Die beiden Alpaka-Zwillinge Harriet und Harper sind schon mächtig gewachsen.Foto: Günzel Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Auf Wanderschaft mit Alpakas / Was macht diese Tiere so besonders? / Farmerin Andrea Rohrer erklärt

Sie haben lange Hälse, große Knopfaugen und stets ein Lächeln im Gesicht: Alpakas begeistern uns Menschen. Was sie so besonders macht und warum sich ein Ehepaar eine ganze Alpaka-Farm in den Garten geholt hat, erzählt Andrea Rohrer vom AURA-Hof in Rangendingen

Rangendingen. Sky guckt skeptisch, als Andrea Rohrer die Leine, die an seinem Halfter hängt, einer ihm völlig fremden Person übergibt. Er tritt zurück, mustert sein Gegenüber, sieht verlegen zur Seite. Die Leine ist gespannt. "Das ist ganz normal", erklärt Rohrer, während sie den anderen Wanderern ebenfalls Alpakas an der Leine übergibt. "Lassen Sie ihn einfach in Ruhe", sagt sie. Auf das Alpaka zugehen oder es womöglich streicheln solle man dagegen keinesfalls. "Sie würden das bei einer wildfremden Person doch auch nicht wollen, oder?"

Schon nach diesen wenigen Sätzen wird klar: Andrea Rohrer kennt sich mit den Tieren bestens aus. Vor sechs Jahren habe sie und ihren Mann Uli das Alpaka-Fieber gepackt. "Wir haben einen Spaziergang gemacht und sind auf eine Weide gekommen. Dort standen vier Alpakas", erinnert sie sich und lächelt. Auch wenn es sich kitschig anhöre: Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen, beschreibt sie mit leuchtenden Augen. Danach hätten sie sich über das Thema der Alpaka-Haltung erkundigt, eingelesen und Schulungen besucht, um sich den Traum von der eigenen Alpaka-Farm verwirklichen zu können.

Sechs Jahre später bietet die Familie verschiedene Alpaka-Wanderungen an. Die Größe der Wandergruppen könne dabei ganz individuell angepasst werden. An diesem Tag begleitet Rohrer drei Wanderer, die jeweils ein Alpaka führen. Die anderen Pärchen trotten bereits los, als Alpaka-Männchen Sky noch misstrauisch stehen bleibt und keinerlei Anstalten macht, an der Wanderung teilzunehmen. Dabei müsste er fremde Menschen doch gewöhnt sein?

Alpakas begegnet man auf Augenhöhe

"Das liegt auch nicht an ihm. Er macht Sie nach", erklärt Andrea Rohrer. Alpakas passen sich in ihrem Verhalten dem Menschen an, der sie führt, erzählt sie weiter. "Wenn man selbst angespannt ist, ist es das Tier auch. Atmen Sie tief durch, halten sie die Leine locker und laufen sie ganz gemütlich los. Dann kommt er auch." Gesagt, getan. Und tatsächlich läuft auch Sky plötzlich weiter – auch wenn die Leine weiterhin maximal gespannt ist.

Alpakas begegne man auf Augenhöhe: Zwischen den Menschen und den Tieren entwickle sich mit der Zeit eine Beziehung, manchmal sogar Vertrauen, erklärt die Alpaka-Farmerin. Lasse man das Alpaka erst mal in Ruhe und laufe entspannt mit der Leine voraus, merke das Tier rasch, dass alles in Ordnung ist und irgendwann komme es dann auch näher.

Für therapeutische Zwecke bestens geeignet

Nach etwa zehn Minuten Wanderung ist auch Skys Leine nicht mehr gespannt. Nach zwanzig Minuten kann man seinen Atem auf der Haut spüren. Sky fasst langsam Vertrauen. "Eigentlich braucht man die Leine gar nicht, um das Tier zu führen", erklärt Rohrer. "Man führt ein Alpaka nicht wie einen Hund und gibt Kommandos. Eigentlich führt man sie mit dem eigenen Körper, weil es dann dasselbe tut."

Auf dem Weg erzählt die Alpaka-Expertin auch aus ihrem Alltag: Die psychologische Beraterin berichtet, dass Alpakas für belastete Menschen und Kinder wunderbare Begleiter seien, weil man sich bei der Wanderung mit ihnen total entspannen könne. Auch in der tiergestützten Pädagogik arbeite man gerne mit Alpakas. Und auch im Führungskräfte-Coachings würden die Tiere den Menschen wertvolle Lektionen im Umgang mit Mitarbeitern lehren, gerade weil sie deren Verhalten widerspiegeln und man sich so selbst kennenlernen könne.

Sky ist mittlerweile richtig warm geworden - sogar fast schon aufmüpfig. Immer wieder versucht er, Blätter von Bäumen oder Gras zu fressen, obwohl er weiß, dass er das nicht darf. "Sehen Sie: Er vertraut ihnen so weit, dass er es sich sogar schon, traut Quatsch zu machen", sagt Rohrer und lacht.

Sky kommt in der Tat immer näher. Sein Kopf streicht manchmal sogar am Arm. An manchen Stellen versucht er voran zu traben, dabei strahlt er Freude und gute Laune aus. Es fühlt sich schon fast wie ein Erfolgserlebnis an, das Vertrauen des Tieres gewonnen zu haben. Bei der Wanderung wird mir klar, dass die Tiere viele bemerkenswerte Eigenschaften haben, die sie besonders machen und weshalb die Menschen so von ihnen fasziniert sind.

Am Ende dürfen alle Teilnehmer die Alpakas noch in die Transportbox begleiten und die Leine abnehmen. "Wenn Sie wollen, dürfen Sie noch versuchen die Tiere zu streicheln", sagt Rohrer. Sky hat nichts dagegen.

Weitere Informationen: Siehe auch: Alpaka-Zwillinge zur Welt gekommen