Die Arbeitslosigkeit in der Region ist so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. (Symbolbild) Foto: dpa

Höchster Stand seit zehn Jahren. Kurzarbeit verhindert Schlimmeres. Erste positive Signale.

Region - Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt in der Region Nordschwarzwald werden immer deutlicher auch an den Arbeitslosenzahlen erkennbar. Die Arbeitslosigkeit ist innerhalb eines Monats um 8,3 Prozent gestiegen und hat damit den höchsten Stand seit August 2010 erreicht.

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So fasst die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim die aktuellen Daten zusammen. Auch der Vorjahresabstand hat sich demnach weiter vergrößert: Im Mai 2019 waren im Bezirk der Agentur noch 4433 oder 41,1 Prozent weniger Menschen ohne Job. Die Arbeitslosenquote – bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen – liege jetzt bei 4,4 Prozent und damit um 0,3 Prozentpunkte höher als im April. Vor einem Jahr hatte sie 3,2 Prozent betragen.

Wettbewerb um Fachkräfte

Gleichzeitig seien seit März mehr als 6000 Kurzarbeitsanzeigen von den Unternehmen der Region eingegangen. "Nach Corona wird es erneut einen Wettbewerb um die Besten geben. Es ist deshalb richtig und wichtig, jetzt auf das Instrument Kurzarbeit zu setzen, damit kompetente Mitarbeiter in den Betrieben zu halten, um dann beim Wiederanlaufen der Wirtschaft sofort handlungsfähig zu sein", so Martina Lehmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim. Mit "sehr hohem Einsatz" sei es der Agentur gelungen, überlebenswichtige Leistungen wie Kurzarbeitergeld an über 5000 Betriebe schnell auszahlen und damit einen noch stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit vermeiden.

Erste positive Signale

Es gebe jedoch auch positive Signale: Die Nachfrage nach Arbeitskräften habe wieder zugenommen. Dem Arbeitgeberservice der Agentur seien in den vergangenen vier Wochen von Unternehmen 743 freie Stellen gemeldet, 308 oder 70,8 Prozent mehr als im April. Auch der Ausbildungsmarkt in der Region zeige sich robust, es gebe noch mehr als 2000 freie Lehrstellen. "Das zeigt, dass unsere Firmen weiterhin auf Fachkräftesicherung durch eigene Ausbildung setzen und sich den Jugendlichen dadurch trotz allem gute Perspektiven in der Region bieten", so Lehmann. Ferner müsse es gelingen, die Zeit für zukunftsorientierte Weiterbildung von Arbeitnehmern zu nutzen.

Kurzarbeit geht zurück

Nach dem dramatischen Anstieg bei den Kurzarbeitsanzeigen im März und April seien im Mai lediglich noch 454 Anzeigen auf Kurzarbeit neu eingegangen. Fast jeder Zweite von Kurzarbeit betroffener Beschäftigte in der Region komme aus dem verarbeitenden Gewerbe. Weitere Schwerpunkte stellen der Handel sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe dar.

Die Bewegung fehlt

Die gestiegenen Arbeitslosenzahlen seien insbesondere darauf zurückzuführen, dass weniger Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden konnten. In den vergangenen vier Wochen meldeten sich 2886 Männer und Frauen neu oder erneut arbeitslos. Dagegen konnten im gleichen Zeitraum aber nur 1718 Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden. Dabei habe sich die Corona-Krise im Bereich der Arbeitslosenversicherung (3552 Arbeitslose, plus 65,7 Prozent) wesentlich stärker ausgewirkt als im Bereich der Grundsicherung (Hartz IV) mit 6247 Arbeitslosen (plus 16,4 Prozent).

Blick in Teilregionen

Unter den sieben Geschäftsstellen der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim habe Calw mit 3,4 Prozent den besten Wert. Es folgen Mühlacker (3,8), Freudenstadt, Horb und Nagold (3,9), Bad Wildbad (4,8) und Pforzheim (5,2). Die Arbeitslosenquoten, bezogen auf die Landkreise: Enzkreis 3,3 Prozent, Calw 3,9, Freudenstadt 3,9 und Pforzheim 7,5, so die Arbeitsagentur.

Der Stellenmarkt

Am Stichtag Mitte Mai waren im Agenturbezirk Nagold-Pforzheim 3643 offene Stellen gemeldet, 1459 oder 28,6 Prozent weniger als vor einem Jahr. Statistisch machen sich die Auswirkungen der Corona-Krise auf dem Ausbildungsmarkt bisher wenig bemerkbar. Von Oktober 2019 bis Mai 2020 wurden dem Arbeitgeberservice insgesamt 3948 Lehrstellen gemeldet, exakt so viele wie im Vorjahr. Davon seien im Mai noch 2025 Ausbildungsstellen unbesetzt gewesen. Die Zahl der gemeldeten Bewerber sei dagegen im Vergleich zum Vorjahr um 144 oder 4,4 Prozent auf 3134 zurückgegangen. Von diesen waren im Mai noch 1503 auf der Suche.

Bald wieder Gespräche

Die Einschränkung der persönlichen Kundenkontakte stelle sowohl Kunden als auch das Team der Agentur vor Herausforderungen. Die erweiterten elektronischen Angebote und Hotlines hätten sich bewährt. Der Schwerpunkt bleibe vorerst weiter auf diesen Kontaktwegen. Unter Einhaltung hygienischer Standards werde die Agentur jedoch in den nächsten Wochen "in sorgfältig geplanten Schritten" auch wieder persönliche Beratungsgespräche ermöglichen, wenn dies notwendig sei, so Lehmann.

Die Situation im Kreis

Die Arbeitslosenquote liegt im Landkreis Freudenstadt jetzt bei 3,9 Prozent und damit um 0,2 Prozentpunkte höher als im Vormonat. Im Mai 2019 lag sie bei 2,7 Prozent. Insgesamt waren 2745 Menschen arbeitslos gemeldet, davon 1649 (60,1 Prozent) in der Arbeitslosenversicherung und 1096 (39,9 Prozent) in der Grundsicherung. Im Mai wurden 189 Stellenangebote gemeldet. Das waren 61 oder 47,7 Prozent mehr als im Vormonat, aber 159 oder 45,7 Prozent weniger als im Mai 2019. Aktuell sind 1053 offene Stellenangebote im Bestand, 341 oder 24,5 Prozent weniger als vor einem Jahr.