Stuttgart - Das Votum ist eindeutig: 61 Prozent der Bayern haben sich bei einem Volksentscheid für ein striktes Rauchverbot in Gaststätten, Discos und Festzelten ausgesprochen. Der Initiator des Aktionsbündnisses Ja zum Nichtraucherschutz, Sebastian Frankenberger, will den Aufwind jetzt in anderen Bundesländern nutzen.

Herr Frankenberger, wie viele böse E-Mails haben Sie in den letzten 24 Stunden bekommen von Rauchern, denen Sie mit Ihrer Rauchverbotsinitiative jetzt den Genuss am blauen Dunst nehmen?

Seit Sonntagabend waren es weit über 250 böse E-Mails. Die positiven Nachrichten waren aber zum Glück deutlich in der Überzahl, zwischen 300 und 400.

Tausende Raucherclubs im Freistaat haben jetzt ihre Vereinsgrundlage verloren - fühlen Sie sich als Totengräber des bayerischen Vereinslebens?

Nein, das wird sich zu einem guten Miteinander einspielen. Nehmen Sie das Beispiel der Bahn, dort hat es in den Zügen bis vor einigen Jahren noch heftig gequalmt, jetzt ist es ganz normal, dass nicht geraucht wird. Der Nichtraucherschutz ist auf dem Durchmarsch.

61 Prozent der Bayern sind für ein striktes Nichtraucherschutzgesetz. Haben Sie sich eine so große Zustimmung erträumt?

Erträumt schon, weil wir sachliche Argumente hatten, wie Gesundheitsschutz und Jugendprävention. Wir hatten aber etwas Angst vor der Kampagne der Gegenseite und deren Materialschlacht, die mit 460000 Euro zu Dreiviertel von der Tabaklobby finanziert wurde. Umso mehr sind wir jetzt froh und stolz, dass das Volk entschieden hat. Es ist wie mit dem Publikumsjoker bei Günther Jauchs "Wer wird Millionär", dort liegt das Publikum bei 94 Prozent der Fragen richtig. Man kann sich auf das Volk verlassen und sollte ihm viel öfter vertrauen.

In Bayern verzieht sich der Rauch, im Rest der Republik auch? Planen Sie ähnliche Volksinitiativen in anderen Bundesländern oder für ganz Deutschland?

In Hamburg haben wir am Montag bereits eine Volksinitiative federführend von der ÖDP gestartet, nächste Woche bin ich in Berlin, auch in Nordrhein-Westfalen sieht es gut aus. Wir warten jetzt auch die Reaktion der Bundesregierung ab: Sie hat die Möglichkeit, das Rauchverbot über das Arbeitsschutzgesetz klar zu regeln. Das Volk in Bayern hat klar gesprochen, es würde in anderen Bundesländern ebenfalls so sprechen.

Wie viel Zeit geben Sie der Bundesregierung?

Wir wollen auf jeden Fall dieses Jahr abwarten, bis die Umsetzung des Nichtraucherschutzgesetzes in Bayern ab dem 1. August richtig anläuft. Wir hoffen auch, von der EU eine Tendenz zu bekommen, die ein EU-weites Rauchverbot bis 2013 ins Auge gefasst hat. Dann können wir zu Frau Merkel sagen: Sie sind doch so gerne Vorreiter, starten Sie doch jetzt endlich in Deutschland mit dem Rauchverbot durch.

Werden die Bayern zu Denunzianten

Wie sieht es in Baden-Württemberg aus? Hier sind die Hürden für einen Volksentscheid vergleichsweise hoch.

In Baden-Württemberg ist es wirklich sehr schwierig, eine ähnliche Volksinitiative zu starten. Wir überlegen uns das sehr genau. Zunächst wollen wir jetzt erstmal Berlin auf die Reihe kriegen. Wenn die Hauptstadt fällt gegenüber der Tabaklobby, dann haben wir gute Chancen, dass sich auch im Rest von Deutschland etwas tut.

Die bayerischen Behörden haben sich in der Vergangenheit nicht dadurch ausgezeichnet, dass sie die unterschiedlich strengen Rauchverbote entschlossen durchgesetzt hätten. Fürchten Sie, dass trotz des neuen Gesetzes in den Gaststätten weitergequalmt wird?

Das kann ich mir nicht vorstellen. Bisher war es ja eher so, dass man gar nicht genau wusste, wo gequalmt werden darf und wo nicht. In Zukunft ist es ganz einfach, dann herrscht überall der Nichtraucherschutz. Jetzt ist es wirklich an den Bürgern, sich zu melden, wenn geraucht wird. Dieses Gesetz ist viel einfacher zu kontrollieren.

Werden die Bayern so zu einem Volk von Denunzianten, die sich gegenseitig anschwärzen?

Nein, das wird sich zu einem guten Miteinander einspielen. Nehmen Sie das Beispiel der Bahn, dort hat es in den Zügen bis vor einigen Jahren noch heftig gequalmt, jetzt ist es ganz normal, dass nicht geraucht wird. Der Nichtraucherschutz ist auf dem Durchmarsch.

Viele Wirte prognostizieren schon ein Kneipensterben. Wird es so schlimm kommen?

Nein, schon in anderen Ländern hat sich gezeigt, dass das Rauchverbot überhaupt kein Problem ist. Nach einer gewissen Übergangszeit wird es sich auch in Bayern einspielen. Die Fluktuation im Gaststättengewerbe ist generell sehr hoch mit 30 Prozent.

Fürchten Sie ab kommendem Jahr ein Hausverbot in den Festzelten auf der Wiesn, wenn auch dort nicht mehr geraucht werden darf?

Überhaupt nicht, die Oktoberfest-Wirte haben mich schon vor dem Volksentscheid eingeladen, dass wir - egal wie es ausgeht - danach auf die gesunde Luft anstoßen.