Die griechische Regierung kann ihren Gläubigern Erfolge vorweisen – wie die Stimmung in der Bevölkerung ist, steht auf einem anderen Blatt. Foto: dpa

Wichtige Reformen, für die die Athener Regierung EU-Gelder erhalten hat, kommen gut voran. Die Haushaltskontrolleure des Europaparlaments stellen Athen nach einer Kontrollvisite ein gutes Zeugnis aus.

Athen - Gute Nachrichten aus Griechenland: Wichtige Reformen, für die die Athener Regierung EU-Gelder bekommen hat, kommen gut voran. Nach Informationen unserer Zeitung ist der Aufbau eines voll digitalisierten Einwohnermelderegisters, mit dem Betrug zulasten der staatlichen Rentenversicherung unterbunden werden soll, inzwischen abgeschlossen. Auch der Aufbau eines staatlichen Katasteramtes, das Grundstückseigentümern erstmals Rechtssicherheit gibt, läuft nach Plan. Dies geht aus Unterlagen des Haushaltskontrollausschusses im Europaparlament hervor, die unserer Zeitung vorliegen.

Nach einer Kontrollreise, bei der eine Delegation des Haushaltskontrollausschusses im Europaparlament den Einsatz von EU-Steuergeldern bei acht zentralen Projekten vor Ort überprüft hat, stellt die Chefin dieses Ausschusses, die CDU-Europaabgeordnete Ingeborg Gräßle, der griechischen Regierung ein gutes Zeugnis aus. „Griechenland erledigt mit beeindruckender Konsequenz seine Hausaufgaben.“

„Griechenland entwickelt sich zu einem modernen Land“

Vor dem Hintergrund des drohenden Staatsbankrotts hatte die EU-Kommission zusammen mit Athen 181 zentrale Vorhaben mit einem Volumen von insgesamt elf Milliarden Euro identifiziert, die mit EU-Strukturfördergeldern teilweise finanziert und vorrangig abgearbeitet werden sollten. Haushaltskontrollexpertin Gräßle zieht nun ein durchweg positives Fazit: „Alle von uns näher untersuchten Projekte sind entweder wie geplant abgeschlossen oder befinden sich im Zeitplan und dürften pünktlich fertig werden.“ Gräßle wagt die Prognose: „Griechenland entwickelt sich zu einem modernen Land. Dazu werden die Mittel von EU-Steuerzahlern erheblich beitragen.“

Immer wieder hatten Kritiker aus den EU-Mitgliedsländern angeprangert, dass etwa längst verstorbene Griechen noch monatlich Zahlungen von der gesetzlichen Rentenversicherung des Landes erhielten und so die Allgemeinheit um Milliardensummen geprellt wurde. Damit ist nun Schluss. Mit Hilfe der EU hat Athen das Einwohnermeldewesen komplett digitalisiert. Die Datenbank stehe, der automatisierte Informationsaustausch mit der griechischen Rentenversicherung wie auch mit Einrichtungen im Rest der EU sei gegeben. Allein in Griechenland haben 3200 Nutzer Zugriff auf das System. Gräßle lobt zudem, dass die Kosten niedriger ausgefallen seien als geplant: „Statt der geplanten 44 Millionen Euro hat das Vorhaben nur 26 Millionen Euro gekostet.“ Wegen der immer noch schwierigen Wirtschaftslage hätten die griechischen Unternehmen den Zuschlag zum Projekt unbedingt haben wollen und sich so regelrecht einen Unterbietungswettbewerb bei der Ausschreibung geliefert.

„Da ist Griechenland schon heute weiter als Baden-Württemberg“

Ein großes Problem für Investoren in Griechenland war lange Zeit das mangelhafte Katasterwesen. Kritisiert wurde, dass die rechtsgültige Erfassung von über 39 Millionen Eigentumsrechten in Griechenland mangelhaft war. Das alte System gab lediglich darüber Auskunft, welche Hypotheken auf einem Grundstück eingetragen waren – nicht aber darüber, wer der rechtmäßige Besitzer war. Die Folge: Nicht einmal dem Staat gelang es, seinen Besitz wirksam zu verteidigen. „Bei dieser unendlichen Geschichte ist nun endlich Land in Sicht“, so Gräßle. 2020 soll der Aufbau eines verlässlichen Katasterwesens abgeschlossen sein; die EU beteiligt sich mit 84 Millionen Euro an den Gesamtkosten von 712 Millionen Euro. Bei rund einem Drittel des griechischen Bodens, vor allem in den größeren Städten, funktioniere das neue voll digitalisierte System bereits. Es gebe online Auskunft über Besitzverhältnisse, Hypotheken und Rechte im Zusammenhang mit Grundstücken. Gräßle: „Da ist Griechenland schon heute weiter als Baden-Württemberg.“ Der ländliche Raum und bewaldete Gebiete würden gerade erfasst. Das Vorgehen sei zwar schwierig, weil viele Eigentümer in den Städten lebten und erst ausfindig gemacht werden müssten. Die Zahl der Einsprüche gegen Bescheide der Behörden liege dennoch mit drei Prozent erstaunlich niedrig.

Eigentümer weigerten sich, Land für die Auf- und Abfahrten der Autobahn bereit zu stellen

Der Druck des Haushaltsausschusses habe zudem dazu beigetragen, dass ein 20 Kilometer langes fertiges Autobahnstück in Zentralgriechenland letztlich auch für den Verkehr frei gegeben werden konnte. Zunächst war der Betrieb daran gescheitert, dass Grundstückseigentümer sich weigerten, Land für die Auf- und Abfahrten bereit zu stellen. „Auf massive Intervention des Ausschusses hat die Troika erreicht, dass die Verfahren beschleunigt wurden“, erklärt Gräßle. Enteignungen könnten jetzt schneller durchgesetzt werden.

Das hoch verschuldete Griechenland hängt seit 2010 am Tropf der internationalen Geldgeber. Das dritte Hilfspaket mit einem Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro läuft im Sommer aus. Danach will Griechenland wieder auf den internationalen Finanzmärkten seinen Kapitalbedarf stillen. Die Finanzminister der Eurogruppe machten Athen allerdings bei der Sitzung am Montag deutlich, dass auch nach dem Ende des Programms die Überwachung der Reformen im Land weiter gehen werden.