Stuttgart/Heidelberg - Um den Schutz von Nichtrauchern in der Öffentlichkeit zu verbessern, hat die Landesregierung jetzt die Bestimmungen für die Gastronomie präzisiert. In einem gemeinsamen Erlass an die Kommunen stellen Sozial- und Wirtschaftsministerium Details für die unterschiedlichen gastronomischen Einrichtungen klar – vom Gartencafé über die Shisha-Bar bis hin zum Vereinsfestzelt.

Sie reagieren damit auf die Auswertung einer Umfrage zum Nichtraucherschutzgesetz, die das Land im vergangenen Jahr unter den Kommunen gemacht hat. Danach wird das Gesetz aus dem Jahr 2009 „überwiegend problemlos umgesetzt“. Gewisse Konflikte gebe es jedoch noch bei Gaststätten mit Raucherraum, reinen Raucherkneipen, Shisha-Cafès und Diskotheken. Es gebe noch hohen Beratungsbedarf, hieß es damals.

Wesentliche Änderungen gegenüber dem früheren Erlass enthält die Neufassung allerdings nicht. Die „Ausführungshinweise“ erläutern zum Beispiel, was unter einem Nebenraum zu verstehen ist. Auf politischer Ebene ist eine Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes schon gar nicht im Gespräch: Weder bei den Grünen noch bei den Sozialdemokraten im Landtag gebe es derzeit Bestrebungen, die Regeln zu ändern, heißt es im Sozialministerium.

"71 Prozent der Kneipen sind verraucht"

Dabei hatte die Koalition ursprünglich vereinbart, den Nichtraucherschutz „konsequent weiterzuentwickeln“. Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg nimmt Grün-Rot deshalb beim Wort und moniert seit Jahren Gesetzeslücken.

Vereinsgastronomie: Auch hier gilt der Nichtraucherschutz, da Vereinsgaststätten in der Regel öffentlich zugänglich sind. Sogar für geschlossene Gesellschaften in Gaststätten gilt Rauchverbot. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Speisen und Getränke vom Gastwirt selbst stammen oder ob ein Caterer sie bringt.

Die Kommunen halten eine Verschärfung jedoch ebenso wenig für nötig wie die Landesregierung. „Es gibt ein hohes Maß an Akzeptanz auf allen Seiten“, heißt es etwa beim Gemeindetag zum geltenden Nichtraucherschutz. Auch die Kreise, deren Aufsichtsbehörden das Rauchverbot kontrollieren müssen, halten die Probleme an dieser Front für gering.

In der Praxis keine Probleme?

Pro Jahr bis zu 78 Verstöße je Regierungsbezirk

Auch sie berufen sich auf die Ergebnisse der Umfrage, die das Land zwischen 2011 und 2013 bei Kommunen gemacht hat. Danach kommt es in der Gastronomie zwar noch zu Umsetzungsproblemen – so ahndeten die Vollzugsbehörden pro Jahr bis zu 78 Verstöße je Regierungsbezirk. Doch gilt diese Zahl angesichts von 31 000 gastgewerblichen Betrieben im Land gering.

Alldings wurde meist nur „anlassbezogen“ kontrolliert, also wenn sich jemand beschwert hatte. Stichproben fanden nur selten statt. Die Kommunen begründeten dies damit, dass sie nicht genügend Personal hätten. Im vergangenen Jahr hatte Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) deshalb angekündigt, per Erlass mehr Kontrollen einzufordern.

Doch mehr als eine Bitte ist daraus nun nicht geworden: Die Kommunen mögen die „Möglichkeiten zur Optimierung der Kontrolltätigkeit in ihrem Vollzugsbereich“ überprüfen, heißt es in einem Schreiben an die Stadt- und Landkreise. „Die Probleme werden also offensichtlich nicht mehr als so groß eingeschätzt“, sagt Alexis von Komorowski vom Landkreistag.

"In der Praxis gibt es so gut wie keine Probleme"

Die Gastronomie selbst hat sich mit dem Gesetz ebenfalls arrangiert. „In der Praxis gibt es so gut wie keine Probleme, man kann hierzulande essen gehen, ohne sich in rauchiger Luft aufzuhalten“, sagt Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Seinem Eindruck nach löst sich mittlerweile auch das Problem der Raucherräume in Luft auf, weil immer mehr Wirte auf solche Sépareés verzichten: „Viele Gäste und Wirte schätzen es mittlerweile, dass Rauchfreiheit der Standard ist.“

Die Brauereigaststätte Sanwald im Stuttgarter Westen zum Beispiel hat schon 2011 ganz auf rauchfrei umgestellt, nachdem sie anfangs noch ein Raucherzimmer angeboten hatte. „Fast jede Woche hat sich ein Gast darüber beschwert, darauf haben wir reagiert“, sagt Geschäftsführer Markus Knörzer. Umsatz habe ihn dies nicht gekostet.

