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Einige Raritäten sind seit ein paar Tagen im Heimatmuseum im Freudenstädter Stadthaus zu bestaunen. Es sind kleine Kunst- und Wunderwerke aus der Hand eines Freudenstädter Meisters. Eines Friseurmeisters namens Adolf Lieb. Er flocht feine Ornamente, lange Ketten, kleine Ohrringe, filigranen Schmuck und viele Bilder aus Frauenhaaren.

Freudenstadt - Tatsächlich, aus menschlichem Haar. Eine seltene Kunst, die heutzutage kaum einer mehr beherrscht. Sie ist zu sehen im Heimatmuseum im Stadthaus in der Reihe der alten Handwerksberufe zusammen mit den Relikten eines alten Frisiersalons wie originale Trockenhaube, alte Lockenstäbe und Brennscheren, Rasierschalen, Pinsel und Messer oder abgegriffene Klatschzeitung. Alles eine Spende des Friseurgeschäfts Wölper in Freudenstadt.

Dem Heimat- und Museumsverein überlassen

Auch die jetzt neu ausgestellten Beispiele des Haarflechtens sind eine Schenkung. Sie stammen aus dem Nachlass von Adolf und Hildegard Lieb aus Freudenstadt, die ein Friseurgeschäft in der Reichsstraße betrieben, das heute von ihrer Stieftochter Rosemarie Lieb-Wössner weitergeführt wird.

Während Adolf Lieb im April 2002 verstorben ist, lebt seine Witwe Hildegard seit knapp einem Jahr im Martin-Haug-Stift. Im Nachlass ist bestimmt, dass die Haarkunst-Sammlung dem Heimat- und Museumsverein für Stadt und Kreis Freudenstadt überlassen wird. Peter Kilgus, Bevollmächtigter von Hildegard Lieb, fielen die Kunstwerke beim Verkauf des Liebschen Wohnhauses in der Schulstraße in die Hände und er übergab sie dem Verein. Die fein gerahmten Bilder und Arbeiten aus Frauenhaar zeugen von einer so gut wie vergessenen Kunst am Haar. Sie zählte noch zur Ausbildung von Adolf Lieb von 1929 bis 1933 zum Herren- und Damenfriseur und Perückenmacher.

Allerdings sollte er fast 70 Jahre alt werden, bis er bei einem Besuch in den USA auf Exponate von Haarkunst stieß und von seiner Frau animiert wurde: "Das machst du auch wieder." Adolf Lieb muss sich mit großem Eifer – und Engelsgeduld – ans Werk gemacht und sich erst äußerst mühsam das Werkzeug dazu zusammengesucht haben. Kleine und große Kunstwerke, Schmuckstücke und Wandbilder aus unendlich vielen Frauenhaar-Strängen mit jeweils fünf Haaren klöppelte er dabei mit bis zu 40 Klöppeln an einem Objekt.

Auch ein Buch über das seltene Handwerk verfasst

Er steckte mit seinem Fleiß auch seine Frau Hildegard an, ebenfalls Friseurmeisterin. Dem Coiffeur war es ein Herzensanliegen, dass die schon damals kaum mehr bekannte Kunst nicht ganz in Vergessenheit gerät. Nicht zuletzt deshalb verfasste er 1990 ein knapp 120-seitiges Büchlein über das "Flechten von Haarketten" mit zahlreichen Klöppel-Anleitungen. Dort schreibt Lieb, dass Stücke dieser Kunst auch über 100 Jahren später "an ihrer Schönheit und Festigkeit nichts eingebüßt haben". Und sie seien in ihrem Wert enorm gestiegen: "Weil es ja auch kaum jemand mehr gibt, der diese Kunst beherrscht."