Fühlt sich seit ein paar Wochen wieder gut: Angela Wehrmann, die 2018 eine Stammzelltransplantation bekam. Foto: Witte Foto: Schwarzwälder Bote

Portrait: Angela Wehrmann aus Rangendingen geht es nach der Stammzelltransplantation wieder besser

Sie hatte Glück im Unglück: Angela Wehrmann, die an Leukämie erkrankt war, erhielt eine Stammzelltransfusion. Seit ein paar Wochen geht es der Rangendingerin wieder besser – wir haben die Mutter zweier Kinder besucht.

Rangendingen. "Schuhe kannst du ruhig anlassen, ich wische sowieso später durch", sagt Angela Wehrmann, als sie die Haustür öffnet. Schließlich spielt Hygiene im Leben der 34-Jährigen momentan eine wichtige Rolle. Ihr Immunsystem ist noch geschwächt von der Stammzelltransplantation im Juli 2018, gerade mit ihren zwei und fünf Jahre alten Söhnen ist die Gefahr groß, sich anzustecken. Einen Husten schleppt die junge Frau seit geraumer Zeit mit sich herum, aber sie sagt: "Mir geht es gut". Nach allem, was Wehrmann die letzten Jahre erlebt hat, ist Wehrmann dankbar für alles, was sie wieder machen kann: "Ich lebe nun viel bewusster und schätze alles viel mehr", sagt die 34-Jährige. Sie scheint zufrieden mit ihrem jetzigen Leben, in einem schönen kleinen Haus mit ihren zwei Söhnen und ja, auch mit Rangendingen – auch wenn sich nicht ausnahmslos alle Mitglieder der Gemeinde verständnisvoll zeigen.

"Manche verstehen nicht, wie ich nach allem, was passiert ist, nun getrennt leben kann", sagt Wehrmann, die seit einigen Monaten alleine mit ihren zwei Söhnen das Haus bewohnt. Es habe einfach nicht gepasst und sie wollte nicht mehr in einer Partnerschaft leben, in der etwas fehlte: "Es geht mir seitdem aber besser", sagt die Sportlehrerin. Klar sei es schwierig, mit zwei Kindern alleinerziehend zu sein. Ihr Vater unterstützt sie aber, wo er kann. Und auch ihr früherer Partner sieht die Kinder wöchentlich.

Auch mit ihrer Erkrankung ging Wehrmann sehr offen um – auf ihrem Instagram-Account ("Angis Kampf") ließ sie viele Menschen an ihrem Schicksal teilhaben. "Viele Betroffene melden sich bei mir und sagen, dass ich ihnen Mut mache mit meinen Bildern". Heute sieht Wehrmann wieder fast genauso aus wie vor der Erkrankung: ihre blonden, quirligen Haare sind wieder gewachsen und sie wirkt auf den ersten Blick fitter als so mancher, der keine Stammzelltransplantation hinter sich hat.

Offener Umgang mit der Krankheit birgt Risiken

Vor kurzem lief über sie in der SWR-Landesschau eine Reportage anlässlich des Weltkrebstages. "Für mich ist das wertvoll, wenn ich das Gefühl habe, andere zu erreichen", sagt Wehrmann. Es könne jeden treffen und ihr sei wichtig, den Menschen zu zeigen, wie wertvoll die eigene Gesundheit sei – wichtiger als materielle Dinge. Menschen, die selbst von der Krankheit betroffen sind, will sie Mut machen.

Doch so offen Wehrmann auch mit ihrem Leben umgeht – natürlich ist nicht alles auf den Online-Kanälen zu sehen. Es genügt nicht, ein Instagram-Follower zu sein, um zu wissen, was sie durchgemacht hat und wie es ihr heute geht. "Teilweise habe ich mir gewünscht, einfach nicht wieder aufzuwachen – eine Chemotherapie fühlt sich etwa genauso an wie eine echte Grippe – nur zehnmal so stark", sagt Wehrmann und erinnert sich an eine Chemo, bei der sie fast gestorben wäre: "Ich hatte innerhalb von drei Tagen 20 Kilo zugenommen und bekam Morphium, da sich Wasser eingelagert und auf meine Organe gedrückt hatte".

Der offene Umgang mit der Krankheit birgt auch Risiken: "Es gibt Menschen, die sich ein Urteil über etwas bilden, über das sie wenig wissen", sagt Wehrmann. Eine Person aus der Gemeinde werfe ihr gar vor, sie wolle mit ihrer Offenheit nur die Aufmerksamkeit anderer gewinnen. "Das verletzt mich", gesteht die 34-Jährige. Solchen Menschen scheint nicht klar zu sein, dass die Rangendingerin noch immer hart um ihre Gesundheit kämpfen muss: Einmal pro Monat muss sie Immunglobuline nehmen – und darauf hoffen, dass ihr Immunsystem irgendwann wieder so arbeiten wird wie früher. Auch ihr Impfschutz ist durch die Transplantation erloschen – neue Impfungen können aktuell bei ihr noch nicht durchgeführt werden. "Wer keine Impfungen hat, ist für immungeschwächte Menschen sehr gefährlich", erklärt Wehrmann, die im Moment pensioniert ist – ob und wann sie wieder als Sportlehrerin arbeiten kann, ist im Moment nicht absehbar.

Langweilig wird es ihr mit ihren zwei Söhnen aber trotzdem nicht – und die wünschen sich nichts mehr, als dass ihre Mutter bald wieder alles machen kann, was sie vor der Diagnose auch getan hat. Eine Beziehung würde sie sich auch wieder wünschen – "mein Glück ist aber nicht davon abhängig", sagt sie selbstbewusst. Ihre 23-jährige Spenderin darf sie im Juli kennenlernen – dann sind bereits zwei Jahre seit der Stammzelltransplantation vergangen. Nach fünf Jahren soll das Risiko, erneut an Krebs zu erkranken, genauso hoch sein wie bei gesunden Menschen.