Der Heimatverein Rangendingen besuchte die Stadt Mössingen im Steinlachtal und wurde von Hermann Berner auf dem Mössinger Stadtrundgang durch die historischen Straßen geführt. Fotos: Beiter Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Rangendinger Heimatkundler auf Exkursion / Hermann Berner berichtet über viele überraschende Fakten

Mössingen ist längst kein Grenzort mehr zu Zollern. Doch die unsichtbare Grenzlinie zwischen den beiden einstigen Fürstentümern wirkte lange nach. Doch Winterwanderer des Heimatvereins erfuhren bei einer Führung noch weit mehr über die heutige große Kreisstadt.

Rangendingen/Mössingen. Hermann Berner war über 30 Jahre lang Leiter der Mössinger Museen und kennt sich wie kaum ein anderer mit der Geschichte der Stadt aus. Vor allem aber waren es die Menschen, von denen heute viele schon lange nicht mehr leben und trotzdem Mössinger Geschichten schrieben, denen das Interesse des mittlerweile pensionierten Soziologie- und Kulturwissenschaftlers galten.

Berner ist auch der beschilderte und informative "Mössinger Stadtrundgang" zu verdanken, entlang dem er mit seinen Rangendinger Gästen "a bissle durch die Stadt wanderte". Gleich am Startpunkt, bei dem aus dem 15. Jahrhundert stammenden Wehrturm, staunten die Rangendinger nicht schlecht: Mössingen sei früher Zollerisch gewesen, erzählte Berner, und sei erst zu Zeiten des Oettinger an die Württemberger verkauft worden.

Zwar hatte auch Mössingen als evangelische Enklave im katholischen Oberamt Rottenburg eine Burg besessen, doch hätten dort höchstens höhere Verwaltungsbeamte, aber nie wirkliche Fürsten gewohnt. Herrschaftliche Strukturen sind deshalb in Mössingen eher kaum zu finden.

Vielmehr sei der Ort schon immer ein etwas größeres Straßendorf gewesen, so Berner, das aufgrund seiner Größe zwar einige Besonderheiten aufweise, aber erst 1974 zur Stadt erhoben wurde. Prägend war für viele Mössinger große Armut, bedingt auch durch die Realteilung. Doch dieser Armut verdanke der Ort gleichwohl einige seiner Besonderheiten. Zum Beispiel sei eine die hohe Auswanderungsrate nach Amerika, welche zur Folge habe, dass "fast jeder alte Mössinger Verwandte auf der anderen Seite des Atlantiks hat".

Eine Verbesserung für die ärmliche Situation der Bewohner brachte die Eisenbahn, mit welcher die Menschen zur Arbeit nach Tübingen und Reutlingen, aber auch ins Ausland nach Hechingen und Balingen fuhren. Geradezu charakteristisch aber war die Fähigkeit der Mössinger, sich in Nischenproduktionen ihr Leben zu verdingen, so beispielsweise im Rechenmachen – ein Handwerk, das in Mössingen einst blühte und dem heute im historisch eingerichteten Rechenmacherhaus ein Denkmal gesetzt sei.

Selbiges konnte er von der alten Messerschmiede berichten. Große Bedeutung hatte auch die Branntweinherstellung im Ort. Um 1800 habe es in Mössingen bei 450 Gebäuden sage und schreibe 300 Brennereien gegeben – was die höchste Dichte der Schnapsbrenner in Deutschland bedeutete.

"Die Bauern sind auf die Alb hoch und haben ihren Schnaps verkauft – denn dort gab es ja damals nichts." Der Weg und die Geschichten der Mössinger Menschen, die Berner mit unzähligen lustigen und auch traurigen Anekdoten zu spicken wusste, führten weiter zum alten E-Werk, zur alten Pausa und zur Langgass-Turnhalle, von wo aus sich der Mössinger Generalstreik in Bewegung gesetzt hatte.

Mössingen und die Kommunisten – eine eigene Geschichte ohne hohe ideologische Verblendung, die, wie Berner erzählte, tief in Mössingen verankert war. "Wer nicht in der Kirche aktiv war, der war halt bei den Kommunisten", schloss Berner seinen Rundgang ab, von dem die Rangendinger Heimatkundler nach einem genüsslichen Mittagessen im Ochsen sicher mit einem ganz anderen Bild über die Steinlach-Stadt nach Hause fuhren.