Robert Bernhard bezweifelte in der Diskussionsrunde die Berechnungen zur behaupteten Rentabilität einer Zentralklinik. Foto: Stopper

In der Klinikdebatte gibt es Zweifel an der Objektivität des Kreistags. Doppelstruktur Balingen-Albstadt war Fehler.

Rangendingen - Die Klinikdoppelstruktur in Albstadt und Balingen vor zehn Jahren war eine fatale Fehlentscheidung, die das Vertrauen in die Kreispolitik zerstört habe. Diese Aussage eines Zuhörers erhielt am Donnerstag beim Informationsabend in Rangendingen viel Beifall.

Weitere Erkenntnis: Bisingen scheint als Zentralklinik-Standort keinesfalls aus dem Rennen. Als der Rangendinger Leopold Schwenk in der Diskussion betonte, dass Bisingen die geografische Mitte des Landkreises ist, antwortete Landrat Günther-Martin Pauli lediglich, dass der Kreistag hier "eine intelligente Lösung" finden werde. Dass diese zwischen Albstadt und Balingen liegen muss, sagte er nicht.

Ob der Kreistag zu einer "intelligenten Lösung" fähig sein wird, stellte ein Zuhörer aber in Frage. Einfach die Hechinger Klinik zu schließen, wie vor zehn Jahren beschlossen, sei ein "Komplott von Albstädtern und Balingern" gewesen, erklärte er. Nun habe niemand mehr das Vertrauen, dass es diesmal nicht so laufe.

Dass mit der Doppelstruktur Balingen-Albstadt damals eine Fehlentscheidung getroffen wurde, räumte auch Chefarzt Professor Michael Bitzer offen ein. Dafür erhielt er viel Beifall in der mit etwa 100 Zuhörern gefüllten Halle. Er warb allerdings als Mediziners eindringlich darum, diese Fehlentscheidung nun schnell zu korrigieren und ein Zentralklinikum anzustreben. Politik und Medizinerfachverbände machten eindeutig die Vorgabe, dass nur zentralisierte, intern optimal vernetzte Kliniken mit hohen Fallzahlen in ihren Spezialgebieten Überlebenschancen hätten. Derzeit sei es in bestimmten Fällen so, dass die kompetenten Spezialisten für manche Patienten auf die beiden Standorte Balingen und Albstadt verteilt seien. Teure Geräte müssten doppelt beschafft werden, Albstadt fehlt beispielsweise ein Kernspintomograph, um langfristig bestimmte Zertifizierungsvoraussetzungen zu erfüllen. Außerdem betonte er: Wichtig bei akuten Erkrankungen sei hauptsächlich, dass ein Notarzt schnell zur Stelle sei.

Zuvor hatten zwei Experten des mit dem Klinikgutachten beauftragten Büros "Teamplan" anhand zahlreicher Tabellen vorgerechnet, dass nur ein Zentralklinikum eine finanziell tragfähige Lösung darstellt. In die Albstädter Klinik müssten mindestens 38 Millionen Euro in eine dringende Sanierung investiert werden. Dann habe man dennoch eine medizinisch schlechte Lösung und langfristig hohe Defizite. Für die Klinik "auf der Grünen Wiese" – eine Aussage zum genauen Standort wurde nicht getroffen – sind zwar bis zum Jahr 2014 Investitionen in Höhe von 170 Millionen Euro fällig. Die hohe medizinische Qualität, die da zu erreichen sei, ermögliche jedoch Einnahmen und Patientenzahlen, die langfristig eine Kostendeckung ermöglichen. Balingen als einzige Klinik zu erhalten, sei wegen des beengten Geländes mitten in der Stadt keine dauerhafte Lösung.

Dann war die Diskussion eröffnet. Fünf Zuhörer meldeten sich. Robert Bernhard verwies darauf, dass seines Wissens in anderen Städten Zentralkliniken ebenfalls Defizite anhäufen, Leopold Schwenk bat den Landrat darum, die Klinikentscheidung im Kreistag zu verschieben. Es gebe noch viel Diskussionsbedarf. Er machte auch darauf aufmerksam, dass Bisingen im Zentrum des Zollernalbkreises liegt und deshalb ein guter Klinikstandort sein könnte. Heinz Kasik, Gründer der Albstädter Klinik-Bürgerinitiative, warb für dezentrale Klinik-Strukturen, und Klinik-Betriebsrat Peter Schieron leuchtete nicht ein, wie die Zeit bis zur geplanten Eröffnung einer Zentralklinik überbrückt werden kann. Viel Beifall erhielt ein jüngerer Zuhörer, der seine grundsätzliche Auffassung bekundete, dass Albstadt und Balingen im Kreistag "Komplotte" schmieden.