Wo dürfen in Zukunft Windräder gebaut werden? Das ist momentan ein großes Thema auch im Nordschwarzwald. Foto: © Negro Elkha - stock.adobe.com

Der Regionalverband Nordschwarzwald muss Flächen für Windenergie ausweisen – dazu gingen 15 000 Stellungnahmen von Bürgern und Initiativen ein. Das ist allerdings nichts im Vergleich zur Region Neckar-Alb.

Das Thema Windkraft treibt den Südwesten um: Wo künftig Windräder gebaut werden können, treibt Kommunen und Bürger um. Derzeit mehr denn je.

 

Hintergrund Weil die baden-württembergische Landesregierung den Ausbau der Windkraft vorantreiben will, müssen die Regionalverbände mindestens zwei Prozent der Fläche für Wind- und Solarenergie ausweisen. Für die Landkreise Calw, Freudenstadt, Enzkreis und die Stadt Pforzheim macht dies der Regionalverband Nordschwarzwald.

Fläche umfasst in Summe 2700 Hektar

Seitdem dieser am 24. Januar die Teilfortschreibungen Wind- und Solarenergie des Regionalplans beschlossen hat, sorgen sie für einigen Wind, um im Bild zu bleiben. An den möglichen Standorten für Solarzellen liegt es nicht. Widerstand regt sich vor allem gegen die Flächen, wo einmal Windräder stehen könnten. Im Landkreis Calw umfassen sie in Summe etwa 2700 Hektar, eine besonders große Fläche – mit 473 Hektar – ist bei Bad-Teinach-Zavelstein, Neuweiler und Oberreichenbach vorgesehen.

Zwischen 12. Februar und 5. März hatte die Öffentlichkeit Gelegenheit, ihre Meinung zur Teilfortschreibung Windenergie kundzutun. Diese Möglichkeit haben viele Nordschwarzwälder genutzt: Circa 15 000 Stellungnahmen sind beim Regionalverband (RV) in Pforzheim eingegangen.

Stellungnahmen „Jein“, antwortet Sascha Klein, Direktor des RV Nordschwarzwald, auf die Frage, ob er von der Zahl der eingegangenen Stellungnahmen überrascht sei. Der RV sei extra in die drei Landkreise gegangen und habe in öffentlichen Veranstaltungen über die Planungen zu den beiden Teilregionalplänen informiert. „Wir haben mit einem hohen Rücklauf gerechnet, da das Thema großes öffentliches Interesse erfährt.“

Viel weniger stoßen sich die Bürger an der Freiflächen-Photovoltaik: Dazu sind lediglich etwa 100 Stellungnahmen eingegangen.

„Die deutliche Mehrheit der Stellungnahmen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung, circa. 14 000, ist per Post eingegangen beziehungsweise wurde bei der Verbandsverwaltung auf Papier abgegeben“, berichtet Klein. Um diese Riesenmenge zu bewältigen, setzen die Mitarbeiter des RV ein Programm ein, „das speziell für das Erfassen und Prüfen der Stellungnahmen programmiert wurde“.

Es herrscht Zeitdruck

Wie lange dies dauert, kann der Diplom-Geograf noch nicht einschätzen. Doch: „Die Regionalplanung steht bei der Festlegung der Windenergiegebiete unter Zeitdruck, da der Teilregionalplan Windenergie nach landesgesetzlichen Vorgaben bis Ende September 2025 satzungsreif sein muss.“

Das Problem: Wird er nicht rechtzeitig rechtskräftig, „dann wird die Genehmigung von Windenergieanlagen an mehr Orten einfacher zulässig sein“. Soll heißen: Verband und Kommunen können nicht mehr mitentscheiden, wo Windräder gebaut werden dürfen.

Inhalt Zum Inhalt der Stellungnahmen kann Sascha Klein noch nichts sagen. Sie müssten zunächst einmal erfasst werden.

