Julia Hönke hat vor einem Jahr ihr Knochenmark gespendet. Sie möchte anderen Menschen Mut machen, sich an der Typisierungs-Aktion für ihre Kollegin Angela Wehrmann zu beteiligen. Foto: Beiter Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Julia Honke erzählt, wie und warum sie Stammzellenspenderin wurde

Rangendingen. Die 32-jährige Angela Wehrmann, zweifache Mutter aus Rangendingen, hat Blutkrebs. Eine Stammzellenspende ist ihre einzige Überlebenschance, weswegen von einer Initiativ-Gruppe unter Federführung des Sportvereins Rangendingen, bei dem die Erkrankte als Übungsleiterin tätig war, zusammen mit der DKMS fieberhaft nach einem "genetischen Zwilling" gesucht wird.

Dazu findet am Sonntag, 29. April, von 11 bis 16 Uhr in der Rangendinger Festhalle eine Registrierungsaktion unter dem Motto "Gemeinsam für Angi und andere" für Menschen in der Region durch die DKMS statt.

An der Typisierungsaktion kann im Prinzip jeder teilnehmen, der gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist. Doch obwohl die Registrierung unkompliziert und schnell geht – nach dem Ausfüllen einer Einverständniserklärung wird beim Spender ein Wangenschleimhautabstrich mittels Wattestäbchen durchgeführt – haben viele Menschen noch immer Hemmungen, daran teilzunehmen. Der Schwarzwälder Bote sprach mit Julia Hönke. Sie ist Kollegin von Angela Wehrmann an der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen und hat bereits erfolgreich ihre Stammzellen zur Verfügung gestellt.

Kennen Sie den Patienten, für den Sie Ihre Stammzellen gespendet haben?

Zunächst einmal bleiben Spender und Empfänger anonym. Wenn es beide möchten, können sie sich nach zwei Jahren kennenlernen. Über die DKMS erhält man als Spender jedoch bereits nach den ersten Wochen nach der Spende einige allgemeine Hinweise. Man erfährt zum Beispiel in welches Land die Spende ging, wie alt der Empfänger ist und ob dieser die Spende gut aufgenommen hat. In meinem Fall kann ich das zum Glück bejahen. Mein Stammzell-Empfänger ist 19 Jahre alt und lebt in den USA.

Wieso haben Sie sich damals typisieren lassen und wie haben Sie erfahren, dass Sie als Stammzellen-Spender gebraucht werden?

Ich habe einige Schicksale von jungen Menschen und Kindern mitbekommen, die dringend auf Spender angewiesen waren. Deshalb habe ich mich sehr intensiv damit auseinandergesetzt, ob ich selbst spenden soll oder nicht. Daraufhin habe ich mich dazu entschlossen, meine Stammzellen gegebenenfalls zur Verfügung zu stellen. Schon ein Jahr nach meiner Typisierung meldete sich die DKMS bei mir und bat mich, zur Voruntersuchung zu kommen. Jetzt wurde mir klar, dass ich mit hoher Wahrscheinlichkeit als Spender in Frage komme.

Haben Sie es jemals bereut, sich typisieren zu lassen und wie haben Sie ihre Knochenmarksspende erlebt?

Ich hatte mich eingehend informiert und deshalb habe ich meine Entscheidung ganz bewusst getroffen. Mir war damals klar, dass ich spenden werde, wenn ein entsprechender Aufruf käme. Klar ist, dass der Spendenaufruf immer überraschend kommt. Und meistens hat man auch immer Gründe, warum es gerade unpassend ist. Aber hier hilft ein Abgleich der Wichtigkeiten enorm weiter. Insbesondere, wenn ein Menschenleben auf dem Spiel steht. Bei mir kam dann die Entnahme aus dem Beckenkammknochen in Frage. Die Operation lief in einem hochprofessionellen Umfeld ab. Ich wurde bestens versorgt und umsorgt und habe den Eingriff gut überstanden. Den von der DKMS vorhergesagten möglichen Prel lungsschmerz kann ich bestätigen – mehr war es tatsächlich nicht. Einen Tag nach dem Eingriff konnte ich schon wieder nach Hause fahren.

Hatten Sie auch ein wenig Bammel vor der Spende?

Natürlich ist man angespannt und auch aufgeregt, wenn die Maßnahme einem unmittelbar bevorsteht – da hilft auch alle Theorie nichts. Hier hat mir besonders eine verlässliche Begleitperson geholfen, die mir bis zur Tür des OP-Saals zur Seite stand.

Was würden Sie anderen Menschen raten, die noch zweifeln, ob sie eine Typisierung vornehmen lassen sollen?

Machen Sie einen Perspektivwechsel. Sehen Sie die Krankheit nicht als das Schicksal anderer. Es kann auch sehr plötzlich das eigene Familienumfeld oder einen selbst betreffen. Und dann stellt sich die Frage: "Warum gibt es niemanden, der mir helfen will?".

Was würden Sie sich für den Sonntag und für Ihre Kollegin Angi Wehrmann wünschen?

An der Uni Tübingen hatte ich den Wahlspruch "Attempto" gelesen und es daraufhin gewagt. Für meine Kollegin Angi wünsche ich mir, dass es noch viele gibt, die diesen Schritt gehen, natürlich auch am Sonntag. Also etwas Mut. Sie haben nichts zu verlieren, nur etwas von Ihrem Knochenmarkblut. Und auch das bildet sich nach. Dafür können sie viel gewinnen: die Gewissheit, dass sie für einen Menschen in einer ausweglosen Situation die letzte Hoffnung sein können.   Die Fragen stellte

Roland Beiter