Wladimir bei der Kranzniederlegung in Wolgograd Foto: AFP/DMITRY LOBAKIN

Der russische Präsident Wladimir Putin nutzt den 80. Jahrestag des Sowjetsieges über deutsche Truppen zu Vorwürfen gegen den Westen – und speziell Deutschland.

Der Polizeichef von Wolgograd hat sich die feierliche Uniform des NKWD angezogen, des sowjetischen Geheimdienstes, der auch die eigene Bevölkerung zu quälen und zu töten vermochte. Der Polizeichef läuft voran, hinter ihm sind junge Kadetten zu sehen, auch Soldaten im Stechschritt. Am Platz der Gefallenen Kämpfer folgt eine Parade-Formation der nächsten.

Russland feiert den Krieg, Russland feiert den Sieg. Einen Sieg, mit dem es seinen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine rechtfertigt – und so die sowjetischen Gefallenen und die Erinnerung an sie missbraucht.

Stalingrad – dieser Sieg ist den Russen bis heute heilig

Panzer rollen wieder durch Stalingrad, wie die Wolgograder ihre Stadt an einigen Tagen im Jahr nennen. Die Kommunalarbeiter haben bei der Stadteinfahrt Schilder mit „Stalingrad“ aufgestellt, am Tag zuvor enthüllte die Stadt eine Stalin-Büste. Die russische Hymne, die sich kaum von der sowjetischen unterscheidet, ertönte, eine Ehrengarde hielt Wache. Es ist ein beklemmendes Gedenken an den Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg, dem Großen Vaterländischen, wie die Russen sagen.

Am 2. Februar 1943 endete die Schlacht von Stalingrad mit dem Sieg der Roten Armee. Es war der Anfang vom Ende des Hitler-Regimes und eine der blutigsten Schlachten der Weltgeschichte. Dieser Sieg ist den Russen bis heute heilig. Der russischen Regierung dient er als Trigger, um ihren Angriff auf die Ukraine als heroische Fortsetzung ihres Kampfes gegen den Faschismus zu inszenieren. Die Opfer spielen kaum eine Rolle, die Versöhnung mit den Deutschen ist auf Eis gelegt. Es sind die Helden, die zählen, Helden, die herhalten müssen für das verdrehte Narrativ von heute, wonach der Angriff als Verteidigung gilt.

Legende vom „Wir gegen die ganze Welt“

Das Staatsfernsehen zeigt ordenbehängte alte Männer, Veteranen von damals, die von ihrem eigenen Heldentum zu erzählen wissen, von ihrer Lust, „alle Deutschen abzuknallen“ und sich darüber freuen, dass ihre Urenkel nun „die Nazis in der Ukraine töten“.

Der Kreml pflegt seit Langem die Legende vom „Wir gegen die ganze Welt“. Die Hilfe der Alliierten im Zweiten Weltkrieg wird heruntergespielt oder gar nicht erst erwähnt. Es zählt der Heldenepos – und es zählen die Durchhalteparolen.

Russland sei von Feinden umzingelt, Russland werde siegen, alles laufe nach Plan, weiß Präsident Wladimir Putin stets zu behaupten. Auch in Wolgograd sieht er die „Wahrheit“ auf seiner Seite, spricht von einem „Sieg Russlands“ gegen den „kollektiven Westen“ und sagt: „Es ist unglaublich, aber deutsche Leopard-Panzer bedrohen uns wieder.“