Allerdings: Ein beträchtlicher Teil der eingereichten Anmerkungen habe exakt denselben Inhalt, es wurden also vorgefertigte Formulare verwendet. Das könnte daran liegen, dass sich bei der Öffentlichkeitsbeteiligung neben Einzelpersonen auch Bürgerinitiativen oder Vereine äußern können.

„Tatsächlich besteht bei der Öffentlichkeitsbeteiligung auch häufig ein Missverständnis“, meint der Verbandsdirektor. „Es geht bei den Stellungnahmen nicht um die Anzahl der Einwände, da es sich in regionalplanerischen Verfahren nicht um eine Abstimmung handelt. Geprüft wird der tatsächliche Inhalt der Stellungnahmen.“

Ausblick Das Thema Windenergie wird den Nordschwarzwald weiter umtreiben – allein schon deshalb, weil die „Träger öffentlicher Belange“ – dazu zählen etwa die Gemeinden – noch bis 5. Mai Stellungnahmen abgeben können. Etwa 400 sind laut Klein bereits eingegangen.

Dass etliche Kommunen ihren Unmut äußern, ist zu vermuten – das Thema wird gerade reihum und durchaus kritisch in den Gemeinderäten beraten, zuletzt etwa in Oberreichenbach oder Bad Wildbad.

Die Verbandsverwaltung erfasst unterdessen die eingegangenen Stellungnahmen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung. „In einem nächsten Schritt werden die Inhalte und deren Begründungen geprüft und gegebenenfalls Änderungen am Planentwurf vorgenommen“, erklärt der Direktor. Anschließend entscheidet die Verbandsversammlung über den überarbeiteten Planentwurf.

So ist die Lage in anderen Regionalverbänden

Anzahl
15 000 Stellungnahmen zum Teilregionalplan Windenergie im Nordschwarzwald: Das klingt nach sehr viel. Da stellt sich die Frage: Wie sieht es in anderen Regionen Baden-Württembergs aus? Ähnlich, sagt etwa Andreas Hemesath, stellvertretender Verbandsdirektor des Regionalverbands Schwarzwald-Baar-Heuberg. Dieser umfasst den Schwarzwald-Baar-Kreis sowie die Landkreise Rottweil und Tuttlingen. „Wir haben auch kistenweise Stellungnahmen bekommen“ – in Summe könnten es ebenfalls um die 15 000 sein.

Extremfall
on dieser Menge kann der  Regionalverband Neckar-Alb – mit den Kreisen Tübingen, Reutlingen und dem Zollernalbkreis – nur träumen. Über die Online-Beteiligungsplattformen des RV seien circa 280 Stellungnahmen zum Thema Windenergie eingegangen, berichtet Andrea Schmitt, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im RV Neckar-Alb. Doch: „Von einem Zusammenschluss von Bürgerinitiativen in der Region haben wir am 11. April eine große Anzahl Schreiben erhalten, die per LKW angeliefert wurden.“ Laut Lieferschein der Bürgerinitiativen – sieben Stück, die sich unter dem Namen Gegenwind Neckar-Alb zusammengeschlossen haben – seien es 438 921 Stellungnahmen insgesamt. „Davon circa 158 000 digital auf Daten-CDs und circa 280 000 ausgedruckte Schreiben“, berichtet Schmitt. Die Anzahl der Schreiben sei indes nicht mit der Anzahl der Absender gleichzusetzen. „Es hat eine große Anzahl von Personen jeweils eine große Anzahl Stellungnahmen abgegeben.“ Über eine Internetseite war es zum Beispiel möglich, „mit wenigen Mausklicks und einer digitalen Unterschrift knapp über 80 Stellungnahmen auf einen Schlag zu generieren“. Auch Schmitts Regionalverband kann noch nichts zum Inhalt der Stellungnahmen sagen. Erste Stichproben hätten gezeigt, dass sie nicht alle aus der Region stammten, sondern „teilweise sogar deutschlandweit generiert wurden“. Darüber hinaus kann Andrea Schmitt sagen: „Uns ist bisher kein Fall in Baden-Württemberg bekannt, bei dem eine derart große Menge an Stellungnahmen eingegangen ist.“