Bürgermeister Roberto Chiari (von links), der Landtagsabgeordnete Boris Weirauch und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia besuchten am Dienstag die Neuntklässer der Realschule der Reuchlin-Schulen in Bad Liebenzell. Foto: Biermayer

Früher waren ihre eigenen Kinder auf dieser Schule. Jetzt besuchte die SPD-Bundesvorsitzende und Wahlkreisabgeordnete Saskia Esken die Reuchlin-Schulen. Ein großes Thema war dabei der Lehrermangel.

Bad Liebenzell - Bei dem Besuch der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken in den Reuchlin-Schulen in Bad Liebenzell waren auch der Landespolitiker Boris Weirauch (SPD) und Bürgermeister Roberto Chiari mit dabei.

Esken war im Vorstand des Landeselternbeirates und saß im Bundestag im Bildungsausschuss. Für sie ist Bildungspolitik kein Fremdwort. Da dank föderaler Strukturen in Deutschland dieser Bereich aber was Schulen betrifft hauptsächlich auf Länderebene verortet ist, hatte sie den für den Wahlkreis Calw zuständigen Landtagsabgeordneten Boris Weirauch (SPD) dabei. Und weil Schulen nicht nur aus Schülern und Lehrern sondern auch aus Gebäuden bestehen, welche die Kommune unterhält, war Bürgermeister Roberto Chiari ebenfalls vor Ort.

Im Gespräch mit der Schulleitung wurde schnell deutlich, wo aktuell der Schuh drückt. Der Rektor der Realschule, Stefan Schreiber, erzählte den Politikern vom Lehrermangel. Das Problem sei hier die Zahl der Studienabgänger. Früher hätten die Studenten an der Pädagogischen Hochschule ein Hauptfach, ein Nebenfach und ein Wahlfach studieren müssen. Seit diese Vorgaben gefallen seien, kämen zunehmend Abgänger mit unbrauchbaren Fächerkombinationen. "Jemand, der Sport und Religion unterrichtet, kann niemals Klassenlehrer werden", so Schreiber. Weil diese Aufgabe aber jemand machen muss, brauche man eigentlich andere Fächerkombinationen.

Falsche Anreize

Dazu komme, dass diese Lehrer dann fachfremd Deutsch oder Mathematik unterrichten müssen. Das sei unfair gegenüber den Studienabgängern dieser Fächer. Denn er müsse nach Noten einstellen. Komme jetzt jemand mit Sport und Religion mit einem guten Schnitt, müsse er ihn nehmen. Jemand, der Mathe und Physik mit einem schlechteren Schnitt abgeschlossen habe, würde nicht eingestellt. Der Religion- und Sport-Kollege unterrichte dann aber fachfremd Mathematik – ohne das jemals studiert zu haben.

"Das sind völlig falsche Anreizstrukturen", meinte Weirauch. Das sei ihm so bisher nicht bewusst gewesen. Er werde das mit in den Landtag nehmen. Das Problem sei nicht das fehlende Geld, sondern das fehlende Personal, meinte Esken. Sollte dieser Mangel anhalten, drohe Unterrichtsausfall, warnte Schreiber.

Nach dem Treffen mit der Schulleitung trafen sich die Politiker noch mit den Neuntklässlern der Realschule. Und die hatten auch noch ihre Fragen. "Warum lernen wir soviel unnötige Sachen?", "Was machen Sie den ganzen Tag?" oder "Wie viel verdienen Sie?", wollten die Schüler wissen. Esken erklärte daraufhin ihren sehr abwechslungsreichen Alltag zwischen Mandatsarbeit und Parteivorsitz. Dafür bekomme sie etwa 10 000 Euro brutto im Monat. Dass unnötige Sachen gelernt werden, wollte Weirauch so nicht stehen lassen. Das gelte vielleicht für einen kleinen Teil. Aber bei vielem zeige sich der Nutzen erst später im Leben. Man bekomme in der Schule ein gutes Allgemeinbildungsfundament.

Fragen zur Politik

Die mit Abstand meisten Fragen stellten die Schüler zum Ukraine-Krieg. "Warum liefern wir schwere Waffen?", "Bekommen die Ukrainer jetzt hier einfach so Arbeits- und Ausbildungsplätze?", "Wird sich Deutschland in der Ukraine einmischen?", "Braucht die Bundeswehr 100 Milliarden Euro oder reichen nicht auch 50 Milliarden?" und "Kommen die Flüchtlinge zu uns in die Klasse?", waren nur ein paar von diesen.

Die russischen Kriegsverbrechen an den Ukrainern hätten zu einem Umdenken in der Regierung bezüglich der Waffenlieferungen geführt, so Esken. Zudem müssten ukrainische Geflüchtete kein Asylverfahren durchlaufen und bekämen sofort einen Aufenthaltstitel. Deshalb dürften sie auch unmittelbar arbeiten, studieren oder eine Ausbildung machen. Dafür würde man auch versuchen, ausländische Abschlüsse schneller anzuerkennen.

Deutschland sei Partei, aber nicht Kriegspartei in diesem Konflikt. Und die Aufgabe der Landesverteidigung durch die Bundeswehr habe die Politik in der Vergangenheit vernachlässigt. Deshalb seien jetzt hohe Investitionen ins Militär notwendig. Außerdem habe die Erfahrung gezeigt, dass es besser sei Geflüchtete Jugendliche direkt in deutsche Schulkassen zu schicken und ihnen parallel Sprachunterricht zu geben. So gelinge die Integration am schnellsten. Rektor Schreiber erklärte den Schülern, dass es momentan fünf Geflüchtete an der Realschule gebe.