Schulleiterin Marie-Louise Funk (links) und die beiden Vorstände Wilhelm Hailfinger (rechts) und André Guzzardo verabschiedeten Karlheinz Harrer – rechts neben seiner Ehefrau Birgit - nach 41 Jahren als Lehrer am Diasporahaus. Foto: Schwarzwälder Bote

Schule: Karlheinz Harrer hört nach 41 Jahren als Lehrer am Diasporahaus Bietenhausen auf / Verdienste werden gewürdigt

Von Roland Beiter

Seine Markenzeichen waren und sind es bis heute geblieben: Vollbart und Pfeife. Nach 41 Jahren als Lehrer am Diasporahaus ging am Freitag Karlheinz Harrer in den Ruhestand. Fast – denn mit dem Schachunterricht will der 68-Jährige dort noch nicht aufhören.

Rangendingen-Bietenhausen. Hunderte davon hat Karlheinz Harrer schon an seine Schüler verteilt. Am Freitag bekam der Sportlehrer zu seinem Ausstand aus dem Schuldienst des Diasporahauses Bietenhausen vom Vorstandsvorsitzenden André Guzzardo seine eigene Medaille umgehängt. "Dank und Anerkennung" steht darauf – im Namen der Einrichtung, wie Guzzardo ergänzte.

Es sei kein freudiger Anlass, zu dem man sich in der Sporthalle der Einrichtung treffe, sagte der Vorsitzende, denn einen Lehrer und Menschen wie Karlheinz Harrer lasse man nicht gerne gehen. Mit dem Sport- und Schachlehrer, als den sich Harrer nie bezeichnen lassen wollte, verlasse eine "Legende" die Diasporahaus-Schule, so Harrers Chef. Seit 1979 beim Diasporahaus angestellt, sei dieser ein "DHB-Saurier", nannte ihn fast liebevoll Schulleiterin Marie-Louise Funk.

Guzzardo bezeichnete Karlheinz Harrer als Vorbild als Pädagoge für die Kinder und das Kollegium, respektvoll und akzeptiert von anderen und im Umgang mit ihnen. Drei weitere Schuljahre habe "der Lehrer mit dem größten Klassenzimmer" an seine "ruhestandsfähigen" Jahre drangehängt und weiter mit "Herzblut, höchstem Engagement und einem enormen Zeit- und Energieaufwand in den Bereichen Sport und Schach mit schwierigen Kindern an unser Schule gearbeitet", stellte die Schulleiterin fest.

Wichtig war ihm der olympische Gedanke

Als Pädagoge sei er ein Lehrmeister gewesen für den Bereich "auch verlieren will gelernt sein" oder "bescheiden im Sieg, fair in der Niederlage". Dieser olympische Gedanke sei Harrer wichtig gewesen. "Durch dich wurde er nach Bietenhausen getragen" – ein Dienst mit unschätzbarer Wichtigkeit für Kinder mit Förderbedarf der emotionalen und sozialen Entwicklung, wie Funk betonte.

Über das Schachspiel habe Harrer als Lehrer Zugang zu den Kindern bekommen und ihnen über das königliche Spiel das Leben erklärt – und dem Diasporahaus zum Titel "beste Förderschule Deutschlands" verholfen. "Deine menschlichen Qualitäten werden wir alle vermissen", sagte Funk. Als ein Meister der Motivation habe Harrer immer eine charismatische Wirkung auf andere gehabt und es damit geschafft zu vermitteln, "dass wir am Ende alle Gewinner sind."

Dass Karlheinz Harrer sich zusammen mit seiner Frau Birgit in Bietenhausen ein Haus gebaut und hier somit ständig präsent war, bezeichnete der frühere Wohngruppenleiter in der Rosenstraße, Georg Kolb, als dessen "Geheimnis für die Kinder". Als habe Harrer seine Schüler "zum Kräftemessen auf gutem Niveau" motiviert. Es grenze an ein Wunder, dass er Schüler mit Förderbedarf zum Schachspielen motivieren konnte, hob Kolb heraus. "Wer das kann, ist ein guter Pädagoge."

Ein weiterer Verdienst Harrers sei gewesen, dass er über Schach- und Fußballturniere den Schülern Kontakte nach außen ermöglichte, sagte der ehemalige Schulleiter Horst Rein. So zum Beispiel beim Evangelischen Kirchentag mit einem Schachgroßmeister oder auch mit dem Landesbischof. "Du hast damit auch Ehre für das Diasporahaus geschaffen."

In Aichtal aufgewachsen absolvierte Karlheinz Harrer sein Studium zum Sportlehrer in Berlin. 1979 kam er ans Diasporahaus. Sechs Jahre später zog Harrer nach Bietenhausen, wo er in seiner Familie über viele Jahre hinweg für schwer erziehbare und zum Teil sexuell missbrauchte Kinder eine Notunterkunft anbot, wie er erzählte. Dies seien auch für ihn teilweise keine leichten Erlebnisse gewesen, weswegen er feststellte: "In unserem Berufszweig musst du verdrängen können, sonst musst du verzweifeln."

Schach-AG wird Oberschulamtsmeister

Als er 1982 ankündigte, an der Schule mit dem Schachspielen zu beginnen, habe dies bei seinen Kollegen Gelächter ausgelöst. Doch der damalige Direktor Erich Niethammer habe an ihn geglaubt und gesagt: "Harrer, probier‘ es!" Mittlerweile lacht niemand mehr, denn die Bietenhausener Schach-AG hat es zum Oberschulamtsmeister und zum Drittplatzierten bei den Württembergischen Schulschachmeisterschaften gebracht, wie der Lehrer aus seiner Schulzeit berichtete.

Auch Harrers drei Kinder hatten jeweils kurze Stationen im Diasporahaus. Die Tochter als Referendarin an der Schule, die Söhne Bastian und Daniel als Zivi und Mitspieler im Schachteam und bei den Hallenfußballturnieren. "Ich bin dankbar dafür, dass ich 41 Jahre an einer tollen Jugendhilfeeinrichtung arbeiten und unterrichten durfte. Dafür sage ich euch allen Danke."