"Das Geschäft hat wieder angezogen, ich bin deutlich stärker eingespannt als noch im Frühjahr", erklärt Ralph Herschlein, warum er weniger Zeit für den Bundestagswahlkampf aufwenden kann als für den Landtagswahlkampf. Auch das Gespräch mit der LZ musste per Telefon geführt werden. Deshalb gibt es an dieser Stelle auch kein aktuelles Bild des Basis-Kandidaten. Foto: Archivfoto: Bender

Ralph Herschlein von der "Basis" sieht Verfehlungen in der Corona-Politik / Menschen stärker einbinden

Lahr - Ralph Herschlein kandidiert dieses Jahr  zum zweiten Mal – nach der Landtagswahl im März kämpft er nun um ein Mandat in Berlin. Seine Partei "Die Basis" ist aus einer Corona-Protest-Bewegung heraus entstanden. Das merkt man.

Viel Zeit für Wahlkampf hat Ralph Herschlein nicht: "Das Geschäft hat wieder angezogen, ich bin deutlich stärker eingespannt als noch im Frühjahr." Deshalb schafft es der Betriebswirt aus Berghaupten als einziger der zwölf Bundestagskandidaten des Wahlkreises Emmendingen-Lahr nicht, persönlich in die Redaktion zu kommen. Das Gespräch für sein Porträt wird übers Telefon geführt, auf ein LZ-Kandidatenvideo verzichtet der 50-Jährige "schweren Herzens" ganz.

Herschlein macht keinen Hehl daraus, dass er kein Polit-Profi ist. Im Gegenteil, er sieht es als Chance und verknüpft das Credo seiner Partei damit: "Die Politiker wissen nach vielen Jahren im Parlament nicht mehr, was die Menschen wollen und brauchen. Das wird in jüngster Zeit immer offensichtlicher." Frisches Blut täte da gut. Schon im Landtagswahlkampf hatte Herschlein angekündigt, im Falle seiner Wahl maximal zwei Legislaturperioden zu bleiben.

Die Basisdemokratische Partei Deutschland, kurz: die Basis, wurde 2020 im Umfeld der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen gegründet. Herschlein sagt, mit den sogenannten Querdenkern "nichts am Hut" zu haben, seine Ansichten und Argumente lassen jedoch anderes vermuten. So sieht der gebürtige Göppinger Deutschland aktuell "auf eine indirekte Impflicht zusteuern". Ihm fehle "jedes Verständnis dafür, dass Gesunde beweisen müssten, dass sie gesund sind", sagt Herschlein. Es müsse jedem selbst überlassen sein, "ob er die Gefahr einer Erkrankung auf sich nimmt oder sich impfen lässt – und zwar ohne Repressalien".
Konkrete Antworten auf die Frage nach der Solidarität mit jenen, die sich (noch) nicht impfen lassen können, und ob er in der Folge keine Angst vor überfüllten Intensivstationen habe, bleibt der Basis-Mann schuldig. Stattdessen stellt er die Behauptung auf, dass ausländische Studien belegten, dass die Deltavariante für Geimpfte riskanter sei als für Ungeimpfte. Eine Quelle nennt er dafür nicht.

Ziele am Beispiel Lahr erläutert

Herschlein betont, dass er die Existenz des Coronavirus’ nicht infrage stelle, er aber "aufgrund der aktuellen Datenlage keine Pandemie" sehe. Gegen Masken und Abstand habe er nichts einzuwenden. Dass jüngst bei einer Demo seiner Partei in Berlin mit rund 2.000 Teilnehmern der Großteil genau darauf verzichtete, leugnet er indes nicht: "Das war wohl so."
Schafft es Herschlein nach Berlin, will er sich vor allem für mehr Bürgerbeteiligung einsetzen: "Die Menschen müssen wieder viel stärker in die Politik eingebunden und die Politik stärker aus der Gesellschaft heraus gestaltet werden. Dieses Ziel gibt ja schon der Name unserer Partei vor."

Die Basis setzt nach eigenen Angaben auf vier Säulen: Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz.
Inhaltlich liegt der Fokus des 50-Jährigen auf Regionalität, in unterschiedlichen Facetten. Als  Beispiel nennt er Lahr als größte Stadt seines Wahlkreises. "Der Landwirt aus Seelbach sollte seine Produkte direkt in Lahr vermarkten können. Das würde den hiesigen Markt mit seinen tollen hier wachsenden Produkte wie Obst, Gemüse und Wein stärken, nebenbei lange Wege sparen und so die Umwelt schonen."

Zudem sieht Herschlein in Lahr Potenzial, Leerstände zu schließen: "Es braucht Programme, um die Innenstadt wiederzubeleben und brach liegenden Wohnraum zu nutzen." So könnten weniger mobile Menschen direkt vor Ort leben und einkaufen. Als Anreize für Unternehmen, sich zentrumsnah anzusiedeln, schweben dem Kandidaten Vergünstigungen beim Bauen sowie bei den Themen Sanieren und  Energie vor. Die Kunden könnten durch günstiges beziehungsweise kostenloses Parken in die Innenstadt-Geschäfte gelockt werden.

Wichtig ist ihm der gegenseitige Respekt

Wichtig, das betont er mehrfach im Gespräch, ist Herschlein "der gegenseitige Respekt wichtig". Unterschiedliche Meinungen gelte es zu akzeptieren und auszuhalten. Denn: "Nur so sind in einer Demokratie Veränderungen möglich. Dazu braucht es Menschen, die alternative Lösungsvorschläge anhören und ernsthaft in Erwägung ziehen." Denn: "Einer allein weiß nicht alles."

Zur Person

Ralph Herschlein ist verheiratet, hat drei Stiefkinder und drei Stiefenkel. In Göppingen geboren, lebt der 50-Jährige seit nunmehr rund 25 Jahren in Berghaupten. "Ich fühle  mich sehr wohl in der Ortenau", sagt Herschlein. Die Region gelte es zu "erhalten und stärken". Der studierte Betriebswirt ist bei einem bayerischen Unternehmen tätig, das unter anderem Fallschutzböden für Spielplätze verkauft. Herschlein arbeitet im Vertrieb: "Momentan bin ich noch aus dem Homeoffice tätig, normalerweise reise ich viel – von Skandinavien bis Südafrika und von Russland bis Nord- und Südamerika."