Der Kreistag hat die Vergabe der umstrittenen Bahnlinien-Machbarkeitsstudie Schramberg-Schiltach abgelehnt. Doch ist die Sache damit auch endgültig vom Tisch?
Schramberg/Schiltach - Es war durchaus als kleines Gremiums-Erdbeben zu beschreiben: Nachdem sich in der Vergangenheit die Kommunen Schiltach und Schramberg sowie der Kreistag dafür ausgesprochen hatten, eine Reaktivierung der Bahnlinie zwischen den beiden Kommunen per Machbarkeitsstudie zu untersuchen – selbst der Zuwendungsbescheid des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg war inzwischen da – gab es nun in Rottweil den politischen Rückzieher. Zwar sind die Entscheidungen stets, wie ohnehin in den sozialen Netzwerken, heiß diskutiert worden. Dennoch hatte auch der Kreistag mit durchaus eindeutiger Mehrheit die Ausschreibung der Studie in Auftrag gegeben; um das Angebot der Firma TransportTechnologie-Consult aus Karlsruhe in Höhe von 126 616 Euro brutto nun bei 13 Ja- und 13 Nein-Stimmen sowie neun Enthaltungen abzulehnen.
Überrascht von dieser Entscheidung zeigte sich Armin Fenske, Pro-Bahn-Ingenieur und Ideengeber der Reaktivierung. Ob die Räte sich nun wegen der überall grassierenden Preissteigerungen umentschieden hatten, nun inhaltlich-sachliche Zweifel hatten oder doch wegen des Gegenwinds im Internet kalte Füße bekommen hatten, wollte Fenske nicht kommentieren. "Ich wusste schon, dass beispielsweise die CDU im Kreis einmal eine negative Stellungnahme abgegeben hat. Aber was im Hintergrund gelaufen ist, weiß ich nicht." Nach einer Nachfrage beim Landratsamt sei er dennoch davon ausgegangen, dass "alles seinen Gang geht".
"Großes Entwicklungspotenzial"
Doch der Ideengeber gibt sich kämpferisch: "Nur weil der Kreis seine Mitfinanzierung abgelehnt hat, heißt das nicht, dass die Studie nicht kommt", so Fenske. Wenn sich beispielsweise die Kommunen Schramberg und Schiltach entscheiden, den Finanzierungsanteil des Landkreises mitzutragen, stünde der Vergabe seines Erachtens nichts im Wege. Der Kreis-Anteil von 15 827 Euro würden nach dieser Rechnung knapp 8000 Euro zusätzlich für die Kommunen bedeuten.
"Gerade für Schramberg wäre das sehr sinnvoll, ich sehe für dort enormes Entwicklungspotenzial", betont Fenske weiterhin. Es gebe ein Sprichwort, dass man sich bei Entscheidungen nicht immer nur die möglichen negativen Folgen vor Augen halten solle. Voran komme man nur, wenn man das Positive, die Visionen, anstrebe. Das, so der Ingenieur, könne man den beiden Kommunen vor diesem Hintergrund mit auf den Weg geben.
"Unübliches" Abstimmungsverhalten
Alles andere als begeistert von der Kehrtwende zeigte sich auch Schiltachs Bürgermeister Thomas Haas, ebenfalls Mitglied im Kreistag. Die Grundsatz-Entscheidung sei schließlich schon im Dezember gefallen – mit großer Mehrheit für die Studie. "Dass bei der Vergabe jetzt quasi wieder über den Grundsatz diskutiert und abgestimmt wird, ist zumindest einmal unüblich", drückt er sich diplomatisch aus. Für gewöhnlich reagierten Gremiumsmitglieder, so sie denn bei der Vergabe weiterhin gegen eine Sache seien, mit einer Enthaltung und nicht mit einer Nein-Stimme, meinte Haas.
Er bedauerte es, dass die Studie jetzt so kurz vor dem Ziel doch noch ausgebremst wurde. "Wir hätten einfach mal schauen können, zu welchem Ergebnis sie kommt", sagte er. Sicher wäre die Realisierung der Bahn-Reaktivierung "nicht easy" geworden, vielleicht hätte die Studie sogar zum Ergebnis geführt, dass sie gar nicht machbar ist. Dann wäre das aber klar gewesen, "so bleibt die Möglichkeit weiter im Raum stehen".
Zuschussbescheid zu den Kommunen?
Mit der Nichtvergabe des Kreistags sei höchstwahrscheinlich nicht nur der Zuschuss vom Land weg. Möglicherweise habe das Büro, das die Studie ausgeführt hätte, sogar "Anspruch auf entgangenen Gewinn". Den müsse der Kreis dann bezahlen, ohne etwas davon zu haben, bedauerte Haas.
Die Studie, so fürchtet er, sei "jetzt wahrscheinlich erledigt". Ob es überhaupt möglich ist, dass Schramberg und Schiltach den finanziellen Teil des Kreises einfach übernehmen und die Studie selbst in Auftrag geben, konnte er am Mittwoch nicht gesichert beantworten, hielt es aber für eher unwahrscheinlich.
Kurz darauf äußerte sich auch Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr im Gespräch mit unserer Redaktion über das Abstimmungsverhalten der Kreisräte: "Ich bin schon verwundert und enttäuscht." In der Zwischenzeit hatten Haas und sie sich zu dem Thema kurzgeschlossen, sodass Eisenlohr am Mittwochabend verkündete: "Wir wollen nun prüfen, ob wir da in die Bresche springen können."
Ein für alle mal Klarheit
Letztlich habe der Kreis den Bewilligungsbescheid erhalten, so Eisenlohr, dass auch sie die Chancen einer möglichen Kommunen-Co-Finanzierung noch nicht einschätzen könne. "Ich weiß, dass es in Schramberg auch großen Gegenwind zu dem Thema gibt. Aber es gab bei uns einen Beschluss mit großer Mehrheit und das Thema ist ein immer wiederkehrendes und sehr tief in den Köpfen vieler Schramberger drin", betonte Eisenlohr.
Angesichts des beträchtlichen Finanzierungsanteils des Landes sehe sie die Studie daher als "günstige Chance, die Machbarkeit günstig auszuloten" und dadurch ein für alle mal Gewissheit zu haben.
Kreisverwaltung hofft mit
Dass auch die Kreisverwaltung die Studie noch nicht endgültig abgehakt werden sollte, erklärt sie am Donnerstag in einem Statement. Darin heißt es: Die Kreisverwaltung hat der Machbarkeitsstudie mit großem Engagement den Weg bis zur Vergabeentscheidung durch den Kreistag geebnet. Aus der Sicht der Verwaltung wäre die Fundierte Ausleuchtung der Fragen, die sich bei einer Reaktivierung stellen, kommunalpolitisch wichtig gewesen. Leider hat der Kreistag nun die Vergabe abgelehnt. Deshalb wäre es sehr begrüßenswert, wenn die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg und das Verkehrsministerium des Landes einen Weg finden könnten, den Förderbescheid etwa auf Schramberg und/oder Schiltach zu übertragen, soweit dort Interesse daran besteht."