Benan Ergün kritisiert, dass auf der Schwieberdinger Straße in Ludwigsburg zu wenig kontrolliert werde. Die Straße sei als Rennstrecke bekannt. Er gibt aber auch Einblicke, wie die Familie mit der Situation umgeht.
Es sind bewegende Minuten am Mittwochabend bei Stern TV, als Benan Ergün mit Moderator Steffen Hallaschka über den grausamen Tod seiner Cousine spricht. Selin wurde zusammen mit ihrer Freundin vergangenen Donnerstag Opfer eines illegalen Autorennens in der Ludwigsburger Innenstadt.
Vor dem Gespräch im Fernsehstudio zeigt ein Filmbeitrag Bilder, die erschüttern. Das völlig demolierte Auto, in dem die 22-Jährige mit ihrer Freundin Merve saß, die Ende April vor den Traualtar getreten wäre. Die Trauerstätte, an der täglich mehr Blumen und Kerzen abgelegt werden. Einsatzkräfte, die mit der Situation vor Ort umgehen müssen.
Augenzeugin kritisiert fehlende Blitzer
Eine Augenzeugin, die schräg gegenüber der Tankstelle wohnt, erzählt sichtbar angefasst, dass die Erschütterung durch den Aufprall riesig war. Das Szenario, das sich dann am Unfallort geboten habe, sei schlimm gewesen, berichtet sie. Die beiden Frauen, für die jede Hilfe zu spät kam, seien eingeklemmt gewesen und hätten erst einmal von der Feuerwehr herausgeschnitten werden müssen.
Auf dem Streckenabschnitt gebe es keine Blitzer. „Man versteht es nicht, warum nicht schon viel früher gehandelt wurde. Das ist bekannt“, moniert sie dann. Es gebe in Ludwigsburg auch andere Strecken, auf denen gerast werde.
Eine Kritik, die im Gespräch im Studio auch Benan Ergün äußert. Auf der Schwieberdinger Straße, die bekanntermaßen eine Rennstrecke sei, werde zu wenig kontrolliert, sagt er. Der nächste Geschwindigkeitsblitzer ist etwa 600 Meter von der Unfallstelle entfernt. Und es sei einfach, dort abzuhauen. Es gebe viele Einmündungen und die Autobahnauffahrt sei auch nur einen Kilometer entfernt. „Deshalb bin ich sehr enttäuscht von den Behörden, dass es soweit kommen musste.“
Doch den Cousin der Verstorbenen treibt noch etwas um. Die Raser seien in der Stadt bekannt. „Sie haben schon öfter mit hochmotorisierten Fahrzeugen zu tun gehabt. Ich habe die schon öfter auf den Straßen gesehen, wie sie durch die Stadt mit hohen Drehzahlmomenten fahren und wenn man das jetzt hier so sieht und dass es die gleichen Personen sind, die man schon mal gesehen hat mit den gleichen Autos, dann tut das noch mal mehr weh.“
War ein dritter Fahrer beteiligt?
Der 32-jährige Fahrer der S-Klasse, der auf den Ford der Frauen raste, wurde noch am Unfallort festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Der zweite Fahrer ist ebenfalls identifiziert, sitzt aber nicht in U-Haft. Die Polizei vermutet, dass an dem mutmaßlichen illegalen Autorennen ein drittes Fahrzeug beteiligt war. Am Mittwoch wurde ein Zeugenaufruf gestartet. Möglicherweise ist das dritte Fahrzeug hinter den S-Klassen gefahren, um den nachfolgenden Verkehr abzuschirmen.
50 Stundenkilometer sind auf der Schwieberdinger Straße erlaubt. Augenzeugen, erzählt der Cousin, hätten berichtet, dass der Täter über die dreifach erlaubte Geschwindigkeit gefahren sei. Benan Ergün: „Wie kann man sich das Recht nehmen, billigend Menschenleben zu nehmen.“
Selin war ein lautes, glückliches Mädchen
Wenn einem das Leben weggenommen werde ohne Grund und das von einem anderen Menschen, der kein Recht dazu habe, dann sei man leer, sagt der Cousin. „Wir sind am Boden zerstört und haben seit Tagen nicht geschlafen, nicht gegessen“, erzählt der Cousin mit großer Gefasstheit. Er gibt aber auch einen Einblick in das Seelenleben der Angehörigen und Freunde. „Wir wissen nicht mehr wohin mit uns.“
Selin sei ein lautes Mädchen gewesen, sagt ihr Cousin. Laut und glücklich. Ein Video wird eingespielt, in dem die junge Frau Musik hört und lacht. Sie habe mit niemandem Streit gehabt. Sie habe andere auch nie alleine gelassen, auch in traurigen Situationen.
Jetzt müssen die Angehörigen mit einer unfassbar traurigen Situation umgehen. Eine Trauer, die die Familie noch enger zusammenrücken hat lassen, erzählt Engün. „Natürlich ist in uns eine große Wut, aber uns kann keiner so leicht brechen.“
Helfen würde auch die große Anteilnahme vieler Menschen, die Blumen und Kerzen an die Unfallstelle legen, sagt der Cousin. Es sei wichtig, dass die Menschen kommen und trauern. Das sei ein Zeichen der Solidarität. „Es hätte jeden treffen können.