Pfarrer Shibu Vincent Pushpam sitzt auf den Stufen vor dem Altar der Ratshausener St.-Afra-Kirche. Der indische Priester fühlt sich im Oberen Schlichemtal wohl. Foto: Visel Foto: Schwarzwälder Bote

Kirche: Pfarrer Shibu Vincent Pushpam hat sich in Ratshausen gut eingelebt / "Die Leute hier sind nett und hilfsbereit"

Er hat sich schon eingelebt im Oberen Schlichemtal: "Die Leute hier sind nett und hilfsbereit", sagt der Ratshausener Pfarrer Shibu Vincent Pushpam, der wie sein Vorgänger Thomas Vadakoot aus Südindien kommt, und betont: "Ich versuche meinen Dienst gut zu machen."

Ratshausen. Ende September hatte der 33-jährige Pfarrvikar seine erste Messe in der Ratshausener St.-Afra-Kirche gelesen. Inzwischen ist er in der Seelsorgeeinheit Oberes Schlichemtal bekannt und hat bereits Gottesdienste in allen dazu gehörenden Gemeinden gehalten.

Pushpam, der im April 2015 nach Deutschland gekommen war und somit zum ersten Mal europäischen Boden betrat, freut sich über eine gute Zusammenarbeit mit dem Pastoralteam bestehend aus Pfarrer Johannes Holdt, Diakon Stephan Drobny, Diakon im Zivilberuf Oliver Pfaff, Gemeindereferent Wolfgang Schmid sowie Palmbühlpfarrer Josef Schäfer. Und auch mit dem Kirchengemeinderat, besonders mit dem zweiten Vorsitzenden Andreas Koch, kooperiere er gut, sagt der Priester: "Herr Koch kennt sich in der gesamten Gemeinde bestens aus." Die Menschen, mit denen er es in seiner Pfarrei zu tun habe, seien aufgeschlossen: "Sie kommen auf mich zu und fragen, ob ich was brauche."

Pushpam kommt aus dem südindischen Bundesstaat Kerala. Seine Heimatdiözese ist das Bistum Neyyattinkara. Nach der Schule besuchte er das "Kleine Priesterseminar", ein Konvikt für ältere Schüler, die später das Priesterseminar besuchen beziehungsweise studieren wollen. Pushpam studierte von 2005 bis 2012 katholische Theologie und Philosophie in Mangalore im Bundesstaat Karnataka. Anschließend arbeitete er ein Jahr als Diakon und wurde 2013 zum Priester geweiht. Zwei Jahre später habe ihn sein Bischof "überraschend" gefragt, ob er ins Ausland wolle. Nach einer Bedenkzeit sagte er zu und kam zunächst nach Tailfingen.

Als erstes sei das Erlernen der Sprache angestanden. Er habe einen sechsmonatigen Intensivkurs gemacht, nachdem er bereits in Indien ein wenig Deutsch gelernt hatte: "Die Sprache zu verstehen, ist am Anfang sehr schwer." Das liege natürlich auch am Schwäbischen. Inzwischen aber weiß der indische Priester was es auf sich hat, wenn einer sagt "I gang iatzt hoim" oder "I hau grad koi Zeit". Schwer sei es gewesen, den deutschen Führerschein zu machen. Die Theorie hat er auf Englisch absolviert.

Angefreundet hat er sich auch mit der schwäbischen Küche. Maultaschen, Linsen und Spätzle nennt Pushpam als einige seiner Lieblingsspeisen. Die indische Küche vermisse er dagegen kaum: "Ich esse alles", sagt er und lacht. Selbst kochen ist seine Sache hingegen nicht – und wenn er sich an den Herd stellt, gibt es Reis und Gemüse: "Ich kaufe aber lieber was Fertiges im Supermarkt." Einmal, erzählt er, habe er in Tailfingen gekocht und dabei den Rauchmelder ausgelöst: "Das war eine Katastrophe."

Weniger Probleme hat der Priester mit der Liturgie: "Die ist in Deutschland und Indien ähnlich, wenngleich es einige Unterschiede gibt." Stolz erinnert sich Pushpam an seine erste Narrenmesse, die er am Fasnetsmontag in der St.-Afra-Kirche in Ratshausen gehalten hat. Er habe im Internet recherchiert, um seine Predigt teilweise in Reimform halten zu können.

"Richtig angekommen" aber sei er wohl erst, wenn er ein gesamtes Kirchenjahr als Pfarrer hinter sich gebracht habe mit Oster- und Weihnachtsfeier. Denn immerhin gilt es für den indischen Priester, sich an einige Besonderheiten in Europa zu gewöhnen: wie etwa an die Urnenbeisetzung: "Das ist in Indien keine christliche, sondern eine Hindu-Tradition."

Ansonsten liebt er im Oberen Schlichemtal die Natur, die Wiesen und Wälder. So gehe er regelmäßig am Morgen spazieren und joggen. "Es ist schön hier, ich fühle mich wohl", sagt Pushpam, nur die vergangenen Tage seien etwas kalt gewesen. "Ich lerne viel und versehe meinen Dienst mit ganzem Herzen", bekennt er. Mit dem Kirchenbesuch sei er zufrieden, wenngleich die Kirchen in Südindien voller seien. "Aber in Deutschland spielt sich das Gemeindeleben nicht nur im Gottesdienst ab, sondern in vielen einzelnen Gruppen."

"Man ist ein Fremder"

Normalerweise dauere ein Auslandsdienst an die zehn Jahre, dann würden die indischen Priester wieder in die Heimat zurückkehren. Während der Zeit im Ausland könne es sein, dass man mehrere Stationen absolvieren müsse. Er wolle aber nicht nur zwei oder drei Jahre im Schlichemtal bleiben, betont der Pfarrvikar: "Wenn man als Priester ins Ausland geht, ist man ein Fremder. Dort ist alles unbekannt, man muss alles lernen. Kehrt man dann nach Jahren wieder in die Heimat zurück, ist man dort auch ein Fremder und muss neu beginnen." Über all dem stehe aber der Dienst in der "internationalen Kirche". So werde ein Teil seines Gehalts für Sozialprojekte in seiner Heimatdiözese verwendet. Spenden, die er bekomme, würden der Priesterausbildung in Indien zugute kommen.

Jedes Jahr will Pfarrer Shibu Vincent Pushpam vier Wochen Urlaub in Indien verbringen und seine Familie besuchen. Angedacht sei aber auch, dass einige Interessierte aus Ratshausen und der Seelsorgeeinheit mal mit ihm in seine Heimat fliegen, um zu sehen, wie es dort ist.