Ermittler des Landeskriminalamtes am Tatort des Schusswechsels zwischen einem „Reichsbürger“ und Polizisten des SEK. Foto: Kevin Lermer/7aktuell.de

Der mutmaßliche Reutlinger Schütze verfügte über illegal erworbene Kriegswaffen. Er hatte am Mittwoch einen SEK-Beamten beschossen. Innenminister Thomas Strobl will das Gesetzgebungsverfahren für legal zu erwerbende Waffen beschleunigt wissen.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) wirft der Bundesregierung vor, sie sei zu langsam, und verschärfe das deutsche Waffenrecht nicht schnell genug. Der Gesetzgeber „muss jetzt wirklich in die Gänge kommen und einen Gesetzentwurf vorlegen“, warf Strobl der „Streitampel“ aus SPD, Grünen und FDP vor. Hintergrund für die Kritik des Christdemokraten war der Schusswechsel zwischen einem mutmaßlichen „Reichsbürger“ und Polizisten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Baden-Württemberg am Mittwoch. Dabei erlitt einer der Beamten einen Unterarmdurchschuss.

In Deutschland und der Schweiz waren mehr als 20 Objekte mutmaßlicher „Reichsbürger“ durchsucht worden. Der mögliche Schütze wurde festgenommen, gegen ihn erließ ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes Haftbefehl wegen des Verdachtes, er habe versucht, mehrere Menschen zu ermorden.

Gesetzentwurf in Arbeit

Strobl forderte, es „ist höchste Zeit, dass das, was in der Innenministerkonferenz im Dezember besprochen“ wurde, umgesetzt wird. Dort hatte sich Baden-Württemberg zusammen mit den CDU-geführten Bundesländern initiativ dafür ausgesprochen, dass kein Mitglied verfassungsfeindlicher Vereinigungen legal Waffen erlangen könne. Ein Ansinnen, dem keiner der anderen Innenminister widersprach.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) arbeitet derzeit an einem Gesetz, das den Besitz kriegswaffenähnlicher, halb automatischer Langwaffen verbieten soll. Zudem solle jeder, der eine Waffenerlaubnis beantrage, seine psychische Gesundheit nachweisen müssen. Bislang gilt dies nur für junge Menschen bis zum 25. Lebensjahr.

Der Innenexperte der Sozialdemokraten im Land, Sascha Binder, forderte im Gegenzug Strobl auf, die Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Verfassungsschutz und den Waffenbehörden in Baden-Württemberg zu verbessern. „Die Umsetzung des geltenden Waffenrechts liegt bei den Ländern. Hierauf sollte Strobl sein Augenmerk richten.“ Der Minister hatte eingeräumt, dass der wahrscheinliche „Reichsbürger“ Markus L. in Reutlingen sowohl dem Inlandsgeheimdienst wie der Polizei bis zum Mittwoch nicht bekannt gewesen sei.

22 Kurz- und Langwaffen besessen

Unterdessen untersuchen Spezialisten des Landeskriminalamtes immer noch das Mehrfamilienhaus von Markus L., dem mutmaßlichen Schützen auf den SEK-Beamten in Reutlingen. Legal besitzt er 22 Kurz- und Langwaffen, die auf Waffenbesitzkarten verzeichnet sind. Der als passionierter Sportschütze beschriebene Mann ist Schießtrainer in einem Sportclub am Fuße der Schwäbischen Alb im Landkreis Reutlingen.

Strobl beschrieb das bisher bei L. aufgefundene Waffenarsenal als erschreckend und pervers: „Das, was ich dort gesehen habe, braucht kein Mensch.“ Nach Informationen unserer Redaktion fanden die Ermittler bereits ein Maschinengewehr und mehrere Handgranaten. Kriegswaffen, deren Besitz in Deutschland ohnehin Privatpersonen verboten ist.

Sicherheitsbehörden stärken

„Bei dem Reutlinger Täter wurden Kriegswaffen gefunden. Dies zu unterbinden liegt in der Zuständigkeit des Landes Baden-Württemberg“, sagte SPD-Mann Binder. Minister Strobl müsse die Sicherheitsbehörden des Landes stärken und es so ermöglichen, dass bereits geltendes Recht konsequent umgesetzt werde.

Auch der mutmaßliche „Reichsbürger“, der im vergangenen April in Boxberg-Bobstadt bei einer Razzia einen SEK-Beamten niederschoss und schwer verletzte, verfügte über ein ganzes Arsenal illegal erworbener Kriegswaffen. Das reichte von Sturm- und Scharfschützengewehren bis hin zu einem Maschinengewehr, das mit eingelegtem Patronengurt im Wohnzimmer des Mannes gefunden wurde. Das Verfahren gegen Ingo K. wegen versuchten Mordes beginnt am 5. April vor dem 7. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart in der Außenstelle Stammheim. Der bei dem Einsatz am Mittwoch verletzte Beamte des Spezialeinsatzkommandos befinde sich noch in einer Klinik zur medizinischen Nachsorge. Er sei auf dem Wege der Besserung, heißt es in Polizeikreisen.