Aufgebracht: Die Ratshausener Bürger löchern die Vertreter von Holcim im Rahmen der Gemeinderatssitzung mit vielen kritischen Fragen und machen ihrem Unmut über den Abbau auf dem Plettenberg Luft. Fotos: Stoll Foto: Schwarzwälder-Bote

Ratshausener Bürger machen ihrem Unmut in der Sitzung des Gemeinderats Luft. Gesamtkonzept gefordert.

Ratshausen - Das Hochwasser vor wenigen Tagen haben die Ratshausener noch nicht verdaut. Das wurde in der Gemeinderatssitzung in der Pfarrscheuer deutlich. Emotionen kochten in der Bürgerfragestunde hoch, als die Einwohner ihrem Ärger Luft machten.

Nicht natur-, sondern hausgemacht sei das Hochwasser in der vergangenen Woche gewesen, lautete gleich die erste Aussage eines wütenden Bürgers. Es sei ein Unding, dass Grundstückbesitzer für Schäden, die "durch Fremdverschulden entstanden sind", aufkommen sollen. Vielmehr sehe er die Veranwortung bei der Gemeinde Dotternhausen, da diese Eigentümer des Plettenbergs sei und ihn an Holcim verpachte. Das Hochwasser kommentierte er so: "Wir brauchet die Scheiße nemme."

Eindeutig ist die Sachlage aber nicht. "Wir haben das Wasseramt beauftragt, nach dem Verursacher zu suchen", sagte Bürgermeister Heiko Lebherz. Das werde einige Zeit dauern. Derzeit deuteten alle Zeichen darauf, dass es sich in Hausen am Tann um ein hundertjährliches, in Ratshausen um ein 50-jährliches Hochwasser gehandelt habe und um ein Naturereignis, führte Lebherz aus.

Dass das Wasser im Ort nicht nur aus der Schlichem und ihren Zuflüssen kam, deuteten Vertreter der Bürgerinitiative "Pro Plettenberg" an. Sie verwiesen darauf, dass während des Unwetters zu allem Überfluss die Stellschraube des Schiebers im Steinbruch nicht bedient werden konnte, weil der Bereich für die Einsatzkräfte nicht erreichbar war. Dort wird der Ablauf aus den beiden Sammelbecken reguliert.

Da die Wassermenge, die potenziell vom Steinbruch nach Ratshausen gelangen kann, immer wieder direkt oder indirekt Ziel von Fragen war, ging Andreas Junginger, Leiter der Gewinnungsbetriebe bei Holcim, näher auf die Sammelbecken ein. Am tiefsten Punkt im Steinbruch angelegt, nehmen diese das anfallenden Oberflächenwasser auf. Genehmigt ist eine Ablassmenge von maximal 20 Litern pro Sekunde, tatsächlich betrage diese elf Liter. Werksleiter Dieter Schillo gab zu bedenken, dass Holcim schon einmal ein Jahr lang das Wasser aus den Becken nicht ableiten durfte. Im Steinbruch habe sich dann ein kleiner See gebildet.

Ursprünglich waren die Rückhaltebecken als Versickerungsbecken angelegt. Die wasserundurchlässige Schicht unter dem Steinbruch verhindere jedoch ein Versickern. Diese Schicht sei auch ein Grund, weshalb manche Quellen außerhalb des Steinbruchs auf dem Plettenberg auf dieser Höhe liegen. Das erläuterte Schillo auch auf die Frage von Gemeinderat Markus Deigendisch, ob die Fläche auf der wasserundurchlässigen Schicht durch das Befahren weiter verdichtet wird.

Ein Einwohner wollte in Erfahrung bringen, wie es mit dem Hochwasserschutz der Gemeinde aussieht, da seiner Ansicht nach nichts geschehe. "Es war immer fünf vor knapp, jetzt war’s drüber."

Zu diesem Thema hatte der Bürgermeister keine erfreulichen Nachrichten. "Unser Hochwasserschutzkonzept war zuende gedacht." Allerdings habe das Land verfügt, dass ein Gesamtkonzept zu erarbeiten sei, das alle Unterlieger einschließt – bis nach Rangendingen. Das ärgere ihn "granatenmäßig". Zwar solle das Vorhaben schnell umgegesetzt werden, erläuterte Lebherz, gab aber zu bedenken, dass "schnell" beim Land durchaus drei bis vier Jahre bedeuten könne.

Mit der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts seien auch mögliche Fördermittel für Ratshausen erst einmal nicht erreichbar. Das noch von seinem Vorgänger angeregte Konzept weise Kosten in Höhe von 3,5 bis 4,5 Millionen Euro auf, sagte er. Davon könnten bis zu 70 Prozent über Fördermittel finanziert werden.

Er stellte außerdem in Aussicht, dass bei gleichzeitiger Rekultivierung bis zu 85 Prozent möglich wären. Beim Umweltministerium habe er angefragt, ob einzelne Maßnahmen zur Entlastung im Einzugsgebiet aus dem Gesamtkonzept herausgenommen werden könnten – besonders im Hinblick auf eine zeitnahe Umsetzung. Grünes Licht habe er bisher noch nicht erhalten.