In den Monaten von Frühjahr bis Oktober häufen sich die Fälle von Exhibitionisten. Über den Winter bleiben die meisten Mäntel und Hosenschlitze zu. (Symbolfoto) Foto: James R. Martin/ Shutterstock

Angst erregt Täter. Psychologische Hintergründe sind vielfältig. Wie ist dieses Phänomen zu erklären?

Region - Ein argloser Gassi-Spaziergang mit dem Hund, eine Abkürzung durch den Wald oder den Park - und auf einmal steht ein nackter Mann mit erigiertem Glied auf dem Weg. Für viele Frauen ist diese Vorstellung ein Albtraum. In den vergangenen Monaten haben sich die Meldungen über Exhibitionisten gehäuft, beispielsweise in Oberndorf, Bad Dürrheim, Freudenstadt und Rottweil. schwarzwaelder-bote.de hat nachgefragt, wie dieses Phänomen zu erklären ist.

Da es immer wieder zu Häufungen von exhibitionistischen Vorfällen kommt, hat sich schwarzwaelder-bote.de bereits 2018 bei der Psychologin Ingrid Rothe-Kirchberger nach der klinischen Komponente des Phänomens erkundigt. Beim Krankheitsbild des Exhibitionismus handelt es sich laut der Expertin um eine Paraphilie, einer Abweichung vom "normalen" Sexualverhalten. Zwar unterscheide sich die Krankheit in ihrer konkreten Ausprägung oft von Fall zu Fall, habe jedoch stets eines gemeinsam: Die Angst des Opfers dient als Quelle der sexuellen Stimulation. Bei den Tätern gehe oft ein gestörtes Selbstwert-Bewusstsein, sexuelle Vernachlässigung oder Gewalt voran. 

Angst erregt die Täter

Nach deutschem Recht handelt es sich bei Exhibitionismus um ein rein männliches Phänomen. Denn zieht ein Mann vor einer Frau blank, handelt es sich juristisch gesehen um den Tatbestand einer exhibitionistischen Handlung. Dabei ist im Gesetzestext speziell von männlichen Tätern die Rede: "Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft." Sobald der Täter sich dabei am Glied berührt, handelt es sich rechtlich gesehen um eine sexuelle Handlung und gilt damit als "Erregung öffentlichen Ärgernis". Dafür kann eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine entsprechende Geldstrafe verhängt werden.

Ein reines Männer-Delikt?

Ist der Täter weiblich, handelt es sich hingegen lediglich um eine "Belästigung der Allgemeinheit". Da dies lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt, haben Täterinnen in der Regel nicht mehr als eine Geldstrafe zu befürchten.

Nach Angaben des Polizeipräsidiums Konstanz ist in den letzten fünf Jahren kein exhibitionistisches Verbrechen mit einer weiblichen Täterin für den Schwarzwald-Baar-Kreis oder dem Kreis Rottweil verzeichnet worden. Landesweit liegt der Anteil der weiblichen Tatverdächtigen im unteren einstelligen Bereich, so das Polizeipräsidium.

Eine besondere Häufung von exhibitionistischen Vorfällen kann das Polizeipräsidium Konstanz nicht bestätigen. Es sei üblich, dass insbesondere über die wärmeren Monate die Fälle von Exhibitionismus zunehmen würden, teilt das Präsidium mit. Dementsprechend verzeichne man in den Monaten ab November bis in den Frühling kaum bis keine Fälle dieser Art. Die Aufklärungsquote liege in Baden-Württemberg zwischen 50 und 60 Prozent. 

Was ist im Ernstfall zu tun?

Laut Experten von Polizei und psychologischer Beratungsstelle verlaufen Fälle von Exhibitionismus in der Regel relativ harmlos. "Es ist nicht zu erwarten, dass da viel mehr passiert", sagte die Psychologin Rothe-Kirchberger. Allerdings könnten die Vorfälle für die Opfer durchaus traumatisierend sein, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Im Falle einer untragbaren psychischen Belastung empfehle es sich daher, eine Fachkraft für ein Therapiegespräch aufzusuchen, rät die Psychologin.