Seit Mai finden auch an der Kehle Europa-Brücke Zurückweisungen von Asylsuchenden statt. Die Intensität der Kontrollen hat laut Oberbürgermeister Wolfram Britz seither abgenommen, viele Bürger hätten sich an die Maßnahmen gewöhnt. Foto: Armbruster

Die Polizei hat die Grenze etwas mehr als ein Jahr verstärkt im Blick, seit Mai darf sie auch Asylsuchende abweisen. Kehls OB Wolfram Britz sieht die Kontrollen weiter kritisch.

„Die Bewohnerinnen und Bewohner des Lebensraums Straßburg-Kehl haben sich auf die Kontrollen eingestellt und mit ihnen zu leben gelernt“, konstatiert Kehls OB Wolfram Britz fast ein halbes Jahr nach Beginn der intensivierten Kontrollen auf Anfrage unserer Redaktion.

 

Die Intensität der Kontrollen, vor allem des Verkehrs über die Europa-Brücke habe der Wahrnehmung der Stadtverwaltung nach im Vergleich zu Mai und Juni 2025 jedoch auch deutlich nachgelassen. „Auch die Ortenau-S-Bahn wird – wie uns berichtet wird – im Kehler Bahnhof in der Regel weniger lange aufgehalten“, so Britz. Ganz so dramatisch, wie noch im Frühsommer befürchtet, scheint es also nicht gekommen zu sein.

Groß war damals der Aufschrei beidseits des Rheins, als Bundesinnenminister Alexander Dobrindt „deutlich verschärfte“ Kontrollen anordnete. Seither kann die Bundespolizei auch Menschen an der Grenze zurückweisen, die ein Asylgesuch äußern.

Kehls OB Wolfram Britz und seine Straßburger Amtskollegin Jeanne Barseghian sahen durch die verschärften Kontrollen das Leben von mehreren Tausend Grenzpendlern, von Schülern sowie auf beide Rheinseiten verteilte Familien beeinträchtigt – nicht zuletzt auch die regionale Wirtschaft gefährdet.

Seither hat die Bundespolizei an der Grenze zu Frankreich laut einer Mitteilung zu Beginn des Monats insbesondere vermehrt Schleuser aufgegriffen (siehe Info). Zahlen für den Grenzübergang in Kehl gibt es laut Bundespolizeiinspektion Offenburg allerdings keine.

Rathauschef stellt in Frage, ob der Aufwand sich lohnt

Kehls OB zeigt sich derweil nicht vom Mehrwert der Kontrollen überzeugt. „Für uns stellt sich daher weiterhin die Frage, ob das Ergebnis der Kontrollen, den Aufwand – und die Kosten, welche die Kontrollen verursachen – rechtfertigen“, betont Britz. „Auch können wir nicht einschätzen, wie viele der Zurückweisungen Geflüchtete mit einem französischen Aufenthaltstitel betreffen, welche die Grenze lediglich passieren, wollen, um einzukaufen und nicht um einzuwandern.“

Die Konsequenzen für den grenzüberschreitenden Lebensraum seien – trotz Erleichterungen gegenüber Mai/Juni – nach wie vor weitreichend. So würde ein Teil der Einwohner den Gang ins Nachbarland aufgrund der Kontrollen meiden, was sich auf den Einzelhandel und die Gastronomie auswirke. „Dem gut nachbarschaftlichen Verhältnis, zu dem auch gehört, dass man seine Freizeit auf der jeweils anderen Rheinseite verbringt, sind die Kontrollen nicht zuträglich“, ergänzt er.

Allerdings gebe es in Kehl auch nicht nur Gegner der verstärkten Kontrollen. „Während es für einen Teil der Kehlerinnen und Kehler wichtig ist, dass die Grenzkontrollen den Alltag im rheinübergreifenden Ballungsraum Straßburg-Kehl nicht beeinträchtigen, werden sie von anderen Einwohnerinnen und Einwohnern begrüßt, weil sie deren Sicherheitsempfinden stärken“, so Britz.

Schleuser erwischt

Seit Einführung der verstärkten Kontrollen an den Grenzen haben Einsatzkräfte eine große Zahl an Schleusern in Baden-Württemberg festgenommen. Vom 16. September 2024 bis 30. September 2025 waren das nach Auskunft der Bundespolizei insgesamt 213. An der französischen 111 – bundesweit waren es insgesamt 1653. Die Grenzübergänge zu Frankreich werden rund um Fußball-EM und Olympia bereits seit gut einem Jahr kontrolliert, seit Mai finden die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt angeordneten verschärfte Kontrollen statt. An der Grenze zu Frankreich wurde der Höchststand der unerlaubten Einreisen 2024 mit 5466 erreicht. In diesem Jahr lag die Zahl laut Bundespolizeidirektion Stuttgart bis Ende September bei 5436.