexperte Bernhard Maier (re.) macht weiter Foto: Leif Piechowski

Für Platzhirsch CDU ist die Sache klar: Mit einem Sitz mehr als bisher – nämlich 30 – braucht er in der nur noch 87 Sitze zählenden Regionalversammlung weniger Koalitionäre als bisher, um seine Vorstellungen zu verwirklichen. Hinter der CDU ist in der Farbenlehre des Gremiums einiges in Bewegung geraten.

Stuttgart - Die neue Berechnungsmethode der Ausgleichsmandate hat gewirkt wie vorhergesagt: Die kleineren Parteien sind verstärkt zum Zug gekommen, bei den größeren gab es Verschiebungen. Ein prominentes Opfer in der Regionalversammlung ist der Grünen-Verkehrsexperte Mark Breitenbücher aus Stuttgart, der von Listenplatz sechs aus den erneuten Einzug verfehlte, obwohl der Stimmenanteil der Grünen von 25,4 auf 26,9 Prozent sogar anstieg. Vor fünf Jahren hatten es noch sechs Regionalpolitiker aus der Landeshauptstadt ins Gremium geschafft.

„Das ist ein absoluter Verlust für uns“, sagt Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko, „er hatte sich so gut eingearbeitet.“ Von Breitenbücher sei etwa die Idee der regionalen Schnellbusse gekommen, die nun in die Tat umgesetzt wird. Mit VVS-Aufsichtsrätin Eva Mannhardt und Vorstandsmitglied André Reichel habe man aber genug Verkehrswissen, um in dem wichtigen Fachausschuss ein gewichtiges Wort mitreden zu können.

Eben das ist der Anspruch der Grünen, die mit 15 Sitzen zwar genauso viele wie die SPD haben, in der gesamten Region aber 89 Stimmen mehr errangen. „Wir sind jetzt die zweitstärkste Kraft“, sagt Grischtschenko, entsprechende Forderungen wolle man stellen, wenn im Ältestenrat die Stellvertreterposten von Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) vergeben oder die Reihenfolge der Redebeiträge geregelt werden. Ebenso erfreut wie über das eigene Abschneiden ist Grischtschenko über dasjenige der CDU, deren Stimmenanteil von 30,9 auf 35 Prozent angestiegen ist: „Es ist wichtig, dass jene, die die Region voranbringen wollen, auch gestärkt worden sind.“

Dazu könnte man die Sozialdemokraten zählen, die zum vierten Mal in Folge seit Gründung des Verbands Region Stuttgart 1994 weniger Stimmen sammelten: Am Sonntag waren es noch 17,1 Prozent. Fraktionschef Harald Raß zeigte sich ziemlich enttäuscht, wollte die SPD doch eigentlich drei Sitze gewinnen und nicht zwei verlieren. Am Montag war Raß nicht zu erreichen.

„Mit einem blauen Auge davongekommen“ wähnte sich am Tag nach der Wahl der Fraktionschef der Freien Wähler und OB von Waiblingen, Andreas Hesky. „Wir wollten drittstärkste Kraft bleiben“, sagte Hesky, stattdessen sind die Freien nun Vierter hinter CDU, Grünen und SPD. Als Gründe nennt der 50-Jährige, dass in der Regionalversammlung immer mehr Parteipolitik im Vordergrund stehe und nicht Themen. Außerdem benachteilige die Listenwahl seine Wählervereinigung, die von starken Persönlichkeiten lebe, die direkt gewählt werden sollten. „Bei den Kommunalwahlen werden wir besser abschneiden“, sagte Hesky voraus. Anders als Grischtschenko sieht er den neuen Auswählungsmodus kritisch: „Da sind mehrere kleinere Gruppierungen womöglich wesentlich stärker vertreten, als es der Wähler wirklich gewollt hat.“

Mit der FDP hat auch die zweite dem Verband gegenüber eher kritisch eingestellte Fraktion neben den Freien Wählern Federn gelassen – sie verlor die Hälfte ihrer acht Mandate. Nicht mehr dabei sind der Sindelfinger Regionsskeptiker Andreas Knapp oder der Landtagsabgeordnete und Verkehrsexperte Jochen Haußmann aus Kernen.

Die Linke dagegen hat mit vier Sitzen erstmals Fraktionsstärke erreicht. Der designierte Fraktionschef Christoph Ozasek, der in seinen Redebeiträgen gerne mal zur großen Systemkritik ansetzt, sieht die Regionalpolitik der Linken bestätigt: „Wir sind eine umbequeme politische Kraft“, sagt Ozasek, „dafür werden wir gewählt, und wir gehen gestärkt in die nächste Amtszeit.“ Die man als Fraktion mit Anrecht auf eine Geschäftsstelle mit Teilzeitkraft effizienter angehen könne. Außerdem drängt es den 28-Jährigen in den Ältestenrat, den er als Blackbox bezeichnet, in der viel vorab geregelt werde, das dann öffentlich nicht mehr diskutiert werde.

Mit ÖDP-Einzelrat Karl-Heinz Bok und Pirat Ingo Mörl wolle man darüber reden, ob eine Zählgemeinschaft infrage komme, um gemeinsam noch stärker zu werden.

Die drei Regionalräte der Alternative für Deutschland (AfD), die erstmals ins Gremium einzieht, wollen sich alleine durchschlagen. Zumindest, wenn es nach dem Stuttgarter Burghard Korneffel geht. „Wir wollen lieber als Dreiergruppe aktiv unsere Sachthemen darstellen, als uns für andere zu verändern“, sagt Korneffel. Zu den AfD-Themen gehören Änderungen der Stuttgart-21-Pläne zugunsten der S-Bahn, die Einschränkung der Windkraft im Ballungsraum sowie eine Planung von Baugebieten und Versorgungseinrichtungen im Sinne der Bürger. Eine Zählgemeinschaft mit dem einzig verbliebenen Republikaner-Regionalrat Ulrich Deuschle, die der Notzinger schon vor der Wahl ins Spiel gebracht hatte, kann Korneffel folglich „ganz klar ausschließen“.