Landesverkehrsminister Winfried Hermann setzt auf die Schiene. Allerdings wird nun das Geld knapp. Foto: Lichtgut//Leif-Hendrik Piechowski

Landesverkehrsminister Winfried Hermann hat das Angebot auf der Schiene im Land massiv ausgebaut. Nun wird das Geld knapp, bereits 2026 könnten die ersten Verbindungen gestrichen werden. Scharfe Kritik am Minister kommt von der SPD.

Droht beim Nahverkehr auf der Schiene ein Kahlschlag? Das Verkehrsministerium von Winfried Hermann (Grüne) jedenfalls schließt nicht aus, dass das derzeitige Angebot in absehbarer Zeit nicht mehr zu finanzieren ist – und sieht den Bund in der Pflicht. Sollte Berlin nicht mehr Geld für den Regionalverkehr auf der Schiene in den Südwesten überweisen, „sind durchaus relevante Abbestellungen im gesamten Land ab dem Fahrplanjahr 2026 nicht ausgeschlossen“, heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion, die unserer Zeitung vorliegt. Das Fahrplanjahr 2026 beginnt im Dezember 2025 – just also zu dem Zeitpunkt, zu dem sich Hermann bisher durch die anvisierte Inbetriebnahme von Stuttgart 21 einen Zuwachs an Regionalverkehr versprochen hatte.

 

SPD sieht einstürzendes Kartenhaus

Jan-Peter Röderer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD im Landtag, sieht die Verantwortung beim Minister. „So langsam fällt das Kartenhaus der Zugbestellungen von Verkehrsminister Hermann in sich zusammen. Vor einigen Wochen kündigte er bereits Fahrplananpassungen an, heute nun droht er mit Zugabbestellungen ab 2026“, sagt Röderer. Er kritisiert, dass Hermann „wie üblich die Verantwortung auf den Bund abschiebt, obwohl der ja schon die Regionalisierungsmittel erhöht und die jährliche Dynamisierung fast verdoppelt hat“.

Seit 1996 sind die Länder für die Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs zuständig. Dafür überweist der Bund Geld an die Länder, die sogenannten Regionalisierungsmittel. Erhielt der Südwesten im Jahr 2016 noch 850,7 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt, sind es 2023 bereits 1,25 Milliarden Euro. In diesem Jahr stehen dem Ausgaben im Land für den Schienenverkehr von 1,19 Milliarden Euro zu Buche. Damit bekommt Baden-Württemberg mehr Regionalisierungsmittel, als es wieder ausgibt. Das war auch in den zurückliegenden Jahren so. Per Ende 2022 hatte das Land auf diese Weise einen Betrag von rund 446 Millionen Euro angehäuft.

Ruf nach mehr Geld aus Berlin

In einer Prognose aus dem Oktober 2021 war das Verkehrsministerium davon ausgegangen, dass diese sogenannten Ausgabereste bis zum Jahr 2028 wieder aufgezehrt seien. Nun stellt Hermanns Haus allerdings fest, dass die bisherigen Überschüsse durch die Kostensteigerungen im Verkehrsbereich schneller abschmelzen – mit direkten Auswirkungen auf die Fahrpläne. „Ohne eine entsprechende Erhöhung der Regionalisierungsmittel wird das Verkehrsangebot zukünftig wieder reduziert werden müssen, da im Moment angesichts der erheblichen Kostensteigerungen bereits die verfügbaren Reste verplant wurden“.

Abkehr von der bisherigen Strategie

Ministerialdirektor Berthold Frieß, der in Vertretung des Minister die SPD-Fragen beantwortet hat, stellt zudem eine Abkehr vom bisherigen Ausbau des Angebots auf der Schiene in Aussicht. „Bei zukünftigen Fahrplankonzepten, die bislang auf einen Ausbau der Leistungen ausgelegt sind, wird vermehrt darauf geachtet, dass stabile Fahrplankonzepte entwickelt werden“.

SPD-Verkehrsexperte Jan-Peter Röderer will Hermann unterdessen mit dem bloßen Ruf nach mehr Geld aus Berlin nicht durchkommen lassen. „Man fragt sich, wo ist eigentlich die finanzielle Verantwortung des Landes für den Öffentlichen Personennahverkehr und die Verkehrswende?“