Im Bietenhauser Gewerbegebiet wurden rund 30 Quadratmeter Eternitplatten zum Teil mitsamt der Unterkonstruktion aus dem Gebälk gerissen. Foto: Beiter

Eternit-Platten werden aus Dach herausgerissen und fliegen 30 Meter durch die Luft. Großer Schaden.

Rangendingen-Bietenhausen - Was wie ein "Ufo" am Himmel aussah, entpuppte sich beim Landen als eine herausgerissene Eternit-Platte. Am Samstagnachmittag hat in Bietenhausen eine Windhose Teile eines Gewerbegebäudes abgedeckt.

Herrliche Sommertemperaturen und ein blauer Himmel voller lockerer und schneeweißer Cumulus-Wolken – doch die Augenzeugen aus der Friedhofstraße und der Brunnenstraße können an diesem Bilderbuch-Sommernachmittag schier ihren Augen nicht trauen: Gemütlich hatten sie auf ihren Terrassen oder im Schatten vor dem Haus gesessen, als plötzlich ein lautes "Scheppern" zu hören ist. "Als ich aufstand und nachschauen wollte, flog da am Himmel über der Firma Rieker eine große Eternit-Platte", erzählt Carmen Kessler. Sie wohnt genau gegenüber des leerstehenden Fabrikgebäudes.

Fliegende Platte sorgt für mulmiges Gefühl

Ihrer Nachbarin war indes ein Kirschbaum aufgefallen, der sich wie wild hin und her wiegte, obwohl in ihrem eigenen Garten alles windstill war. Als sie ebenfalls die Platte durch die Luft segeln sah, habe sie zuerst an ein "Ufo" gedacht – was sie ihrem Mann mitteilte. Der habe sie ganz entgeistert angesehen, sagt sie. Als dann allerdings die Platte auf der gegenüberliegenden Terrasse von Nachbar Manfred Ulmer landete und zerschellte, war niemandem mehr zum Lachen oder Ulken zumute.

Der ganze Spuk dauerte zwar nur ein paar Sekunden, doch der Krach, den die ausbrechenden Platten verursachten, war so laut, dass innerhalb kürzester Zeit viele Anwohner der Friedhofstraße zusammenliefen, erzählt Carmen Kleinmann. Schlusspunkt des Phänomens war dann wie bei einem Feuerwerk ein "richtig lauter Knall", sagt deren Mutter Erika Eggenweiler. Damit war der Spuk zu Ende. Und alles war wieder so, als wäre nichts gewesen.

60 Qudratmeter Dachfläche beschädigt

Doch die Spuren des geisterhaften Ereignisses sind unübersehbar. Die "Windhose", wie die Anwohner das Phänomen beschreiben, hat aus der linken inneren Dachseite der beiden aneinanderstoßenden Satteldächer der ehemaligen Näherei rund 30 Quadratmeter Eternitplatten zum Teil mitsamt der Unterkonstruktion aus dem Gebälk gerissen, beschreibt Zimmermeister Jürgen Leins die Situation. Insgesamt seien 30 Platten beschädigt – rund 60 Quadratmeter Dachfläche. Sein Zimmerergeschäft steht direkt neben dem leerstehenden Gebäude der Firma Rieker. Mithilfe des Firmenkrans und weiteren Mitarbeitern macht er sich sofort an die Arbeit, das leckgeschlagene Dach mit einem Notdach zu flicken.

Teile der herausgerissenen Platten waren auf dem Dach verstreut und liegen im hinteren Hof des Betriebsgebäudes. Den weitesten Weg segelten Plattenteile bis auf die Terrasse von Manfred Ulmer – rund 30 Meter von der Ausrissstelle entfernt.

Davongeweht wie Marry Poppins

Es sei ein glücklicher Umstand, dass sich dort zu diesem Zeitpunkt niemand aufgehalten habe, stellt Ortsvorsteher Josef Pfister fest, der ebenfalls an den Ort des Geschehens geeilt war. Wie er berichtete, wurde auch in der Neue Straße ein Sonnenschirm von der Windhose aufgewirbelt und davongeweht.

Alle Begriffe beschreiben dasselbe Wetterphänomen. Tornados entstehen aus einer Gewitterwolke heraus, Staubteufel werden sie genannt, wenn sie bei schönem Wetter oder sozusagen "aus heiterem Himmel" auftreten.

Wie entsteht eine WIndhose?

Die Entstehung ist stets ähnlich. Eine Windhose entsteht, wenn sich feuchtwarme Luft am Boden und kalte trockene Luft in der Höhe treffen und diese verschiedene Windrichtungen haben. Die warmen Luftmassen streben nach oben. Haben Oben und Unten dann verschiedene Windrichtungen, beginnt die Luft zu rotieren und erzeugt einen Wirbel, infolgedessen die Drehachse von der Horizontalen in die Vertikale wechselt. Unter den entsprechenden Bedingungen können sich Tornados oder Staubteufel an jedem Ort und während des ganzen Jahres bilden.

In seiner Entstehungsphase sind Tornados fast unsichtbar. Sichtbar werden sie erst durch aufgewirbelten Staub oder mitgerissene Gegenstände. In Deutschland wird von jährlich mehreren Dutzend Tornados ausgegangen, wobei eine größere Dunkelziffer bei kleineren Ereignissen vermutet wird. Die Dauer eines Tornados schwankt zwischen wenigen Sekunden und mehreren Stunden. Die Schäden können, je nach Stärke des Wirbelsturms, sehr vielfältig und beträchtlich sein.