Die europäische Mondbasis, wie sie sich ein Grafiker vorstellt: Das Behausung in Form eines Iglus soll aus Materialien gefertigt werden, die auf dem Erdtrabanten zu finden sind. Foto: Esa

Der US-Amerikaner Eugene Cernan hat am 14. Dezember 1972 als bislang letzter Mensch den Mond verlassen. Viele Nationen, darunter die Chinesen und Russen, nehmen seit einiger Zeit den Erdtrabanten ins Visier. Europa will nicht ins Abseits geraten – und setzt auf Zusammenarbeit, vor allem mit China.

Darmstadt - Wie geht es weiter mit der Raumstation ISS? Wann fliegt der nächste Deutsche ins All? Plant Europa eine eigenständige Mission zum Mond? Thomas Reiter, Ex-Astronaut und inzwischen Direktor für bemannte Raumfahrt bei der europäischen Raumfahrtagentur Esa, hat für 2013 ein volles Programm. Die Höhepunkte:

Ein Haus aus dem Drucker

Ein ganzes Gebäude aus dem Drucker? Klingt nach Science-Fiction – und ist es auch (noch). Für eine bemannte Mondbasis ist das fantastisch klingende Vorhaben bereits über den Status einer Idee hinaus. Nach Plänen von Weltraumexperten sollen künftige Mondbewohner ihre Behausungen mit Hilfe eines 3-D-Druckers fertigen. Für das Projekt setzen die Ingenieure der Esa als Industriepartner auch auf die Expertise des Architekturbüros Foster + Partner. Die Briten haben die gläserne Kuppel über dem Berliner Reichstag entworfen. Esa-Direktor Thomas Reiter sagte bei der Pressekonferenz in Darmstadt, dass „irgendwann im nächsten Jahrzehnt“ Raumfahrer zum Mond zurückkehren – und vielleicht länger als einige Tage bleiben. Wo sollen die lunaren Erkunder unterkommen? Vielleicht in einer iglu-artigen Struktur aus einem 3-D-Drucker wie von der Esa und den Architekten skizziert. Im Idealfall aus einer Substanz, die auf dem Erdtrabanten ohnehin in Hülle und Fülle zu finden ist – aus pulverisiertem Mondgestein. Mit 3-D-Druckern entstehen auf der Erde bislang Schmuckstücke, Spielzeug oder künstliche Korallenriffe. Ein ganzes Gebäude aufzubauen ist eine ambitionierte Aufgabe. Aus beweglichen Druckdüsen wird Material auf einen Rahmen aufgetragen, so entsteht Schicht für Schicht. Im Test ist das bereits ganz gut gelungen, doch das auf dem Mond herrschende Vakuum stellt die Ingenieure vor enorme Herausforderungen.

Mit China zum Mond

Mit China zum Mond

In China zählt Raumfahrt zu den Prestigeprojekten. Jeder erfolgreiche Start einer Rakete wird gefeiert als Beweis für die Überlegenheit des Systems. Die Esa hat 2011/2012 als eine der ersten Agenturen überhaupt eine Zusammenarbeit mit den Chinesen auf den Weg gebracht. Nächster Schritt soll die sogenannte Chang’e-3-Mondmission sein. Ende dieses Jahres soll ein kleines Raumschiff sanft auf dem Erdtrabanten aufsetzen und die Oberfläche erkunden. Aus Europa wird die Mission mit Estrack unterstützt, einem weltweiten Netzwerk von Antennen, die alle Aktivitäten im All beobachten. Esa-Direktor Reiter hofft, dass die Arbeit Seite an Seite mit den Chinesen der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein könnte. Astronauten aus dem Reich der Mitte und aus Europa tauschen sich seit einigen Monaten über ihre Erfahrungen aus. Reiter kann sich vorstellen, dass in einigen Jahren ein europäisches Fluggerät an eine Raumstation aus dem Reich der Mitte andockt.

Nasa und Esa Hand in Hand

Nasa und Esa Hand in Hand

Europas Raumtransporter ATV (Automated Transfer Vehicle) ist eigentlich ein Auslaufmodell. Der vierte von fünf geplanten Flügen eines Service-Moduls ist Ende April zur internationalen Raumstation ISS vorgesehen, der letzte dann Anfang 2014. Damit die Entwicklungsarbeiten der vergangenen Jahre für das High-Tech-Fluggerät nicht umsonst waren, sind die Europäer eine Zusammenarbeit mit der Raumfahrtbehörde Nasa eingegangen. Die Amerikaner basteln seit einiger Zeit an einem neuen Raumschiff namens Orion. Die Mannschaftskapsel wirkt äußerlich wie die große Schwester der Apollo-Raumschiffe, mit denen Neil Armstrong und seine Kollegen in den 70er Jahren den Mond besucht haben. „Erstmals 2017 soll Orion ins All fliegen“, so Reiter. Hinten dran an Orion hängt das Service-Modul mit Treibstoff, Stromversorgung, Hitzeschild und Antriebseinheit. Als Basis für das Modul dient das ATV. „Wenn wir das Service-Modul nicht liefern, fliegt Orion nicht“, beschreibt Reiter die Herausforderung.

Ein Deutscher im All

Ein Deutscher im All

Alexander Gerst hat noch vor sich, was Thomas Reiter im Jahre 2006 erlebt hat: eine Langzeitmission auf der Raumstation ISS. Gerst, geboren 1976 in Künzelsau, soll im Mai 2014 das 400 Tonnen schwere Labor in der Erdumlaufbahn anfliegen. Er hat dann mehr als drei Jahre hartes Training hinter sich. Im eiskalten Sibirien, fernab jeder Zivilisation mitten in der Wüste oder in einem riesigen Wasserbecken bei der Nasa in Houston, wo Schwerelosigkeit simuliert wird. Vor dem Deutschen darf noch Luca Parmitano den Raumanzug überstreifen. Der Italiener hat sein Ticket für eine Reise ins All vom Mai bis zum November dieses Jahres gezogen. „Wir haben nun Fluggelegenheiten für alle Esa-Raumfahrer“, sagte Reiter. Wann die Astronauten Gelegenheit bekommen, ihre Fähigkeiten in der Praxis zu demonstrieren, bleibt Verhandlungssache. Klar ist: Direkt nach Gerst wird Samantha Cristoforetti im Herbst 2014 der ISS einen Besuch abstatten. Die Italienerin, Offizierin der Luftwaffe ihres Landes, ist die einzige Frau im sechsköpfigen Astronautenkorps.