Blumen und Kerzen erinnern an die zwei Frauen, die in der Schwieberdinger Straße ums Leben gekommen sind. Foto: Frederik Herrmann

Im März sind in Ludwigsburg zwei junge Frauen in Folge eines illegalen Autorennens gestorben. Ein tragischer Unfall? Wieso erscheint dieser Begriff vielen so unpassend?

Was ist ein Unfall? Wenn man ausrutscht, hinfällt und sich den Kopf anschlägt, würden wohl die meisten von einem Unfall sprechen. Auch ein Brand, der durch einen technischen Defekt ausgelöst wird, gilt allgemein als Unfall. Doch nach dem illegalen Autorennen am 20. März in der Schwieberdinger Straße in Ludwigsburg, bei dem zwei junge Frauen ums Leben kamen, fällt es vielen schwer, einen passenden Begriff für das Geschehene zu finden.

 

"Ich will nicht von einem Unfall sprechen"

Matthias Knecht, Oberbürgermeister von Ludwigsburg, äußerte sich einen Tag nach dem tragischen Ereignis auf der Pressekonferenz zur Saisoneröffnung des Blühenden Barocks: „Ich will nicht von einem Unfall sprechen, denn das war dieses sinnlose und fürchterliche Ereignis nicht.“ Aber wieso nicht? Wieso empfinden so viele diesen Begriff als unpassend?

Ein Unfall? Der Begriff hat sprachliche Tücken

Der Begriff „Unfall“ wird im Alltag oft mit einem unabsichtlichen, zufälligen Geschehen verbunden, erklärt Matthias O. Rath, Professor für Philosophie an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Der Begriff impliziere deshalb häufig etwas Unkontrollierbares oder gar die Unschuld der Beteiligten.

Im Fall des mutmaßlichen Autorennens jedoch hätten die Fahrer mutmaßlich bewusst eine riskante Fahrweise gewählt, was den Begriff „Unfall“ für viele verharmlosend erscheinen lässt. Rath betont, dass Wörter nicht nur beschreiben, sondern auch bewerten. Wird „Unfall“ mit Zufall und unbeabsichtigten Handlungen verknüpft, erweckt das den Eindruck, die Täter zu entlasten. Begriffe wie „Verbrechen“, „Raserei mit Todesfolge“ oder gar „Mord“ heben hingegen die moralische Schuld der Beteiligten stärker hervor. Lesen und sprechen Menschen dagegen von „Unfall“, empfinden viele, dass die moralische Tragweite des Vorfalls nicht vollständig widergespiegelt wird.

Rechtliche Einordnung wird noch von einem Gericht vorgenommen

Welcher Begriff verwendet wird, hängt daher nicht nur von der Bedeutung des Wortes ab, sondern auch davon, wie der Vorfall moralisch und juristisch bewertet wird. Die polizeilichen Ermittlungen laufen noch – erst danach wird sich ein Gericht mit dem Fall befassen und darüber entscheiden, wie das Geschehene rechtlich eingeordnet wird.