Die Raucher gehen jetzt offenbar vor die Tür, und diesen Trend beobachtet man beim Dehoga auch andernorts. „Das Gästeverhalten verändert sich“, sagt Ohl. Diesen Eindruck hat man auch im Stuttgarter Sozialministerium. Gaststätten mit Raucherräumen seien weiter auf dem Rückzug, glaubt Sprecher Helmut Zorell. Das zeigten die Rückmeldungen in seine Behörde. Ansonsten blieben nämlich die Gäste aus: „Die Leute stimmen mit den Füßen ab.“

Zumindest an dieser Front scheint sich der Konflikt ums Rauchen also allmählich in Luft aufzulösen. Nicht allerdings auf anderen Feldern. Die reinen Raucherkneipen sind der Nichtraucherlobby noch immer ein Dorn im Auge. Auch andere, vergleichsweise lockere Regelungen im Südwesten zum Nichtraucherschutz erregen den Zorn von Vereinen wie „Pro Rauchfrei“. Doch in dieser Wahlperiode wird Grün-Rot das heiße Eisen nicht mehr anfassen.

Hintergrund: Wo darf man, wo nicht?

Bei der Umsetzung des Nichtraucherschutzgesetzes kommen immer wieder Fragen auf. Deshalb gibt das Land den Behörden neue Hinweise an die Hand. Hier die wichtigsten:

Einraumgaststätten: Hier darf geraucht werden, wenn nur Personen ab 18 Zutritt haben, wenn sie deutlich als Rauchergaststätten gekennzeichnet sind und wenn sie weniger als 75 Quadratmeter groß sind. Das Speiseangebot muss auf ein kaltes Vesper beschränkt sein.

Raucherräume: In vollständig abgetrennten Nebenräumen darf ebenfalls geraucht werden, wenn sie als solche gekennzeichnet sind. Die Luftqualität in den übrigen Räumen darf aber nicht darunter leiden. Die Nebenräume dürfen auch nicht größer als der Hauptraum sein.

Biergärten: Die sogenannte Außengastronomie ist vom Rauchverbot ausgenommen. Das gilt (im Gegensatz zu Bayern) auch für Festzelte. Allerdings sind damit nur zeitweilig aufgestellte Festzelte gemeint, für dauerhaft installierte Zelte gilt Rauchverbot.

Vereinsgastronomie: Auch hier gilt der Nichtraucherschutz, da Vereinsgaststätten in der Regel öffentlich zugänglich sind. Sogar für geschlossene Gesellschaften in Gaststätten gilt Rauchverbot. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Speisen und Getränke vom Gastwirt selbst stammen oder ob ein Caterer sie bringt.

Einkaufspassagen: Wenn die Gäste nicht draußen sitzen, gilt auch hier das Rauchverbot. Im Erlass heißt es dazu: „Weder große Ein- und Ausgänge (selbst wenn diese stets offen sind) noch sehr hohe Innenräume erlauben eine Einstufung der dort angesiedelten gastronomischen Betriebe als Außengastronomie.“

Discotheken: In Nebenräumen ist das Rauchen zulässig, wenn es dort keine Tanzfläche gibt. Außerdem dürfen nur Erwachsene Zutritt haben. Bewirtschaftete Zelte oder Container im Außenbereich von Discotheken gelten nicht als Festzelte, sondern als Teil der Disco: Hier gilt also Rauchverbot, es sei denn, sie werden als „Raucherraum“ gekennzeichnet.

Mehrzweckhallen: Für zeitweilige gastronomische Veranstaltungen in Einrichtungen der Kommunen oder des Landes gelten dieselben Regeln wie für die Gastronomie. Das Rauchen in Foyers von Mehrzweckhallen ist lediglich dann zulässig, wenn diese Bereiche von der Halle räumlich getrennt sind. Wenn Gäste auf dem Weg zur Toilette da hindurch müssen, so könne ihnen das zugemutet werden, heißt es.