Die Sanierung der Bestandstunnel auf der Strecke der Hesse-Bahn geht voran. Foto: avmediafactory, Gert Tetzner

Hermann-Hesse-Bahn, Express-S-Bahn, Metropolexpress – der Verwaltungs-, Wirtschafts- und Verkehrsausschuss (VWV) des Regionalverbands Nordschwarzwald wollte es einmal genau wissen, wie der aktuelle Sachstand dazu ist. Und ließ sich dazu vom Kreis Calw ausführlich aufklären.

Nordschwarzwald - Michael Stierle, Abteilungsleiter S-Bahn und ÖPNV im Calwer Landratsamt, war dafür ins Gremium gekommen. Und hatte zur VWV-Sitzung im großen Saal des Altensteiger Rathauses seinen Chef, Calws Landrat Helmut Riegger, gleich mitgebracht. Letzterer nutzte die Gelegenheit gleich, um beim Regionalverband für mehr Engagement und auch Härte gegenüber dessen Gegenüber, der Region Stuttgart, zu werben – denn von dort komme der eigentliche Widerstand gegen jede Entwicklung der Nachbarregionen, wie dem Nordschwarzwald.

Region Stuttgart schießt täglich gegen Hesse-Bahn

Er plädiere daher "für einen starken Regionalverband", für einen "Zusammenhalt der Region" auch über Kreisgrenzen hinweg. "Wir erleben täglich, wie die Region Stuttgart gegen dieses Projekt schießt". Gemeint war damit vor allem die Hermann-Hesse-Bahn, deren künftige Trasse im Moment etwa von der vom VVS (Verkehrsverbund Stuttgart; getragen unter anderem vom Verband Region Stuttgart) eingesetzten S62/S6 "in der kompletten Hauptverkehrszeit" ab Weil der Stadt bis Stuttgart-Hauptbahnhof "blockiert" werde, wie ÖPNV-Experte Stierle zuvor erläutert hatte.

Sich von Widerständen nicht aufhalten lassen

Und nicht nur das: Der Widerstand aus der "Metropolregion Stuttgart" betreffe neben der Entwicklung der Infrastruktur im angrenzenden, vor allem ländlichen Raum auch zum Beispiel den Bereich Wirtschaftsförderung, so Landrat Riegger. Die Region Stuttgart werte alles als zu bekämpfende "Konkurrenz", was angrenzende Regionen voranbringen könnte. Weshalb Riegger die Vertreter des Regionalverbands Nordschwarzwald aufforderte, "sich nicht aufhalten zu lassen" von diesen Widerständen, sondern weiter "die Chancen des ländlichen Raums zu nutzen und zu entwickeln".

Verkehrsministerium als mächtiger Verbündeter

Wobei der Landkreis Calw in seinem Bemühen, die Anbindung der Region an Stuttgart trotz aller künstlichen Hürden von dort konsequent auszubauen, einen "mächtigen Verbündeten" habe – das Verkehrsministerium des Landes, das den Ausbau des ÖPNV im gesamten Land auf seine politische Agenda gesetzt habe und hinter dem Aufbau zum Beispiel der Hermann-Hesse-Bahn stehe – das im Moment das einzige Projekt dieser Art im Land sei, das auf diese Weise "historische Bahnstrecken" zu reaktivieren versuche. Beleg dafür sei, so Michael Stierle in seinem Bericht, dass das Land bereits drei Fahrzeuge für die HH-Bahn bestellt habe und auch für den "Grundbetrieb" langfristig 60 bis 70 Prozent der Kosten übernehmen werde. Ohne diesen "mächtigen Unterstützer", so Landrat Riegger ergänzend, also die Hilfe des Verkehrsministeriums, wäre diese Projekt nicht möglich gewesen.

"Wir lassen uns nicht aufhalten"

"Wir lassen uns nicht aufhalten", so der Schlagruf des Calwer Landrats. "Wir werden an dem Thema dranbleiben, wir werden das Projekt realisieren." Was Verbandsvorsitzender Klaus Mack als Sitzungsleiter im VWV, der ja auch Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Calw-Freudenstadt ist, mit den Worten kommentierte: "Einfach kann ja auch jeder!" Statement dazu aus den Reihen der VWV-Vertreter eines "regelmäßigen S6- und S62-Nutzers": Auf dieser Strecke nach Stuttgart "herrscht ständig das reinste Chaos", weil Züge nicht führen oder wenn die führen, nicht pünktlich und zuverlässig verkehrten.

Verhinderungspolitik "des 19. Jahrhunderts"

Vor allem das Thema Metropolexpress – das neben einer Anbindung der Stadt Calw und den Norden des Kreises Calw auch eine Anbindung der Region Nagold (über Hochdorf, beziehungsweise Herrenberg) beinhalte, konnte auch Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann (CDU) als VWV-Mitglied nicht unkommentiert lassen. "Da schwingt Bitternis mit", wenn man den Bericht "über diese Kleinstaaterei" höre. "Das kann man sich nicht vorstellen", vor allem in Zeiten, in denen Stuttgart sogar eine "Europa-Metropolregion" sein wolle. Da müsse die Verhinderungspolitik "des 19. Jahrhunderts" ein Ende haben.

Umsteigefreiheit als wichtigstes Thema

Wobei für ihn "die Umsteigefreiheit" in der ÖPNV-Anbindung der Fläche an Stuttgart das wichtigste Thema sei. Weshalb seine CDU-Fraktion auch für die Stadt Calw die Anbindung über den Metropolexpress favorisiere. Wobei Großmann mit Blick auf Nagold und den Kreis-Süden dafür warb, "schneller das zu tun", was "jetzt geht" als auf Optionen für die Zukunft zu setzen. "Dafür brauche ich kein Gutachten." Womit Großmann auf eine laufende Studie zur Untersuchung der verschiedenen, möglichen Optionen zur Anbindung seiner Stadt anspielte. Was Daniel Steinrode (SPD) als Nagolder Stadtrat und VWV-Mitglied doch erstaunte, wie er Großmann prompt entgegnete. Weil dieser seinerzeit den Entscheid im Calwer Kreistag für dieses Gutachten noch mitgetragen habe.

Großmann: "Ich bin leidenschaftlicher Umweltschützer"

Er würde den Beschluss heute so nicht mehr befürworten, entgegnete Großmann. "Ich bin leidenschaftlicher Umweltschützer", so Großmann. Und jede Alternative zur Anbindung Nagolds über die bestehenden Trassen via Hochdorf und Herrenberg würde unnötig Flächen verbrauchen". Man solle doch bitte hier "vorhandene Ressourcen nutzen" und so schnell wie möglich die schon lange vorhandenen Pläne umsetzen.