SWR-Intendant Peter Boudgoust. Foto: dpa

Der neue Staatsvertrag zielt auf eine bessere Vernetzung von Radio, Fernsehen und Internet ab. Zudem sollen mehr Frauen und Migranten in Gremien sitzen.

Stuttgart - Vor 15 Jahren fusionierten SWF und SDR zum zweitgrößten ARD-Sender, dem Südwestrundfunk (SWR). Aus dieser Zeit stammt auch der Staatsvertrag, der nun reformiert werden soll. Die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erhoffen sich dadurch, verkrustete Strukturen in der Sendeanstalt mit ihren 3600 Mitarbeitern aufzubrechen. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.

Standorte

Die haargenaue Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den drei Standorten Stuttgart, Mainz und Baden-Baden soll künftig flexibler gehandhabt werden. Als Beispiel nannte Staatsministerin Silke Krebs Grüne) am Dienstag Baden-Baden. Am früheren Hauptsitz des SWF sind bis heute sämtliche überregionale Aufgaben gebündelt, was den Sender bisweilen schwerfällig macht – wie auch zahlreiche Doppelt- und Dreifachstrukturen. Künftig dürfen die sendereigenen Gremien selbst festlegen, wo welche Zuständigkeiten liegen. „Deshalb braucht aber niemand Sorge um den Standort Baden-Baden zu haben“, sagte die Ministerin.

Hörfunk, TV, Internet

Flexibilisierung ist das große Stichwort auch bei der Programmgestaltung. Hier soll es in Zukunft trimedialer zugehen. Das bedeutet, dass Hörfunk, Fernsehen und Internet besser miteinander vernetzt werden sollen. Direktionen für ebendiese Bereiche werden zugunsten von Sparten wie Nachrichten, Unterhaltung oder Sport aufgelöst – zumindest macht dies der Staatsvertrag möglich. Auf das Programm hat die Strukturänderung freilich keine unmittelbare Wirkung. Festgeschrieben wird nur ein 30-prozentiger Landesanteil im Fernsehen.

Rolle der Politik

Die Einflussnahme der Politik auf öffentlich.rechtliche Sender ist ein heikles Thema – spätestens seit dem Eklat um den früheren ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, dessen Vertrag 2009 auf Drängen von Unions-Politikern nicht verlängert wurde. Auch rund um den SWR gab es immer wieder den Vorwurf unlauterer Intervention durch die grün-rote Landesregierung. Nun soll der gebührenfinanzierte Sender aber „staatsferner“ werden, versprach Krebs. Konkret bedeutet das, dass Vertreter der Landesregierungen nicht mehr im Rundfunkrat vertreten sein dürfen. Der Verwaltungsrat soll um drei Mitglieder aufgestockt werden, die nicht aus der Politik stammen.

Rundfunkrat

Der Rundfunkrat bleibt der größte Zankapfel. Das für die Programmkontrolle zuständige Aufsichtsgremium besteht aus 74 Teilnehmern. Mit dem neuen Staatsvertrag ändert sich auch seine Zusammensetzung. So soll künftig auch ein Vertreter muslimischer Verbände in dem Gremium sitzen. Dafür büßen die Vertreter der Freikirchen einen Sitz ein. Zugleich werden Naturschutzverbände ein größeres Gewicht erhalten. An deren Stelle verlieren die Vertriebenen ihren Sitz im Rundfunkrat. Die Bauernverbände müssen sich ihren Sitz mit den Landfrauen teilen, was vor allem die CDU erzürnt hat. „Dass das nicht überall auf Wohlgefallen stößt, ist klar“, sagte die für Medien zuständige Ministerin. „Aber es geht nicht anders.“ Andernfalls hätte man den Rundfunkrat weiter vergrößern müssen.

Quoten und Statute

Grün-Rot meint es ernst mit der Geschlechterpolitik. Künftig soll der Anteil von Männern und Frauen sowohl im Verwaltungs- als auch im Rundfunkrat gleich sein. Damit werde der Sender weiblicher, pluralistischer und moderner, frohlockte die SWR-Verwaltungsrätin und Grünen-Abgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel.

Eine weitere Neuerung ist die Einführung eines Redaktionsstatuts, wie es andere Sender und Medien bereits kennen und wie es von Gewerkschaften gefordert wurde. Das Organ soll die Rolle der Beschäftigten bei Entscheidungen des Intendanten stärken. SWR-intern ist es allerdings umstritten. Wir haben doch einen Personalrat, wozu jetzt noch ein Redaktionsstatut?, heißt es.

SWR-Intendant Peter Boudgoust begrüßte den Entwurf des neuen Staatsvertrags als wichtig für die Modernisierung des Senders. In der ersten Jahreshälfte 2013 soll das Papier verabschiedet werden.