Derzeit läuft die Mitgliederbefragung der SPD zum Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU. Unsere Redaktion hat die Hechinger SPD-Mitglieder Manfred Bensch und Felix Miller gefragt, wie sie abstimmen werden.
„Verantwortung für Deutschland“: Diese Botschaft steht auf dem Titelblatt des Koalitionsvertrags, den CDU/CSU und SPD jüngst vorgelegt haben. Die CSU hat dem Vertrag schon zugestimmt, die CDU plant dies am 28. April auf einem kleinen Parteitag. Die SPD wiederum macht ihr Ja-Wort von der Zustimmung der Mitglieder abhängig. Seit Dienstag, 15. April, bis Dienstag, 29. April, können diese daher online abstimmen.
Manfred Bensch, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Hechingen, sagt gegenüber unserer Redaktion: „Ich befürworte den Koalitionsvertrag zu 85 Prozent.“ Er werde dem Papier demnach zustimmen.
Seine größte Befürchtung, sollte die SPD den Vertrag ablehnen: „Dass dem Rechtsextremismus die Türen geöffnet werden.“ Er hofft daher, dass die Große Koalition mit Friedrich Merz als Kanzler zustande kommt. Vor der Bundestagswahl im Februar habe er sich nicht vorstellen können, dass sich die SPD und die Union zu einer Regierung zusammenraufen. Die Christdemokraten hätten sich im Wahlkampf quergestellt. Nun müsse abgewartet werden, wie die einzelnen Vorhaben des Koalitionsvertrags in der Praxis umgesetzt werden.
Ähnlich äußert sich Felix Miller, stellvertretender Vorsitzender des hiesigen SPD-Ortsvereins. Auch er werde dem Koalitionsvertrag zustimmen. Aber er betont: „Der Koalitionsvertrag ist nicht SPD-pur, aber das ist bei einem Kompromiss normal.“ Besonders in der Migrationspolitik sieht er die Handschrift der CDU/CSU. „Ich will keine Festung Europa und plädiere für eine humane Asylpolitik“, nennt Miller einen Aspekt im Koalitionsvertrag, den er kritisiert. Darin ist unter anderem von Zurückweisungen an den Grenzen die Rede. Miller, der beruflich einen juristischen Hintergrund hat, sieht in diesen Zielen ohnehin rechtliche Probleme, die auf eine potenzielle Regierung zukommen werden.
Miller: Nachverhandlungen spielen AfD in die Karten
Weiter vermisst der stellvertretende Vorsitzende der örtlichen SPD ein tragfähiges Finanzkonzept für die herausfordernde Finanzlage der Städte und Gemeinden. „Das ist ein Problem, das Bund und Länder nicht so richtig angehen wollen.“
Trotzdem sieht er auch positive Elemente in der angestrebten Regierungsarbeit: „Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und den Bürokratieabbau erachte ich für besonders wichtig.“ Die richtige Entscheidung sei es auch gewesen, die Schuldenbremse zu reformieren und ein Sondervermögen für die marode Infrastruktur Deutschlands auf den Weg zu bringen.
Ein weiterer Grund, weshalb Miller dem Vertrag zustimmt: die derzeit instabile weltpolitische Gemengelage. Deutschland brauche nun eine stabile Regierung. „Wenn wir monatelang nachverhandeln, würde das der AfD in die Karten spielen.“ Daher hofft er, dass die Mehrheit der SPD-Mitglieder pro Koalitionsvertrag stimmt.
Jürgen Fischer: Migrationspolitik ein Rückschritt
Jürgen Fischer, Sprecher der SPD-Fraktion im Hechinger Gemeinderat, ist kein SPD-Parteimitglied und darf daher auch nicht über den Koalitionsvertrag abstimmen. Eine Meinung zum Thema hat er trotzdem: „Ich hätte den Koalitionsvertrag eher abgelehnt.“ Die migrationspolitischen Inhalte bezeichnet er als Rückschritt. Auch für seine ehrenamtliche Arbeit beim Arbeitskreis Asyl in Hechingen sei der Koalitionsvertrag nicht förderlich.
Bleibt abzuwarten, wie die nach Parteiangaben 358 322 SPD-Mitglieder abstimmen. Falls das Votum positiv ausfällt, könnte Friedrich Merz am 6. Mai zum Bundeskanzler gewählt werden.